Seltenes Pilz-Produkt reduziert Antibiotikaresistenz

 

erstellt am
15. 07. 16
11:00 MEZ

Wien (vetmeduni) - Mikroorganismen, darunter auch Pilze, stellen eine natürliche und ergiebige Quelle von antibiotischen Wirkstoffen dar. Einem Team der Vetmeduni Vienna und der Universität für Bodenkultur gelang es nun erstmals, die seltene Substanz cPM mit einer speziellen Methode aus einem filamentösen Pilz zu gewinnen. Diese bewirkt, dass resistente Krankheitserreger wieder auf Standardantibiotika reagieren. Insgesamt konnte das Team sechs Substanzen mit antibiotischer Wirkung nachweisen. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal "Frontiers in Microbiology" veröffentlicht.

Neben Speisepilzen wie Trüffel oder Morchel zählen zu den Ascomyceten auch viele Hefen, Schimmelpilze und andere filamentöse Pilze. Diese produzieren Stoffwechselprodukte, die als natürliche Antibiotika gegen Bakterien und andere Keime genutzt werden können. Penicillin, einer der ältesten antibiotischen Wirkstoffe, ist das wohl bekannteste Beispiel. Pilze gelten seitdem als aussichtsreiche biologische Quelle antibiotisch wirkender Stoffe. ForscherInnen vermuten unter diesen Stoffwechselprodukten auch ein Mittel gegen resistente Erreger.

Auf den Reiz kommt es an
Oftmals werden Substanzen wie Penicillin allerdings nur bei Bedarf und nicht dauerhaft abgesondert. „Die Pilze können sogar entsprechende Bereiche ihres Erbgutes stilllegen, sollte ein Stoffwechselprodukt nicht mehr benötigt werden. Diese Substanzen sind dann nicht mehr nachweisbar und werden als verborgen bezeichnet“, erklärt Christoph Zutz vom Institut für Milchhygiene der Vetmeduni Vienna.
Der richtige Auslöser kann die Produktion der antibiotischen Stoffe wieder anregen. Das Forschungsteam verwendete die Substanz Valproinsäure, die im Pilz das Einschalten solcher stillgelegter Gene aktivieren kann. In dem Pilz Doratomyces microsporus löste die Valproinsäure die Produktion gleich mehrerer antimikrobieller Stoffe aus.

Seltene Substanz erstmals in Pilz nachgewiesen
Die gewonnenen Stoffwechselprodukte wirkten sowohl gegen einen „normalen“ als auch resistente Staphylococcus-aureus-Erreger. Dem Team gelang es, die sechs aktivsten Substanzen aus der Gesamtheit der Stoffwechselprodukte herauszufiltern. Diese sechs Stoffe zählten zu den bislang verborgenen Substanzen. Ein Stoff namens cyclo-(Prolin-Methionin) oder cPM konnte sogar zum ersten Mal in einem Pilz nachgewiesen werden. Bislang war die einzige Quelle dieser Substanz ein Bakterium, welches in einem antarktischen Schwamm lebt.

Verstärkende Wirkung als Trumpf gegen Resistenz
Die bislang verborgene Substanz cPM hat eine besondere Funktion. Sie verstärkt den Effekt von anderen antimikrobiellen Stoffen. Das Team geht davon aus, dass gerade der verstärkende Effekt die große Wirkung der gefundenen Stoffe auf die getesteten Erreger ausmacht.
Das Forschungsteam ging deshalb einen Schritt weiter und testete die gewonnene Substanz cPM gemeinsam mit Ampicillin an zwei Ampicillin-resistenten Bakterien. Die Kombination zeigte Erfolg. „Die Resistenz wurde nachweislich verringert, und das sogar bei geringerer Dosis von Ampicillin als üblich“, so Koautorin Kathrin Rychli.

Neue Forschungsplattform sucht im großen Ganzen
Das Team will nun mit ähnlichen Methoden auch anderen Mikroorganismen antibiotische Substanzen entlocken. Die neue Forschungsplattform „Bioactive Microbial Metabolites“, kurz BiMM, in Tulln bietet dafür die Möglichkeit. BiMM steht für den Nachweis bioaktiver Substanzen, sogenannter Metaboliten, in Mikroorganismen. „Die Valproinsäure ist nicht der einzige Weg, um aktive Substanzen aus Pilzen oder anderen Mikroorganismen zu gewinnen. Man kann auch Bakterien und Pilze gemeinsam wachsen lassen. Damit erreicht man ebenfalls einen natürlichen Reiz“, führt der Leiter der Plattform, Joseph Strauss von der Universität für Bodenkultur Wien, an. Forschende der Vetmeduni Vienna und der Boku Wien haben dafür gemeinsam die neue Forschungseinrichtung gegründet.

Christoph Zutz sieht einen entscheidenden Vorteil in dieser interuniversitären Forschungsplattform. „Im Gegensatz zu industriellen Betrieben untersuchen wir alle aussichtsreichen Stoffwechselprodukte von Mikroorganismen und forschen nicht nur an einzelnen chemischen Verbindungen. So berücksichtigen wir bekannte und verborgene Substanzen in unseren Analysen.“

Über die Veterinärmedizinische Universität Wien
Die Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna) ist eine der führenden veterinärmedizinischen, akademischen Bildungs- und Forschungsstätten Europas. Ihr Hauptaugenmerk gilt den Forschungsbereichen Tiergesundheit, Lebensmittelsicherheit, Tierhaltung und Tierschutz sowie den biomedizinischen Grundlagen. Die Vetmeduni Vienna beschäftigt 1.300 MitarbeiterInnen und bildet zurzeit 2.300 Studierende aus. Der Campus in Wien Floridsdorf verfügt über fünf Universitätskliniken und zahlreiche Forschungseinrichtungen. Zwei Forschungsinstitute am Wiener Wilhelminenberg sowie ein Lehr- und Forschungsgut in Niederösterreich gehören ebenfalls zur Vetmeduni Vienna.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.vetmeduni.ac.at

 

 

 

 

 

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