112 Gesetze in 51 Sitzungen, 292 Stunden und 23 Minuten
Freitag, 8. Juli 16:18 Uhr. Die letzte Sitzung ist geschlossen, die Tagung des Nationalrats mit heute beendet.
Halbzeit in der laufenden XXV. Gesetzgebungsperiode. 51 Mal sind die Abgeordneten im abgelaufenen Parlamentsjahr
zusammengetreten, gedauert haben ihre Sitzungen insgesamt 292 Stunden und 23 Minuten. Zumindest ist das die Gesamtdauer
ihrer Plenarsitzungen, hinzu kommen 139 Ausschusssitzungen, 28 Unterausschusssitzungen und 53 Sitzungen des Hypo-U-Ausschusses,
die zwischen September 2015 und Juli 2016 außerdem im Hohen Haus stattgefunden haben. 112 Gesetze, davon
allein mehr als 20 im Juli-Plenum, hat das Parlament dabei beschlossen, 16 Staatsverträge genehmigt und 3
Bund-Länder-Vereinbarungen zugestimmt. 18,75% bzw. 21 der Gesetzesbeschlüsse fielen einstimmig aus. Damit
sinkt der Wert gegenüber den letzten Gesetzgebungsperioden auf einen Tiefpunkt.
Das sagen die Zahlen aus den Statistiken über die parlamentarische Arbeit der Tagung 2015/2016, geht es aber
um Themen, war eines das stets dominierende: das Ringen um innerstaatliche und europäische Antworten auf die
anhaltenden Flüchtlingsbewegungen.
Zentrales Thema Asyl
Noch vor seinem regulären Tagungsbeginn im September 2015 ist der Nationalrat zu einer außerordentlichen
Sitzung zusammengetreten. Der Anlass: Ein Durchgriffsrecht des Bundes gegenüber Ländern und Gemeinden
zur Unterbringung von schutzbedürftigen AsylwerberInnen, das vor dem Hintergrund der schwierigen Flüchtlingssituation
im Sommer letzten Jahres unter hoher zivilgesellschaftlicher und medialer Aufmerksamkeit nach längerem Tauziehen
mit 1. Oktober in Kraft getreten ist. Die zum Teil stark gegensätzlichen Antworten unter den Parlamentsfraktionen
auf die prekäre humanitäre Situation für viele Schutzsuchende in ganz Europa wurden zum ungeplanten
Auftakt des neuen Parlamentsjahres dabei einmal mehr sichtbar: Auf der einen Seite der Ruf nach legalen Fluchtwegen,
auf der anderen jener nach Grenzkontrollen in Österreich. Eine Mehrheit im Parlament sprach sich noch am selben
Tag für eine aktive Politik seitens der Regierung aus, für verpflichtende europäische Asylquoten,
sichere Einreisemöglichkeiten, Schutzzonen in den Krisenregionen vor Ort und einen umfassenden Kampf gegen
Schlepperei zu sorgen. So lautete Anfang September der Auftrag an die Regierung in Sachen Asyl- und Flüchtlingspolitik,
dem im bevorstehenden Parlamentsjahr noch viele weitere folgen sollten.
"Österreich im Ausnahmezustand – sichere Grenzen statt Asylchaos, Herr Bundeskanzler!" titelte dann
die FPÖ rund drei Wochen später in einer Sondersitzung und holte zu einem Rundumschlag gegen die Bundesregierung
aus, die sie der "offensiven Untätigkeit" beschuldigte. Die Oppositionspartei erklärte die
gesamte Regierung als rücktrittsreif, mit dem entsprechenden und im gesamten Tagungsjahr einzigen Misstrauensantrag
kamen sie im Plenum aber nicht durch. Auch mit einer Ministeranklage gegen den damaligen Bundeskanzler Werner Faymann
und die ehemalige Innenministerin Johanna Mikl-Leitner sind die Freiheitlichen im November abgeblitzt.
Im Dezember steht dann erneut ein Asylthema ganz oben auf der Tagesordnung des Nationalrats: Die Tagessätze
der Grundversorgung werden erhöht. Ende Jänner vereinbaren Bund, Länder und Gemeinden eine Asyl-Obergrenze
für Österreich, Anfang März erfolgt die Schließung der Balkanroute, im April-Plenum wird kurz
darauf über eine Asylrechtsnovelle, die umstrittene Notstandsverordnung samt Asylrechtsverschärfungen,
abgestimmt. Ihre Kernpunkte sind Asyl auf Zeit, Verschärfungen beim Familiennachzug und eine Notstandsregelung,
die es der Regierung erlaubt, das Asylrecht zeitweilig einzuschränken, wenn sie aufgrund der Entwicklung der
Asylwerberzahlen die öffentliche Ordnung und die innere Sicherheit im Land bedroht sieht. Neben den Regierungsfraktionen
im Parlament stimmt auch das Team Stronach dafür, die Oppositionsfraktion hatte bereits im Oktober in einem
Entschließungsantrag Asyl-Obergrenzen eingefordert. Die Freiheitlichen sprechen von einem "Placebo-Gesetz",
Grüne und NEOS halten die Asylrechtsverschärfungen für völkerrechts- und EU-widrig. Rund drei
Monate später bringt die pinke Fraktion sogar eine Beschwerde bei der EU-Kommission ein, sie rechnet mit einem
Vertragsverletzungsverfahren. Auch ziviler Protest wurde am Tag der Verabschiedung vor und innerhalb des Parlamentsgebäudes
laut. Während der namentlichen Abstimmung warfen AktivistInnen Flugblätter mit der Botschaft "Geht
nicht über Leichen! Das hält euch auch nicht über Wasser!" von der Galerie in das Plenum. In
den folgenden Wochen werden konkrete gesetzliche Schritte zur nachhaltigen Integration von Asylberechtigten verabschiedet.
