Gespräch über "Leidenschaften" zwischen Salzburger Erzbischof und den "Jedermann"-Schauspielern
Peter Lohmeyer (Tod) und Christoph Franken (Teufel)
Salzburg (kap) - Es kommt wohl nicht oft vor, dass Bischöfe Aug' in Aug' und noch dazu auf Du und Du
mit Tod und Teufel an einem Tisch Platz nehmen, um über Leidenschaften zu plaudern. So geschehen jedoch am
Abend des 04.08. im Bischofsgarten in Salzburg, wo Erzbischof Franz Lackner zu einem Begegnung mit den beiden "Jedermann"-Schauspielern
Peter Lohmeyer (Tod) und Christoph Franken (Teufel) geladen hatte. Der Einladung, die im Rahmen der heurigen "Salzburger
Hochschulwochen" ausgesprochen wurde, waren rund 300 interessierte Zuhörer gefolgt - und was sie geboten
bekamen, war ein kurzweiliges und zugleich tief schürfendes Gespräch, in dem alle drei Gesprächsteilnehmer
ein gemeinsames Lob auf ein leidenschaftliches Leben anstimmten, ohne den Wert der Gelassenheit gering zu schätzen.
Er selbst habe mit den Leidenschaften - anders als die klassische Theologie - kein Problem, so Lackner. Auch wenn
sich ein Bischof "gewisse Leidenschaften nicht mehr leisten" könne bzw. sich etwa in seinem öffentlichen
Auftritten sprachlich stärker beherrschen müsse. Für ihn persönlich sei daher auch Sehnsucht
eine wichtige Leidenschaft, da diese das Leben in Schwung halte - und ihn auch durch manche ernüchternde und
langatmige Sitzung hindurch trage, die es im Leben eines Bischofs auch gebe. Er sei jedoch "leidenschaftlich
Priester und Bischof", so Lackner, auch wenn er keinen Hehl daraus machte, dass auch der bischöfliche
Alltag "Trockenperioden" kenne.
Leidenschaftlich empfinde er persönlich auch das Fragen und Suchen nach Gott. So lebe er inzwischen seit über
35 Jahren mit Gott - und zugleich mit der Sehnsucht nach Gewissheit im Glauben: "Ich denke oft: Lieber Gott,
auch wenn es dich vielleicht nicht gibt, es ist toll, an dich zu glauben". Dies sei gewiss nicht als frevlerische
Aussage misszuverstehen, sondern vielmehr als Ausdruck des aufrichtigen und leidenschaftlichen Suchens, das auch
als Bischof nicht ende. Der Kirche wünschte Lackner schließlich leidenschaftliche Menschen, die für
Gott brennen, ohne zugleich - jung Verliebten gleich - den Verstand auszuschalten.
Lohmeyer: Leidenschaft ist Zeichen des Suchens
Leidenschaftlich in Rede und Auftreten zeigte sich Schauspieler Peter Lohmeyer: "Ich stehe leidenschaftlich
zur Leidenschaft und hoffe, sie bleibt mir bis zum Ende". Leidenschaft verstehe er als eine Grundhaltung des
modernen Menschen, die nicht durch Gelassenheit aufgehoben werden dürfe: Schließlich erfordere die Dramatik
der Gegenwart - politisch wie gesellschaftlich - leidenschaftliche Existenzen: "Es geht einfach nicht, sich
zurückzulehnen. Wir müssen leidenschaftlich helfen, leidenschaftlich aufeinander zugehen". Das Leben
erfahre er insofern stets als ein bewegtes, denn: "Leidenschaft ist das Zeichen einer nicht enden wollender
Suche".
Dem stimmte auch Schauspieler Christoph Franken zu, der im "Jedermann" den Teufel spielt. Es gebe zwar
immer auch Formen krankhafter Leidenschaft wie Besessenheit - er erfahre jedoch gerade angesichts der Geburt seines
Kindes vor wenigen Monaten, was für eine starke Triebkraft die Leidenschaft darstelle. Es gelte, Menschen
und das, was man tut, "mit Leidenschaft zu lieben", so der Schauspieler: "Wir sollten mehr Leidenschaft
im Leben wagen - das Abwarten, Zaudern und Heraushalten ist nicht zeitgemäß".
Moderiert wurde das Gespräch im Bischofsgarten in der Salzburger Innenstadt von der "Presse"-Journalistin
Ulrike Weiser. Es schloss sich ein Gartenfest für die Teilnehmer und Gäste an, bei dem sich der Erzbischof
unter die Gäste mischte und angeregt weiter über das Thema Leidenschaften austauschte. Noch bis 7. August
findet die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema im Rahmen der "Salzburger Hochschulwochen"
an der Universität Salzburg statt. Höhepunkt wird ein Festakt mit einem Vortrag des Vorsitzenden der
Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx.
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