Bundesforste und Pfahlbauverein Attersee lassen zwei Einbäume aus Mammut-Tannen zu Wasser
– Ur-Boote nach prähistorischem Vorbild
Seewalchen/Purkersdorf (bundesforste) In den letzten Wochen flogen noch die Späne, nun ist es fast
vollbracht: Aus zwei Mammut-Tannen schufen der Pfahlbauverein Attersee gemeinsam mit den Österreichischen
Bundesforsten (ÖBf) und einem Archäologen-Team der Universität Wien zwei ungewöhnliche Fortbewegungsmittel
- Einbäume nach prähistorischem Vorbild aus 120 Jahre altem Tannenholz. Im Rahmen der Einbaum-Olympiade
beim Welterbe-Seefest am 6. August 2016 werden die Holzboote am Attersee erstmals zu Wasser gelassen. „Die Einbäume
wurden aus je einem Mammutstamm gefertigt und weisen mit neun Metern eine stattliche Länge auf“, freut sich
Gerald Egger vom Verein „Pfahlbau am Attersee“ über die nunmehr fertiggestellten Bäume. „Dazu braucht
es besonders starke, ebenmäßig gewachsene Baumstämme“, erklärt Rudolf Freidhager, Vorstand
der Österreichischen Bundesforste, die sich in ihren Wäldern auf die Suche nach geeigneten Bäumen
begaben. Schließlich wurde man in einem Revier in der Region Attersee-Mondsee fündig. „Am Ende haben
wir zwei Mammut-Bäume gefunden: Zwei 120 Jahre alte Weißtannen (Abies alba) mit einer Höhe von
50 Metern und einem Umfang von dreieinhalb Metern waren perfekt für das Vorhaben geeignet“, zeigt sich Freidhager
erfreut. In den letzten Wochen wurden die Baumstämme unter Begleitung eines Archäologen-Teams rund um
Experimentalarchäologen Wolfgang Lobisser von der Universität Wien mit Werkzeugen nach historischem Vorbild
und Motorsäge bearbeitet und danach am Grund des Attersees gewässert. Zurück am Trockendock erfolgt
nun der letzte Feinschliff.
Vom Riesen-Baum zum Einbaum-Riesen
In mehr als 600 Arbeitsstunden wurde zunächst der Rumpf des Bootes abgeflacht, an den Enden Bug und Heck
ausgestaltet und dann die Innenseite des Baumstammes grob ausgehöhlt. „Ein Einbaum wird mit Werkzeugen nach
historischem Vorbild aus Stein, Bronze und Eisen hergestellt, um den ursprünglichen Charakter nachvollziehbar
zu machen. Der zweite Einbaum wird mit der Motorsäge bearbeitet – ein interessanter Vergleich!“ freut sich
Egger über das Archäologie-Experiment. Nach der ersten Ausgestaltung wurden die Einbäume gemeinsam
mit der Freiwilligen Feuerwehr Seewalchen im Attersee versenkt, wo die bearbeiteten Stämme für mehrere
Wochen am Seeboden verblieben. „Durch die Wässerung kommt das Holz zur Ruhe und hört auf zu arbeiten.
Damit wird auch der später über Wasser befindliche Einbaum-Teil widerstandsfähiger gegen pralle
Sonneneinstrahlung, Wind oder Regen“, erklärt Freidhager. Nun wurden die Holzriesen geborgen, an Land getrocknet
und am Trockendock fein bearbeitet.
Einbäume aus Tannenholz
„Tannenholz ist leicht zu spalten und war in der Jungsteinzeit zum Erzeugen von Brettern besonders beliebt,
da man noch keine Sägen kannte“, weiß der Bundesforste-Vorstand. „Weißtannen zeichnen sich durch
aufrechten, schlanken und geraden Wuchs aus und können bis zu 50 Meter hoch werden. In der Steinzeit stellten
mächtige Tannen ein ideales Material für Einbäume dar, in der Neuzeit wurden sie als Holz für
Masten sehr geschätzt.“ Gerald Egger vom Pfahlbau-Verein: „Einbäume galten in der Jungsteinzeit als wichtigstes
Verkehrsmittel, da bevorzugt Seen und Gewässer als Transportwege genutzt wurden. Straßen waren kaum
vorhanden. Als klassisches Fischerboot haben die Einbäume bis in das 20. Jahrhundert herauf eine lange Tradition,
nicht zuletzt gelten sie als Vorläufer für unsere heutige Plätt’n und Zillen.“
Wettrennen mit Einbäumen
Beim Weltererbe-Seefest am Attersee werden die Einbäume getauft, offiziell zu Wasser gelassen und bei
einem Einbaum-Wettrennen erstmals ihre Funktionstüchtigkeit getestet. Mehrere Teams werden gegeneinander antreten
und in den beiden Einbäumen – dem handgefertigten und dem maschinell gefertigten – um die Wette rudern. „Der
olympische Gedanke zählt – dabei sein ist alles“, lädt Gerald Egger zum Mitmachen ein. Interessierte,
die in einem der beiden Einbäume mitrudern wollen, können sich noch bis 3. August 2016, beim Verein Pfahlbau
am Attersee anmelden. Freie Plätze werden in der Reihenfolge ihres Einlangens vergeben. Die Einbaum-Regatta
findet am 6. August ab 10.00 Uhr an der Seepromenade in Seewalchen statt.
Pfahlbau als UNESCO-Weltkulturerbe
Die prähistorischen Pfahlbauten am Attersee, Mondsee (beide OÖ) und Keutschacher See (Ktn.) zählen
heute zum UNESCO-Weltkulturerbe. Pfahlbauten aus Holz galten in der Jungsteinzeit als typische Siedlungsart für
den Alpenraum. Die Stelzenbauten wurden meist an Seen und Flüssen errichtet. Allein am Attersee konnten die
Überreste von mehr als 30 Pfahlbaudörfern aus der Jungsteinzeit (Neolithikum) nachgewiesen werden. Vergraben
in den Sedimenten des Seebodens blieben die Holzbauten unter Wasser über Jahrtausende bestens konserviert.
|