Darunter sind etwa Änderungen im Anerkennungs- und Bewertungsgesetz, die Beschleunigungen bei der Anerkennung
von im Ausland erworbenen Qualifikationen erleichtern und für MigrantInnen und Flüchtlinge bessere Jobchancen
bringen sollen.
Was das Tagungsjahr stets begleitete, waren zum Teil hoch emotionale und kontroverse Debatten über die heimische
und europäische Flüchtlingspolitik im Rahmen von Dringlichen Anfragen, Kurzen Debatten, Ausschüssen,
Aktuellen Stunden sowie Aktuellen Europastunden, in denen erstmals auch EU-Abgeordnete ans Rednerpult im Sitzungssaal
des Nationalrats traten. Möglich gemacht hat das eine Änderung der Geschäftsordnung, die mit August
2015 in Kraft getreten ist.
UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon spricht im Nationalrat
Zu einer Premiere kam es aufgrund der neuen Regeln für das Rederecht im Parlament im April, als UNO-Generalsekretär
Ban Ki-moon als erster internationaler Redner vor das Plenum im Nationalrat trat. Nationalratspräsidentin
Doris Bures machte vor dem Hintergrund weltweiter Krisen wie dem Bürgerkrieg in Syrien, dem islamischen Terror
und den damit verbundenen Flüchtlingsbewegungen von der jüngst geschaffenen Möglichkeit in der Geschäftsordnung
Gebrauch, herausragende Persönlichkeiten der internationalen Politik für ein Statement im Nationalrat
einzuladen. Der Spitzendiplomat bezeichnete Österreich im zum Bersten gefüllten Sitzungssaal des Nationalrats
als unverzichtbares Mitglied der Weltgemeinschaft und warnte vor einer zunehmend restriktiven Einwanderungs- und
Flüchtlingspolitik in Europa.
Österreichs sowie internationale Aufmerksamkeit zog das Hohe Haus erneut kurz Anfang Juli auf sich, als der
scheidende Bundespräsident Heinz Fischer im Historischen Sitzungssaal feierlich und unter besonders großen
Respektsbekundungen sowie Standing Ovations von seinem höchsten Amt in der Republik verabschiedet wurde. Aufgrund
der Entscheidung des VfGH, die Stichwahl der Bundespräsidentenwahl in Folge einer freiheitlichen Wahlanfechtung
aufzuheben, übernahm das Nationalratspräsidium am 8. Juli interimistisch die Aufgaben des Staatsoberhaupts
als Kollegium.
7 Dringliche Anfragen, 17 Kurze Debatten der Opposition
Neben dem parlamentarischen Pflichtprogramm nahmen die Fraktionen auch verstärkt ihre Möglichkeit in
Anspruch, der Regierungsarbeit auf den Zahn zu fühlen. Auf ausschließliches Verlangen der Opposition
hielt der Nationalrat vier Sondersitzungen (2 x Grüne, 1 x jeweils FPÖ und NEOS) außerhalb des
regulären Arbeitsplans – im vorigen Parlamentsjahr waren es 6 – ab, diskutierte über 7 Dringliche Anfragen,
über 2 Dringliche Anträge sowie über 17 Kurze Debatten zu schriftlichen Anfragebeantwortungen von
einzelnen Regierungsmitgliedern und Fristsetzungsanträgen. Das Interpellationsrecht im Plenum wurde so etwa
genutzt, vermeintliche Verfehlungen in der heimischen Asylpolitik, den Anstieg der Arbeitslosenzahlen oder die
seit längerem in Diskussion stehende Pensionsreform auf die tagesaktuelle politische Agenda zu heben. 6 mal
gab die Regierung eine Erklärung ab, zuletzt jene zum Brexit. Zudem hielt der Nationalrat 10 Aktuelle Stunden,
4 Aktuelle Europastunden und 7 Fragestunden ab.
Neben den 112 Gesetzesbeschlüssen, von denen 7 eine Zweidrittelmehrheit erforderten, hat der Nationalrat zudem
16 Staatsverträge genehmigt, zuletzt den Weltklimavertrag von Paris. Österreich wird damit voraussichtlich
eines der ersten Länder sein, die das internationale Klimaabkommen ratifizieren. Dass es die Abgeordneten
mit dem Klimaschutz und die darin vereinbarten Ziele, etwa die Erderwärmung auf unter 2 Grad zu bringen, ernst
nehmen, zeigte auch eine parlamentarische Enquete im Juni mit VertreterInnen der Europäischen Union und ExpertInnen
u.a. aus der Industrie, der Energiewirtschaft und Umwelttechnologie.
Der Nationalrat nahm zudem 29 Berichte der Regierung, des Rechnungshofs und der Volksanwaltschaft in Verhandlung
und hielt 9 Erste Lesungen, etwa zur Forderung der NEOS, der wiederholten Vertagung von Anträgen einen Riegel
vorzuschieben, zum Budgetkurs für 2016 oder zum Vorstoß der Grünen, die Klubförderung bei
einem Klubwechsel zu streichen. Ordnungsrufe vom Präsidium gab es im abgelaufenen Parlamentsjahr 32.
In 63 Entschließungen erhielt die Bundesregierung Arbeitsaufträge vom Nationalrat. Auch wenn die Anzahl
an einstimmigen Gesetzesbeschlüssen weiter zurückgegangen ist, gibt es einige Resolutionen, mit denen
das Parlament fraktionsübergreifend Haltung eingenommen hat: Etwa in der Anti-Atom-Politik Österreichs,
im Kampf gegen die Todesstrafe oder in der klaren Absage gegenüber Gen-Lachs, Gentechnik im Landbau sowie
der Patentierung von Tieren und Pflanzen in Österreich und der Europäischen Union.
