Wien (gaswaerme) - Stromfressende Klimaanlagen kühlen zwar Räume – doch sie geben auch Hitze ab und
treiben dadurch die Temperaturen in den Städten in die Höhe. Die saubere Alternative ist Fernkälte.
Die grüne Kälte verzeichnete im Vorjahr ein Rekordhoch: Der Absatz stieg gegenüber 2014 um knapp
30 Prozent.
„Konventionelle Klimaanlagen kühlen zwar das eigene Heim, das Büro oder das Auto, doch sie heizen auch
die Städte auf“, kritisiert Mag. Michael Mock, Geschäftsführer des Fachverbands der Gas- und Wärmeversorgungsunternehmungen
(FGW): „In vielen Großstädten kühlt es durch den massenhaften Einsatz von Kühlgeräten
sogar nachts weniger ab. So entsteht eine selbstverschuldete Hitzefalle: Kühle Räume, aber heiße
Straßen.“
Klimaanlagen lassen urbane Hitze-Inseln entstehen
Studien aus der Klima- und Wetterforschung belegen, dass Klimaanlagen die nächtlichen Lufttemperaturen
um durchschnittlich mehr als ein Grad Celsius erhöhen. In besonders dicht besiedelten Gebieten steigen die
Temperaturen sogar um bis zu zwei Grad Celsius an. Das zeigen Simulationen, die etwa für die Hauptstädte
Paris und Madrid durchgeführt wurden sowie eine Echtzeitstudie über Phoenix, die sechstgrößte
Stadt der USA.
Die Ursache für den Temperaturanstieg: Die Kühlgeräte setzen Abwärme frei, welche die Außentemperatur
steigen und urbane Hitze-Inseln entstehen lässt. Als Folge muss in den Gebäuden wieder mehr gekühlt
werden – „ein Teufelskreis“, sagt Mock. Obwohl die Klimageräte tagsüber am meisten Wärme erzeugen,
beeinflussen sie die Lufttemperatur in den Straßen nachts weitaus stärker als am Tag.
Knapp 30 Prozent mehr Nachfrage nach Fernkälte
„Um dem Aufheizen der Städte entgegen zu steuern und Energie effizient einzusetzen, ist Fernkälte
eine saubere und effiziente Alternative“, sagt Mock. Die Nachfrage nach der umweltschonenden Fernkälte hat
vergangenes Jahr österreichweit ein Rekordhoch erreicht: Insgesamt wurden 138 Gigawattstunden Fernkälte
verbraucht. Das sind 28,8 Prozent mehr als 2014. Und mit Fernkälte wird auch in Zukunft zur Dämpfung
des Stromverbrauchs beigetragen: AWISTA, die Abwicklungsstelle für die Fernwärme- und Fernkälteausbauförderung,
beziffert die gesamte Stromeinsparung von den aktuell genehmigten Fernkälteprojekten mit 40 Gigawattstunden
pro Jahr – das entspricht dem jährlichen Stromverbrauch von rund 15.000 Haushalten.
Stromfresser Klimaanlagen
Durch den Einsatz von Fernkälte kann der hohe Stromverbrauch von konventionellen Kühlgeräten
also maßgeblich reduziert werden. Laut der österreichischen Energieagentur verbraucht ein durchschnittliches
Raumklimagerät in einem Monat etwa so viel Strom wie ein Kühlschrank mit Gefrierfach in einem ganzen
Jahr.
So wurden im Versorgungsgebiet der Wiener Netze 2015 an einem heißen Tag 33.410 Megawattstunden Strom verbraucht
– das entspricht etwa dem jährlichen Bedarf von 10.000 Haushalten. Zahlen der EVN zeigen: Auch im Versorgungsgebiet
von Netz Niederösterreich war der Verbrauch an besonders heißen Tagen um knapp zehn Prozent höher
als an üblichen Sommertagen. Seitens der Energie Steiermark heißt es, dass Klimaanlagen, die rund 30
Tage jährlich in Betrieb sind, den Stromverbrauch eines durchschnittlichen Haushalts um rund 15 Prozent erhöhen.
Fernkälte-Netzausbau 2015
Weil im Sommer nicht geheizt wird, wird für das Herstellen von Fernkälte unter anderem nutzbare Abwärme
aus Industrie, Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen oder Abfallverbrennung verwendet. Die saubere Kälte verbraucht
gegenüber herkömmlichen Klimaanlagen fünf bis zehn Mal weniger Primärenergie und spart ebenso
viel an Kohlendioxid (CO2).
Der verstärkte Fernkälteleitungsausbau kann maßgeblich zur Verminderung von Treibhausgasen beitragen.
Vergangenes Jahr wurde der Ausbau vorangetrieben: Die Länge des Fernkältenetzes stieg um rund 27 Prozent
und beträgt somit österreichweit knapp 18 Kilometer. In Wien soll die Fernkälteleistung bis 2020
auf 200 Megawatt ausgebaut werden. Das entspricht der Kühlleistung von weit mehr als 1,2 Millionen herkömmlichen
Kühlschränken.
„In 20 Jahren wird Europa in etwa so viel Kühlenergie wie Heizenergie benötigen“, sagt Mock: „Fernkälte
stellt eine wichtige und umweltfreundliche Energieeffizienzmaßnahme dar. Industrie- und Großkunden
nützen Fernkälte über das gesamte Jahr: Zum Kühlen von technischen oder medizinischen Geräten,
Servern, Großküchen oder Laboratorien im Winter sowie zum Klimatisieren von Bürogebäuden,
Spitälern oder Einkaufszentren im Sommer.“
Über Fernkälte
Fernwärme wird im Sommer ebenso wie im Winter zur Wärmeversorgung und Warmwasseraufbereitung erzeugt
und gleichzeitig zur Herstellung der umweltfreundlichen Fernkälte eingesetzt. Dieselben Energiequellen, die
für die Erzeugung von Fernwärme benutzt werden, kann man auch als Antriebsenergie für Kältemaschinen
verwenden. Sogenannte „Absorptionskältemaschinen“ nutzen Abwärme aus Industrie, KWK-Anlagen oder Abfallverbrennung,
die das ganze Jahr zur Verfügung stehen. Wie bei der Fernwärme, werden die Objekte zentral versorgt (oder
auch dezentral, dann wird eine Kältezentrale beim Verbraucher errichtet). Isolierte Rohre transportieren das
auf 6 Grad Celsius gekühlte Wasser zum Kunden, mit etwa 16 Grad Celsius fließt es zur neuerlichen Abkühlung
wieder zurück.
|