Wien (öaw/imba) - Wiener ForscherInnen des IMBA (Institut für Molekulare Biotechnologie) und der Max
F. Perutz Laboratories (MFPL) der MedUni Wien und Universität Wien haben einen völlig neuen Mechanismus
entdeckt, der es ermöglichen könnte, lebensbedrohliche Pilzinfektionen zu therapieren: Blockiert man
das Enzym CBL-B, verstärkt dies die Immunabwehr gegen den Pilzerreger Candida albicans. Wenn im Tiermodell
CBL-B „ausgeschaltet“ war, konnten die körpereigenen Abwehrkräfte aktiviert und eine invasive, oft tödlich
verlaufende Infektion abgewehrt werden.
Pilzinfektionen gehören zu den häufigsten Infektionen weltweit – jeder vierte Mensch leidet im Laufe
seines Lebens unter unangenehmen Infektionen der Haut oder Schleimhaut. Weniger bekannt ist jedoch, dass Pilzinfektionen
jährlich rund 1,5 Millionen Menschenleben fordern. Ein Befall des einzelligen Hefepilzes Candida albicans
verläuft meist harmlos und lässt sich gut behandeln. Erkennt ein geschwächtes Immunsystem den Erreger
allerdings nicht rechtzeitig, breitet sich der Pilz im ganzen Körper aus kann eine gefährliche Blutvergiftung,
eine fungale Sepsis, sowie massive Organschäden auslösen. Derartige so genannte invasive Infektionen
enden zu etwa 40 % Prozent tödlich.
Im Klinikalltag spielen Pilzinfektionen bei Menschen, deren Immunsystem geschwächt ist, eine immer größere
Rolle. Längere Aufenthalte in Krankenhäusern aber auch viele neuen Behandlungen in der modernen Medizin,
wie etwa Organtransplantationen oder Tumortherapien, sind häufig mit einer kurz- bis langfristigen Schwächung
oder gar Schädigung des Immunsystems verbunden. Eine Infektion mit dem häufigsten Hefepilz Candida albicans
kann im geschwächten Zustand aber schnell lebensbedrohlich werden. Zusätzlich zu einer schwierigen Diagnose,
mangelt es bisher an effektiven antifungalen Therapiemöglichkeiten, um Infektionen in diesem fortgeschrittenen
Stadium bekämpfen zu können.
Immunantwort: Den Keim im Keim ersticken
Wiener WissenschafterInnen haben nun entschlüsselt, wie sich das Immunsystem erfolgreich gegen eine Invasion
von Candida albicans zur Wehr setzen kann. Das menschliche Immunsystem hat die Aufgabe, Eindringlinge zu enttarnen.
Viren, Bakterien aber auch Pilzerreger werden anhand einer typischen Signatur an der Zellaußenwand von sogenannten
„Immunorezeptoren“ erkannt. Sie docken an der Außenwand des Eindringlings an, alarmieren und aktivieren die
körpereigenen Abwehrzellen, die in der Lage sind, die Krankheitserreger abzutöten. Die Molekularbiologen
Gerald Wirnsberger und Florian Zwolanek aus den Arbeitsgruppen von Josef Penninger (IMBA) und Karl Kuchler (MFPL)
konnten nun nachweisen, dass das Enzym CBL-B und eine Signalüberträger namens SYK eine besondere Rolle
bei der Immunantwort gegen Candida spielen. SYK arbeitet mit dem Immunrezeptor an der Zelloverfläche Zelloberfläche
und leitet das Signal für die gezielte Abwehr gegen den Pilzerreger weiter, während CBL-B die Signalübertragung
für die Immunantwort bremst und schließlich ganz abschaltet indem es SYK zerstört.
In einem nächsten Schritt entwickelten die ForscherInnen ein völlig neuartiges Protein, einen sogenannten
„Inhibitor“, um CBL-B bei Mäusen gezielt zu blockieren. Eine invasive Candida Infektion konnte dadurch erfolgreich
abgewehrt werden, während Mäuse, bei denen CBL-B aktiv war, innerhalb kurzer Zeit der systemischen Candida
Infektion erlagen. Die Ergebnisse der Studie wurden in Nature Medicine publiziert und könnten den Weg für
eine neue Therapie gegen invasive Pilzinfektionen ebnen.
„Unsere Forschung ist ein erster Meilenstein zu einer völlig neuen Art der Behandlung gegen Candida albicans:
Erstmals können wir die Immunantwort, die durch CBL-B moduliert wird, gezielt lenken. Diese neuartige Therapiemethode
könnte sich als klinisch sehr erfolgreich herausstellen, vor allem in Kombination mit bereits existierenden
Therapiemethoden, bei denen nur das Wachstum der Pilze blockiert werden kann“, äußert sich Karl Kuchler
von der Meduni Wien zu den Ergebnissen der Arbeit.
Auch Josef Penninger, wissenschaftlicher Direktor des IMBA, zeigt sich optimistisch: „Für die Medizin von
morgen wird es immer wichtiger, die molekularen Rätsel der Immunabwehr zu entschlüsseln, um in Folge
diesen körpereigenen Schutzschild gegen einen bestimmten Eindringling stärken zu können. Bei dem
oft fatalen Pilz Candida albicans ist uns dies nun gelungen.“
Original Publikation : „Inhibition of
CBLB protects from lethal Candida albicans sepsis“. Gerald Wirnsberger, Florian Zwolanek, Tomoko Asaoka, Ivona
Kozieradzki, Luigi Tortola, Reiner A Wimmer, Anoop Kavirayani, Friedrich Fresser, Gottfried Baier, Wallace Y Langdon,
Fumiyo Ikeda, Karl Kuchler & Josef M Penninger. Nature Medicine, July 18, 2016. doi: 10.1038/nm.4134.
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