Fraktionsloser Abgeordneter Rupert Doppler ist Anfragenkaiser
Mit 3.570 liegt die Anzahl von schriftlichen Anfragen der Abgeordneten im Spitzenfeld, sie kommt aber knapp nicht
an das Rekordniveau von 2014/2015 mit über 3.850 heran. Ganz oben auf der Liste der befragten Ressorts liegt
in diesem Jahr erneut das Innenministerium (557), gefolgt vom Sozialministerium (474) und dem Gesundheitsministerium
(347). An die Nationalratspräsidentin gingen 12 Anfrage, an Rechnungshofpräsident Josef Moser 2. Ungeschlagen
als Fraktion mit den meisten schriftlichen Anfragen seit vergangenen September bleibt die FPÖ mit 1.940, dahinter
reiht sich in der Statistik jedoch bereits ein einzelner Mandatar. Der fraktionslose Abgeordnete Rupert Doppler
ist mit 451 diesjähriger Anfragekaiser, kein anderer Mandatar konnte jemals, mit Ausnahme vom ehemaligen FPÖ-Abgeordneten
Leopold Mayerhofer, der sich den ersten Platz 2007/2008 mit einer Anfrageserie an Ex-Innenminister Günther
Platter (940 Anfragen und insgesamt 18.800 Einzelfragen) holte, so viele Anfragen auf sein alleiniges Konto verbuchen.
Die Grünen haben insgesamt 383 Anfragen formuliert, gefolgt von den NEOS (321) und dem Team Stronach (281).
Die SPÖ kann 109 Anfragen verbuchen, Schlusslicht ist die ÖVP mit 30.
Das waren die Gesetzesbeschlüsse 2015/2016
Für intensive Debatten im Parlament sorgten im vergangenen Jahr neben der Asylproblematik steigende Arbeitslosenzahlen,
die Bekämpfung des Terrorismus, die seit längerem im Raum stehenden Reformen in der Bildung und bei den
Pensionen, die Aufwertung des Wirtschaftsstandorts, der Klimaschutz, die Zielpunkt-Pleite oder die beiden transatlantischen
Freihandelsabkommen TTIP und CETA. Bedenken hegen die Abgeordneten etwa aufgrund einer möglichen Aushebelung
europäischer Standards bzw. des in Europa gültigen Vorsorgeprinzips, außerdem sind vielen MandatarInnen
die geplanten Schiedsgerichte ein Dorn im Auge. Erst im Juni hat der EU-Unterausschuss der Regierung zu CETA einen
konkreten Handlungsauftrag mittels bindender Stellungnahme erteilt. Die beiden Freihandelsabkommen werden kommenden
September zudem Thema einer Parlamentarischen Enquete mit dem Titel "CETA und TTIP – Die Freihandelsabkommen
der EU und ihrer Mitgliedstaaten mit Kanada und den USA" sein.
Eine offizielle Mitteilung an die Gremien der EU, insbesondere aber an den Europäischen Rat, richtete der
EU-Hauptausschuss darüber hinaus im Zusammenhang mit den Russland-Sanktionen, er plädiert angesichts
der negativen wirtschaftlichen Auswirkungen für schrittweise Sanktionsminderungen.
Beschlossen hat der Nationalrat im abgelaufenen Parlamentsjahr unter anderem eine Rufbereitschaft für FachärztInnen
in Unikliniken, eine Mietzinsbreme für 2016, die Auflösung von Rücklagen der Münze Österreich,
gesetzliche Grundlagen für den Bank-Austria-Pensionstransfer sowie das Haus der Geschichte in der Neuen Burg,
die Verlängerung der Gerichtspraxis von fünf auf sieben Monate, neue Gesetze gegen Lohn- und Sozialdumping,
Maßnahmen zum Kampf gegen Steuerflucht und Missbrauch an den Finanzmärkten, eine Berechnungsänderung
von Lkw-Mauttarifen, erste Regelungen für automatisiertes Fahren, ein Basiskonto für alle, ein neues
Kinderbetreuungsgeld-Konto und das erste Paket zur Bildungsreform, mit dem hauptsächlich die Schuleingangsphase
neu gestaltet und die Sprachförderung ab dem letzten Kindergartenjahr ausgeweitet wird. Mehr Budgetmittel
gibt es in den nächsten Jahren außerdem für das Innen- sowie Verteidigungsministerium.
Im Hochschulbereich wurden die Zugangsregelungen der Universitäten und die Studieneingangs- sowie Orientierungsphase
bis 2021 verlängert. Gute Nachrichten gibt es auch für spätentschlossene Studierende: StudentInnen
über 27 bekommen schon bald höhere Studienbeihilfen.
Durch gesetzliche Änderungen wurden außerdem Zigarettenpackungen mit Schockbildern versehen der Onlinehandel
für E-Zigaretten eingeschränkt, Hausapotheken im ländlichen Raum abgesichert, der Dienstgeberbeitrag
zum Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) ab 2017 gesenkt, Stiftungen für gemeinnützige Zwecke steuerlich
begünstigt und der Uhudler gerettet. Auch Frauen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften können nun
in Väterkarenz gehen und ein Arbeitsrechtspaket bringt mehr Transparenz bei All-In-Verträgen. Zudem wurden
die Haftstrafen für Jugendliche abgemildert und die Gerichtsgebühren gesenkt. Aufgestockt wurden außerdem
Österreichs Beiträge für die Entwicklungszusammenarbeit.
