Österreichischer Staatspreis für europäische Literatur geht an polnischen Schriftsteller
Salzburg/Wien (bka) - "Das literarische Oeuvre von Andrzej Stasiuk genießt in unserem Land eine
besondere Aufmerksamkeit und Wertschätzung. Wir feiern heute einen einzigartigen polnischen, einen einzigartigen
europäischen Schriftsteller", so Kulturminister Thomas Drozda am 29.07. anlässlich der Überreichung
des Österreichischen Staatspreises für europäische Literatur 2016 an Andrzej Stasiuk in Salzburg.
"Mit der Gründung des Staatspreises im Jahre 1965 im Europa des Kalten Krieges, der politischen Ideologien
und militärischen Blöcke, war die Hoffnung verbunden, mit unseren Nachbarn hinter dem Eisernen Vorhang
wieder ins Gespräch zu kommen. Seit damals hat sich Europa gravierend zum Positiven verändert. Die Werke
von Andrzej Stasiuk haben seit Anfang der 1990er Jahre wesentlich zur Osterweiterung unserer literarischen Weltwahrnehmung
beigetragen", so Drozda. "In der europäischen Literatur jedenfalls leben wir – nicht zuletzt durch
die Kunst der Übersetzung – bereits seit vielen Jahrhunderten inmitten dieses vielstimmigen europäischen
Chors. Wir leben in einem kulturellen Raum, in dem wir unseren nahen und etwas weiter entfernten Nachbarn im Reich
der Kunst begegnen können, um in ihren Geschichten, Erzählungen und Romanen zu erfahren, was sie getan,
erlebt und erlitten haben“, sagte der Kunst- und Kulturminister, der dem Preisträger abschließend gratulierte.
Die Laudatio hielt die österreichische Schriftstellerin Evelyn Schlag, die gemeinsam mit Bernhard Fetz, Sabine
Gruber, Jochen Jung und Daniela Strigl die Jury zum diesjährigen Staatspreis bildete. In der Begründung
für die Nominierung des polnischen Schriftstellers hieß es unter anderem, dass es sich bei ihm um einen
Wahrnehmungskünstler handle, der die Leserschaft mit seinem bildkräftigen, von sinnlichen Eindrücken
schier übergehenden Stil in diese Welterfahrung mit hineinziehe.
Stasiuk bedankte sich für die Auszeichnung und unterstrich die Bedeutung der Übersetzung seiner Werke
in die deutsche Sprache und seines deutschen Herausgebers. Literatur könne die Welt nicht verändern,
da die Angstverwalter keine Bücher lesen würden. Erzählungen würden uns eine Welt zeigen, in
der nicht nur Verbündete und Feinde leben. Dank der Literatur werde unser Leben viel komplexer und dank ihr
seien wir nicht mehr zur Gänze darin gefangen.
Der Österreichische Staatspreis für europäische Literatur wird jedes Jahr vom Bundeskanzleramt für
das literarische Gesamtwerk einer Autorin oder eines Autors vergeben und ist mit 25.000 Euro dotiert.
Den internationalen Durchbruch schaffte der 1960 in Warschau geborene Schriftsteller 1997 mit dem Prosawerk "Die
Welt hinter Dukla". 2004 verfasst er erstmals ein größeres Theaterstück, "Nacht",
das 2005 am Schauspielhaus in Düsseldorf uraufgeführt wurde. Darin werden zahlreiche Vorurteile zwischen
Polen und Deutschen voller Ironie und groteskem Witz thematisiert. Den wichtigsten polnischen Literaturpreis, Nike,
erhielt er für "Unterwegs nach Babadag" (2005). Aus 2008 stammt sein Reportageband "Dojczland",
ein Bestseller in seinem Heimatland, worin er aus der Perspektive eines polnischen, häufig betrunkenen Schriftstellers
von einer Lesereise zwischen Konstanz und Kiel berichtete. "Thalerhof" (2013) gelangte am Schauspielhaus
Graz zur Uraufführung. Sein jüngstes Werk (2016) ist der Roman "Der Osten". Stasiuk ist mit
der Kulturanthropologin Monika Sznajderman verheiratet und lebt in einem südpolnischen Beskidendorf nahe der
polnisch-slowakischen Grenze.
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