Hauttumoren: Aktiv in das Zellwachstum eingreifen

 

erstellt am
25. 07. 16
11:00 MEZ

Mycosis fungoides: Botenstoff Interleukin 9 als neuer Ansatzpunkt zur Behandlung – Blockade soll Zellwachstum von Tumoren stoppen
Graz (meduni) - Mycosis fungoides ist eine seltene Erkrankung des lymphatischen Systems, bei der sich Tumoren im Bereich der Haut bilden, welche auf die inneren Organe übergreifen können. ForscherInnen der Medizinischen Universität Graz ist es nun in einer internationalen Kooperation gelungen, einen neuen Ansatzpunkt für die Behandlung dieses Hautlymphoms zu identifizieren, bei dem die Blockade des Botenstoffes Interleukin 9 (IL 9) eine zentrale Rolle spielt. Die Grazer Forschungsergebnisse könnten bereits in Kürze neue Behandlungsoptionen möglich machen.

Mycosis fungoides: UV-Licht blockt Botenstoff IL 9
Schätzungsweise sind europaweit rund 20.000 Menschen von der Mycosis fungoides betroffen. Bei der seltenen Erkrankung handelt es sich um ein T-Zell-Lymphom der Haut, welches meist mit unscheinbaren, ekzemartigen Hautveränderungen beginnt und über Jahre langsam voranschreitet. "Nach längerem Krankheitsverlauf werden die Lymphknoten und andere Organe erfasst, wobei die Erkrankung auch unter Einsatz aller derzeit verfügbaren Behandlungsmethoden, wie Chemotherapien und Knochenmarkstransplantationen, tödlich verlaufen kann", beschreibt Univ.-Prof. Dr. Peter Wolf, Univ.-Klinik für Dermatologie und Venerologie der Medizinischen Universität Graz den Krankheitsverlauf. Unter der Leitung von Peter Wolf ist es der Forschungsgruppe an der Med Uni Graz gemeinsam mit KollegInnen aus Dänemark und den USA nun gelungen, die Blockade des Botenstoffs Interleukin 9 als zentralen Ansatzpunkt in der Therapie der Mycosis fungoides zu identifizieren. Dieses Ergebnis leiten die WissenschafterInnen aus der Untersuchung an PatientInnen ab, bei denen sich UV-Bestrahlungen als therapeutisch sehr effektiv erwiesen haben. Das UV-Licht konnte dabei die Expression von Interleukin 9 in der Haut beeinflussen. Studien in Zellkulturen und Mausmodellen haben deutlich gezeigt, dass das Fortschreiten der Erkrankung durch die Blockade von Interleukin 9 verzögert wird, wodurch das Überleben hochsignifikant verlängert wird.

Tumoren: Aktiv in das Zellwachstum eingreifen
Die ForscherInnen untersuchten Hautbiopsien von PatientInnen mit Mycosis fungoides auf die Expression von Interleukin 9 (IL 9) - einem zellwachstumsregulierenden Protein - dessen Rezeptor (IL-9r) und deren Regulatoren. Bemerkenswerterweise fanden die Forscher IL 9 nicht nur in den lymphomatösen Tumorzellen der Haut, sondern auch im begleitenden Entzündungsfiltrat stark ausgeprägt. "Die gutartigen Entzündungszellen der Haut versorgen die Tumorzellen mit IL 9 und treiben so deren Wachstum aktiv voran", beschreibt Peter Wolf die Entdeckung der WissenschafterInnen. Immunhistochemische Untersuchungen und High-throughput DNA-Sequenzierungen menschlicher Hautzellen ergaben, dass das therapeutische Ansprechen mit der Expression dieser Faktoren indirekt korreliert. In Zellkulturstudien konnten die WissenschafterInnen nachweisen, dass die negative Regulation von IL 9 hauptverantwortlich für die Verminderung des Zellwachstums maligner Lymphomzellen zeichnete. "Der sogenannte JAK-STAT-Signalweg - ein spezieller Signalübertragungsmechanismus zur Regulation der Zellentwicklung und Wachstumskontrolle - bietet die Möglichkeit, durch Blockade mit zielgerichteten Substanzen die Expression von wachstumsregulierenden Zytokinen wie IL 9 und in der Folge das Zellwachstum von Tumorzellen aktiv zu hemmen", fasst Peter Wolf die Forschungsergebnisse zusammen.

UV-Licht als Therapieoption bei Krankheitsbeginn: Wirkung über Beeinflussung des JAK-STAT Signalweg
Bereits jetzt werden entsprechende Medikamente, wie beispielsweise der JAK-Inhibitor "Ruxolitinib" bei bestimmten hämatologischen Erkrankungen therapeutisch eingesetzt. Kinasen wie JAK stimulieren den JAK-STAT-Signalweg durch Phosphorylierung der sog. STAT-Proteine (signal transducer and activator of transcription), was in Überexpression von IL 9 resultieren kann. "IL 9 als Zielstruktur stellt jedenfalls einen völlig neuen Ansatz in der Behandlung der Mycosis fungoides dar und könnte bald in einer klinischen Studie bei PatientInnen zur Anwendung kommen, zumal ein solcher Antikörper bereits biotechnologisch entwickelt und bei PatientInnen mit Asthma bronchiale getestet wurde", blickt Peter Wolf in die Zukunft. IL 9 Antikörper könnten vorerst überwiegend bei fortgeschrittenem Krankheitsverlauf der Mycosis fungoides eingesetzt werden. Die zentrale Position der Herunterregulierung von IL 9 bei der therapeutischen Wirkung von UV-Strahlung bei Frühformen der Erkrankung lässt aber hoffen, dass ein früher Einsatz der Blockade von IL 9 den Langzeitverlauf der Erkrankung möglicherweise überaus günstig beeinflussen könnte.

Die Forschungsarbeit an der Med Uni Graz erfolgte im Rahmen des PhD-Programmes MOLIN (Molecular Inflammation) und wurde vom FWF unterstützt. Pablo Vieyra, Erstautor der Publikation aus der Arbeitsgruppe von Peter Wolf, forscht derzeit in Harvard, um die Erkrankung mittels modernster Nanostring-Technologien molekulargenetisch und immunphänotypisch weiter zu charakterisieren. Die Arbeit der Forschergruppe wurde bereits begleitet von einer Coverstory in "Clinical Cancer Research" veröffentlicht und könnte bereits in Kürze zu völlig neuen therapeutischen Strategien in der Behandlung der Mycosis fungoides führen.

 

 

 

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