Ein "Go" gab es für die Wohnbauoffensive, neue Ernteversicherungen für BäuerInnen wegen
zunehmender Wetterkapriolen, die Verlängerung des Handwerkerbonus um ein weiteres Jahr, ein Gesundheitsberuferegister
und ein neues Ausbildungsmodell für Pflegeberufe. Verschärfungen gab es im Suchtmittelgesetz, die bis
zu zwei Jahre Haft für Drogenhandel im öffentlichen Raum bringen sowie beim Handyverbot am Steuer. Das
bedeutet das Aus für das Surfen im Internet beim Autofahren. Zudem wird das Zika-Virus meldepflichtig. Adaptiert
wurde zudem mehrmals die Steuerreform und die Registrierkassenpflicht etwa für Vereine gelockert.
In eigener Sache haben die Abgeordneten für strengere Regeln beim Mandatsverlust gestimmt. Die Mandatsaberkennung
droht nun schon ab einem halben Jahr Freiheitsstrafe bzw. bei einer bedingten Freiheitsstrafe von mehr als zwölf
Monaten.
Gesetzlich reagierte das Parlament zudem auf die erhöhte Terrorgefahr nach den blutigen Anschlägen in
Paris und Brüssel. Innerhalb und auch außerhalb des Hohen Hauses polarisiert hat dabei das Polizeiliche
Staatsschutzgesetz zu Beginn des Jahres. Bedenken hegen insbesondere die FPÖ sowie die Grünen gegenüber
den erweiterten Observierungsbefugnissen der Ermittlungsbehörden. Sie wollen das Staatsschutzgesetz mit einer
Klage beim Verfassungsgerichtshof zum Kippen bringen. Durch ein neues Sicherheitspolizeigesetz, das am vorletzten
Plenumstag beschlossen wurde, bekommt die Polizei erweiterte Befugnisse vor allem im Bereich der Verbrechensprävention.
Bis zuletzt wurde über eine notwendige Zweidrittelmehrheit für die Ausbildungspflicht bis zum 18. Lebensjahr
verhandelt. Während des dreitägigen Sitzungsmarathons Ende Juli wurde außerdem eine Rechtsgrundlage
für den Vergleich mit den HETA-GläubigerInnen geschaffen. Aufatmen können geprellte AvW-AnlegerInnen:
Sie werden mit knapp 150 Mio. € entschädigt.
505 Gesetzesinitiativen der Parlamentsfraktionen
Ihre politischen Ideen haben die sechs Parlamentsfraktionen seit Tagungsbeginn in 505 konkrete Gesetzesanträge
und Resolutionsentwürfe gegossen, die je nach Materie an die zuständigen Fachausschüssen zugewiesen
wurden. Mit 158 selbstständigen Anträgen haben die NEOS wie im vorigen Jahr die Nase vorne, wobei mitberücksichtigt
werden muss, dass einige von ihnen gemeinsam mit anderen Fraktionen vorgelegt wurden. Dicht an ihren Fersen hängen
die Grünen mit 155 Initiativen, SPÖ und ÖVP haben jeweils 32 Anträge eingebracht, die entweder
als gemeinsame Koalitionsanträge oder als Mehrparteienanträge zusammen mit der Opposition vorgelegt wurden.
Unter den Regierungsfraktionen kommt es mittlerweile öfters vor, Resolutionsentwürfe der Opposition aufzugreifen
und in abgeänderter Version ins Plenum zu schicken. So schafften etwa die Oppositionsvorschläge, Volksgruppen
und Schulpartner in die weiteren Verhandlungen der Bildungsreform einzubinden oder einen verstärkten Fokus
auf Chancen im World Wide Web für Digital Natives zu richten, eine Mehrheit im Nationalrat. Drei Entschließungen,
jeweils eine von der FPÖ, den Grünen sowie den NEOS, nämlich Gen-Lachs in Österreich zu verbieten,
das UN-Mandat zur Überwachung der Menschenrechtslage im Iran zu verlängern bzw. für einen Beitritt
der Europäischen Union zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) einzutreten, wurden im Nationalrat
in ihrer Originalfassung für gut befunden.
Ideen der Opposition, die im Nationalrat abgeblitzt sind, betreffen beispielsweise die von allen Oppositionsfraktionen
artikulierten Forderungen nach einer Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger. Nicht geschafft haben es
ebenfalls etwa die Forderungen, ein akustisches Warnsignal für Elektroautos einzuführen, das Pensionssystem
auf gänzlich neue Beine zu stellen, in der Migrationsstatistik künftig den Migrationshintergrund bei
TäterInnen mit österreichischer Staatsbürgerschaft in der 1., 2. als auch 3. Generation auszuweisen
oder eine Volksbefragung zur Asyl- und Grenzschutzpolitik durchzuführen.
In Form von 18 Bürgerinitiativen, 24 Petitionen sowie einem Volksbegehren – dem ersten in der laufenden Gesetzgebungsperiode
- sind zudem Bürgeranliegen im Parlament eingelangt. Manche haben dabei besonders viele Unterstützungserklärungen
auf der Website des Parlaments gesammelt. Die im abgelaufenen Parlamentsjahr bisher am häufigsten unterstützte
Bürgerinitiative setzt sich für eine Aufhebung des Eheverbots für gleichgeschlechtliche Paare ein,
bereits 36.133 BürgerInnen haben das Anliegen elektronisch unterschrieben. Der Vorschlag über ein österreichweites
Studierendenticket bekam bisher 25.481 Unterschriften, für eine menschenwürdige Aufnahme von AsylwerberInnen
haben sich bis heute 5.948 UnterzeichnerInnen eingesetzt. Bei den Petitionen liegt jene für ein verfassungsmäßiges
Recht auf Barzahlung (30.080) ganz vorne, gefolgt von den Wünschen tausender BürgerInnen, den Waffenpass
für JägerInnen auch weiterhin sicherzustellen (4.832) oder das Verbot über den Versandhandel von
E-Zigaretten rückgängig zu machen (4.435).
Nach vier Jahren hat das Parlament zudem erstmals wieder über ein Volksbegehren beraten. Das EU-Austrittsvolksbegehren,
das 261.056 ÖsterreicherInnen – demnach 4,12% der Wahlberechtigten – unterzeichnet haben, fand aber wenig
Echo im Nationalrat.
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Fraktionswechsel: Zwischen Wählerwille und freiem Mandat
Dem Vorschlag der Grünen, die Klubförderung bei einem Klubwechsel zu streichen, gingen wiederholte
Fraktionswechsel, insbesondere beim Team Stronach, voraus. Nachdem bereits im Tagungsjahr 2014/2015 Georg Vetter
und Marcus Franz in den ÖVP-Klub wechselten, verlor die Oppositionsfraktion im August zwei weitere MandatarInnen
an die Volkspartei. Mit Kathrin Nachbaur und Rouven Ertlschweiger stockte die ÖVP die Zahl ihrer Mandate auf
51 auf und kam somit bis auf ein Mandat an die SPÖ heran. Nur wenige Tage danach verkündete eine weitere
Abgeordnete, Jessi Lintl, ihr Ausscheiden aus dem Team Stronach und wurde "wilde Abgeordnete". Damit
aber nicht genug. In weiterer Folge verlässt Abgeordnete Susanne Winter nach einem antisemitischen Posting
auf Facebook die FPÖ im November, Marcus Franz verabschiedet sich nach nur neun Monaten von seiner neuen Fraktion
und Jessi Lintl wechselt währenddessen in den FPÖ Klub. Die aktuelle Zusammensetzung des Nationalrats
lautet demnach folgendermaßen: SPÖ: 52 Mandate, ÖVP: 50 Mandate, FPÖ: 38 Mandate, Grüne:
24 Mandate, NEOS: 9 Mandate und Team Stronach: 6 Mandate. Dazu kommen vier Abgeordneten ohne Klubzugehörigkeit
(Rupert Doppler, Marcus Franz, Gerhard Schmid, Susanne Winter).
Nachdem das Team Stronach nur mehr über 6 Abgeordnete verfügt, war eine neue Zusammensetzung der Ausschüsse
notwendig. Die Größe wurde so auf 18 bzw. 24 auf 28 Ausschussmitglieder aufgestockt, die Oppositionspartei
kann damit auch weiterhin in allen Ausschüssen mit je einem bzw. einer Abgeordneter vertreten sein.
Die wiederholten Rochaden zwischen den Klubs gaben dazu Anlass, die Regeln für einen Klubwechsel zu überdenken.
Nationalratspräsidentin Bures beauftragte Verfassungsrechtler Theo Öhlinger, einen entsprechenden Vorschlag
auszuarbeiten. Im Vordergrund stand dabei das Spannungsfeld zwischen freiem Mandat und Wählerwillen. Öhlingers
Reformvorschlag hatte unter anderem zum Inhalt, die Förderung der Nationalratsklubs zu Beginn der Legislaturperiode
nach oben hin zu deckeln. Dies fand aber im Geschäftsordnungskomitee Ende Oktober keine ausreichende Unterstützung.
Sesselrücken: Wer gehen musste, wer gekommen ist
Durch die vom neuen Bundeskanzler Christian Kern im Juni durchgeführte Regierungsumbildung kam es auch im
Nationalrat zu umfangreichem Sesselrücken. Sowohl Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek als auch Verkehrsminister
Gerald Klug nahmen nach ihrem Ausscheiden aus der Regierung ihr im Dezember 2013 zurückgelegtes Nationalratsmandat
wieder an. Auch die abgelöste Staatssekretärin Sonja Steßl ist für kurze Zeit als Abgeordnete
in das Hohe Haus zurückgekehrt, hat sich dann Anfang Juli aber gänzlich vom Parlament verabschiedet.
Platz machen mussten für Heinisch-Hosek, Steßl und Klug Michael Ehmann, Klaus Uwe Feichtinger sowie
Hannes Fazekas, der nach dem Mandatsverzicht von Hubert Kuzdas erst seit September 2015 wieder dem Nationalrat
angehört hatte. Mit dem späteren Mandatsverzicht von Steßl blieb Feichtinger dem Parlament schlussendlich
erhalten. In den Nationalrat zurückgekehrt ist Karl Öllinger, freiwillig ihren Stuhl geräumt haben
Daniela Musiol, Gernot Darmann, Heinz-Peter Hackl, Elmar Podgorschek und Beate Meinl-Reisinger. Nachgerückt
sind David Lasar, Wolfgang Klinger, Hermann Brückl und Claudia Gamon.
Die vielen Rochaden im Regierungsteam vor dem Rücktritt Werner Faymanns im Mai, etwa bedingt durch die Bundespräsidentenwahl
im April, bei denen Rudolf Hundstorfer das Sozialressort an den ehemaligen Verkehrs- bzw. Gesundheitsminister Alois
Stöger übergab, Gerald Klug das Infrastruktur- und Verkehrsministerium übernahm und das Bundesheer
mit Hans Peter Doskozil einen neuen Chef bekam, hatten keine Auswirkungen auf die Plätze im Nationalrat. Auch
nicht der Wechsel zwischen dem nunmehrigen Innenminister Wolfgang Sobotka und Johanna Mikl-Leitner, die als Landeshauptmann-Stellvertreterin
nach Niederösterreich wechselte. Faymann hat auf die Wiederausübung seines Mandats nach seinem Ausscheiden
aus der Bundesregierung verzichtet.
Erstmals öffentliches Hearing für die Nominierung des Rechnungshofpräsidenten
Da sich Präsident Josef Moser nach 12 Jahren und mit 1.007 Reformvorschlägen vom Rechnungshof verabschiedete,
kam es für seine Nachbesetzung zu einem Novum: ein öffentliches Hearing im Parlament sollte die Entscheidung
für einen neuen Rechnungshofpräsidenten bzw. für eine neue Rechnungshofpräsidentin transparenter
und nachvollziehbarer machen. Nominiert wurden von den Fraktionen acht KandidatInnen, schließlich wurde Mitte
Juni die Direktorin des steirischen Landesrechnungshofs Margit Kraker mit 95 Stimmen als erste Frau an die Spitze
des Rechnungshofs gewählt.
Keine fraktionsübergreifende Einigung, wie Demokratie gestärkt werden kann
ÖVP und SPÖ sprachen von qualitätssteigernden Vorhaben, die Oppositionsfraktionen vom Sterben der
Demokratie, als der Abschlussbericht der Enquete-Kommission zur Stärkung der Demokratie in Österreich
im vergangenen September am Tisch lag. Fast ein Jahr lang hatte sich das Parlament damit beschäftigt, wie
Demokratie in Österreich verbessert und neu gedacht werden kann. In acht Sitzungen wurden rund 50 nationale
sowie internationale ExpertInnen aus Politik, Wissenschaft, Medien und Zivilgesellschaft geladen, auch BürgerInnen
hatten zum ersten Mal Rederecht in diesem parlamentarischen Gremium.
Das Ergebnis war ein 9-seitiger Abschlussbericht, der im Nationalrat mit den Stimmen der SPÖ und ÖVP
zur Kenntnis genommen wurde. Die darin enthaltenen Ideen: Eine verfassungsmäßige Ermächtigung für
Länder und Gemeinden, um künftig mehr direktdemokratische Instrumente zu ermöglichen, BürgerInnen
bei bestimmten Themen schon vor dem Gesetzgebungsprozess via Crowdsourcing einzubinden und ein objektives Abstimmungsbüchlein
nach Schweizer Vorbild einzuführen. Auch die Abschaffung des Amtsgeheimnisses ist als zentrale Empfehlung
im Abschlussbericht zu finden.
Demgegenüber stand ein 42-seitiger Minderheitsbericht und die scharfe Kritik der Opposition, dass es sich
bei den Ergebnissen der Enquete-Kommission um einen Rückschritt in Sachen Demokratie in Österreich handelt.
Im Konkreten vermissen die Oppositionsfraktionen jenes Vorhaben aus dem im Jahr 2013 geschnürten Demokratiepaket,
das es ermöglichen soll, auf Bundesebene über erfolgreiche Volksbegehren automatisch zumindest eine Volksbefragung
durchführen zu können. Gemeinsame Initiativen der Opposition zum Ausbau der direkten Demokratie hatten
selbst in wiederholten Anläufen im Nationalrat keinen Erfolg. Auch die Abschaffung des Amtsgeheimnisses lässt
noch auf sich warten. Als unerledigte Regierungsvorlage liegt das Vorhaben seit Dezember 2014 im Parlament. Zuletzt
ist aber ein wenig Bewegung in die Sache gekommen: Der Verfassungsausschuss plant eine parlamentarische Enquete
zum Thema Informationsfreiheit, gehofft wird auf eine Einigung im Herbst.
124. und letzte Auskunftsperson im Hypo-U-Ausschuss befragt
Nach insgesamt 78 Sitzungen, davon 53 im abgelaufenen Tagungsjahr, 16 Monaten und 142 Befragungen von 124 Auskunftspersonen
hat der Hypo-U-Ausschuss seine Befragungen Ende Juni abgeschlossen. Sein Start gestaltete sich unter anderem aufgrund
geschwärzt an den Ausschuss gelieferter Akten ein wenig turbulent; mittlerweile befinden sich rund zwei Millionen
zum Untersuchungsgegenstand übermittelte Dokumente im Parlament, mit denen man ausgedruckt auf rund 16 Millionen
A4-Seiten kommen würde. Über 10.000 A4-Seiten stenographisches Protokoll ist online auf der Parlamentswebsite
einsehbar. Planmäßig am 23. August wird U-Ausschussvorsitzende und Nationalratspräsidentin Doris
Bures den vom Verfahrensrichter erstellten Berichtsentwurf an die Fraktionen übermitteln. Behandelt wird der
Abschlussbericht im Nationalrat dann am 12. Oktober.
Verlangt wurde die Einsetzung des Ausschusses im Jänner 2015 von FPÖ, Grünen und NEOS. Möglich
war das durch eine Änderung der Verfahrensordnung, durch die der Untersuchungsausschuss zum Minderheitsrecht
wurde. Verlängert wurde er zum ersten Mal im Jänner dieses Jahres, dann erneut ein zweites Mal im Mai.
Wäre es nach dem Team Stronach gegangen, hätte es parallel zum Hypo-U-Ausschuss einen weiteren Banken-Untersuchungsausschuss
gegeben. Die Oppositionsfraktion hatte im Herbst beantragt, die politische Verantwortung für die Vorkommnisse
rund um die Kommunalkredit AG und die Österreichische Volksbanken AG (ÖVAG) parlamentarisch zu prüfen.
Das Anliegen fand vorerst keine Zustimmung im Nationalratsplenum, ein gleichartiger Banken-U-Ausschuss ähnlich
wie jener zur Hypo hätte seine Arbeit aufgrund fehlender Ressourcen in den Parlamentsklubs aber auch in der
Parlamentsdirektion beeinträchtigt, war man sich einig. Rein inhaltlich sehen aber alle Parlamentsfraktionen
Aufklärungsbedarf.
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Aktivitäten im Parlament außerhalb der Gesetzgebung
Zum gelebten Parlamentarismus gehört neben den verfassungsmäßigen Kernaufgaben des Parlaments
– Gesetzgebung und Kontrolle der Regierung –auch die Verdeutlichung demokratischer Werte in der Öffentlichkeit.
Vor allem der Demokratievermittlung an junge Menschen widmeten die Abgeordneten und BundesrätInnen in der
vergangenen Tagungszeit viel Aufmerksamkeit. In den Workshops der "Demokratiewerkstatt" kamen SchülerInnen
und Lehrlinge auf Tuchfühlung mit dem parlamentarischen Geschehen und hatten mehrmals die Möglichkeit
zum direkten Gespräch mit ParlamentarierInnen und RepresentatInnen internationaler Institutionen wie dem Europarat.
Zudem tagte seit letztem Hebst erneut das "Jugendparlament" zwei Mal im Hohen Haus. Als spezielles Service
bietet das Parlament seit dem Frühjahr Lehrlingsführungen an. Weiter vertieft wurden in der vergangenen
Tagung die Kontakte mit anderen Parlamenten weltweit, mit internationalen Staatspitzen und Regierungsmitgliedern
sowie mit EntscheidungsträgerInnen der Europäischen Union. Zahlreiche Veranstaltungen im Parlament und
im Palais Epstein regten den Diskurs zwischen Politik und Zivilgesellschaft an.
Globale Politik im Parlament
Noch vor Beginn der offiziellen Tagungsperiode vergangenen September traf Nationalratspräsidentin Doris Bures
in New York im Rahmen der Interparlamentarischen Union (IPU) mit anderen Parlamentspräsidentinnen zusammen.
Bei Besuchen zahlreicher internationaler SpitzenpolitikerInnen und VertreterInnen internationaler Organisationen
im österreichischen Parlament führten die PräsidentInnen bzw. MandatarInnen von Nationalrat und
Bundesrat ebenso Gespräche über unterschiedliche bilaterale und globale Thematiken, wobei Fragen der
Flüchtlingspolitik in der Europäischen Union fast immer angeschnitten wurden. Zu Gast waren beispielsweise
Mitglieder der Europäischen Kommission wie Justizkommissarin Vêra Jourová und Landwirtschaftskommissar
Phil Hogan, UN-Hochkommissar für Menschenrechte Zeid Raad Al-Hussein und der König Jordaniens, Abdullah
II. bin al-Hussein.
Besuchermagnet Parlament
Das große Interesse der Bevölkerung an der Arbeit im Parlament wurde einmal mehr am Nationalfeiertag,
dem 26. Oktober 2015, spürbar. An die 11.000 Personen besuchten den Prachtbau am Ring und nutzten den "Tag
der offenen Tür" zur Information über die Bundesgesetzgebung und für das direkte Gespräch
mit Nationalratsabgeordneten und BundesrätInnen. Einer der Anziehungspunkte war der prächtige Budgetsaal,
wo unter anderem der Hypo-Untersuchungsausschuss tagt, über dessen Arbeit MitarbeiterInnen der Parlamentsdirektion
den BesucherInnen berichteten. Schwerpunktthema war im Vorjahr das 60-Jahr-Jubiläum der Beschlussfassung des
Neutralitätsgesetzes – das Parlament präsentierte daher die Neutralitätsbeschlussurkunde im Original
und informierte Interessierte mit einem Film im historischen Sitzungssaal. Besuchermagnet ist das Hohe Haus allerdings
auch an "normalen" Tagen: Seit Tagungsbeginn kamen bei rund 4.530 Führungen etwa 92.000 BesucherInnen,
darunter viele SchülerInnen, in das Parlamentsgebäude.
Die Website des Parlaments zog ebenfalls zahlreiche BesucherInnen an. Registriert wurden seit Tagungsbeginn rund
2,7 Millionen UserInnen, die für gut 240 Millionen Clicks sorgten. Auf sozialen Medien wie Facebook und Twitter
präsentiert sich das Parlament neuen Zielgruppen. Interessierte BürgerInnen bot die "Parlamentskorrespondenz"
mit rund 1.400 Aussendungen über die parlamentarische Arbeit und aktuelle Ereignisse im Hohen Haus aktuelle
Information; das Bürgerservice des Parlaments war eine weitere wichtige Auskunftsstelle.
Sanierung: Parlament ab 2017 für drei Jahre in der Hofburg
Die umfassende Sanierung des Parlamentsgebäudes läuft weiter nach Plan, ab Sommer 2017 werden der Bundesrat
und der Nationalrat vorübergehend in der Hofburg tagen. "Wir sind der Generalsanierung des Parlamentsgebäudes
einen weiteren großen Schritt nähergekommen", zog Nationalratspräsidentin Doris Bures im Juni
positive Zwischenbilanz, als der vertiefte Entwurf des Generalplaners Jabornegg&Palffy_AXIS für
den Bau freigegeben wurde. Neben dringend notwendigen Sanierungsarbeiten ist unter anderem geplant, brachliegende
Raumpotenziale im Dachgeschoß des Hauses zu nutzen, den Nationalratssitzungssaal weitgehend barrierefrei
zu gestalten und BesucherInnen neue Einblicke in das Innenleben des Parlaments zu eröffnen. Die Bauarbeiten
werden rund drei Jahre dauern.
Veranstaltungen eröffnen Diskurs zwischen BürgerInnen und Parlament
Der Dialog mit der Bevölkerung im Rahmen verschiedener Veranstaltungen ist zum unverzichtbaren Bestandteil
des österreichischen Parlamentarismus geworden. Letztes Jahr beteiligten sich erneut tausende Menschen an
den etwa 90 Fest-, Gedenk- und Diskussionsveranstaltungen, Symposien sowie Kunst- und Buchpräsentationen im
Hohen Haus und im Palais Epstein. Inhaltlich wurde ein breites Themenspektrum geboten, von tagesaktuellen Themen
über gesellschaftspolitisch relevante Fragen bis hin zur historischen Reflexion. Eine Gedenkveranstaltung
mit der gesamten Staatsspitze widmete das Parlament letzten Winter speziell den Terroropfern von Paris. Dabei wurde
ein grundsätzliches Bekenntnis zu demokratischen Werten abgelegt. Bundespräsident Heinz Fischer unterstrich,
"Mord und Terror müssen mit Härte und Konsequenz bekämpft, bestraft und verhindert werden,
aber ohne das zivilisatorische Niveau, das die europäischen Demokratien erreicht haben, über Bord zu
werfen". Die Weiterentwicklung der Demokratie, gerade in Zeiten der Digitalisierung, Frauen- und Kinder- und
Minderheitenrechte, Generationenfragen von Bildung bis Pension sowie Menschenrechte bildeten weitere Schwerpunkte
im Veranstaltungsreigen der letzten Tagungsperiode.
Klare Haltung gegen Antisemitismus
Das entschiedene Auftreten gegen Antisemitismus prägt die parlamentarische Arbeit. Gemeinsam mit dem Präsidenten
der israelischen Knesset, Juli-Joel Edelstein, gedachte Nationalratspräsidentin Doris Bures vergangenen Herbst
am Wiener Judenplatz der Opfer des Holocaust und betonte, dass Österreich jede Form von Antisemitismus klar,
konsequent und eindeutig verurteilt. "Wir müssen auf der Hut sein, wenn unantastbar geglaubte Tabugrenzen
überschritten werden" sagte Bures am 9. Mai anlässlich des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus.
Angesichts des Anstiegs rechtsextremer, rassistischer und antisemitischer Aktivitäten in Österreich müsse
man ganz besonders wachsam bleiben. Bei der Gedenkveranstaltung im historischen Sitzungssaal des Parlaments schilderte
als Zeitzeuge Marco Feingold, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg und Überlebender mehrerer
Konzentrationslager, die Schrecken der NS-Herrschaft. Das Gespräch führte Danielle Spera, Direktorin
des Jüdischen Museums Wien.
Demokratiewerkstatt als Erfolgsgarant
Ungebrochen ist die 2007 gestartete Erfolgsgeschichte der "Demokratiewerkstatt" des Parlaments. Insgesamt
haben bereits rund 86.000 Kinder und Jugendliche an den Workshops zur politischen Bildung mit Fokus auf Parlamentarismus
teilgenommen. Im abgelaufenen Schuljahr besuchten über 9.400 SchülerInnen mehr als 450 Workshops; 4.700
TeilnehmerInnen erhielten den Titel "Demokratiewerkstatt-Profi" verliehen, womit ihr besonders großes
Interesse an demokratiepolitischem Wissen ausgezeichnet wurde. 41,85 % der Workshop-TeilnehmerInnen kamen aus den
Bundesländern. Ebenfalls auf ganz Österreich ausgerichtet ist das letzten November geschaffene Lehrlingsforum,
in dem in drei thematisch unterschiedlichen Workshops Lehrlingen Demokratie, Politik und Parlament näher vermittelt
werden. Sehr gut besucht war einmal mehr die für Kinder eingerichtete Website des Parlaments (http://www.demokratiewebstatt.at) und der entsprechende Facebook-Auftritt.
Wichtiges Thema der Demokratiewerkstatt in der vergangenen Tagungszeit war das "No-hate-speech movement"
des Europarats. Zu dieser Jugend-Kampagne gegen Cybermobbing und Hassrede im Internet wurden mehrere Aktivitäten
gesetzt. Seit Jänner 2016 beschäftigt sich die Demokratiewerkstatt anhand eines eigenen Themen-Schwerpunkts,
"Vielfalt-Vorurteil-Zivilcourage", mit Menschenrechtsbildung. Die Bundespräsidentenwahl wurde aus
aktuellem Anlass vertieft behandelt.
Im Rahmen des Jugendparlaments kamen insgesamt 205 SchülerInnen in der abgelaufenen Tagung als "Abgeordnete"
zu Wort. In der Dezembersitzung verabschiedeten Jugendliche aus Oberösterreich einstimmig eine fiktive Gesetzesvorlage
zum strafrechtlichen Vorgehen gegen Online-Hetze. Im Juni 2016 diskutierten SchülerInnen aus Salzburg in der
Rolle von Abgeordneten darüber, wie die Unterrichtszeiten im modernen Schulalltag gestaltet werden sollen.
Auf Initiative des Bundesrats hin tagte heuer erstmals auch ein Seniorenparlament. Seniorinnen und Senioren aus
vielen Regionen Österreichs befassten sich dabei in fiktiven Fraktionsgesprächen, Ausschusssitzungen
und einer Plenardebatte mit dem Thema "Anhebung des Pensionsalters".
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