Zwei, eins, Risiko: Männer haben höhere
Risikobereitschaft als Frauen
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erstellt am
04. 08. 16
11:00 MEZ
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Linz (jku) - Zahlt sich Risiko aus? Neigen Männer tatsächlich zu mehr Risiko als Frauen und werden
dafür belohnt? Könnte ein wesentlicher Grund für die Einkommensunterschiede von Männern und
Frauen in unterschiedlicher Risikobereitschaft liegen? Forscher der Johannes Kepler Universität Linz untersuchen
aktuell diese Fragen und haben nun einen neuen Forschungsbericht veröffentlicht.
Riskantes Verhalten ist schwierig zu untersuchen, da selten beobachtet werden kann, welche Möglichkeiten die
EntscheidungsträgerInnen haben. Es gibt zwar viel empirische Evidenz zu Risikoverhalten, deren Aussagekraft
ist aber üblicherweise eingeschränkt. "Feldversuche sind nahezu unmöglich, weil die Rahmenbedingungen
fast nicht zu kontrollieren sind", so René Böheim vom Institut für Volkswirtschaftslehre
der JKU. Er untersucht gemeinsam mit Christoph Freudenthaler und Mario Lackner das Risikoverhalten von Männern
und Frauen in kompetitiven Umfeldern - zuletzt anhand von Basketballspielen.
Unzählige Wurfversuche
Im Rahmen der Studie wurden die Daten von 12 Frauen und 30 Männerteams der prominentesten US Profi-Ligen
(NBA und WNBA) erhoben, wobei die Forscher die Spiele der Playoff-Turniere von 2002/03 bis 2013/14 analysiert
haben. Der Vorteil: Im Basketball gibt es klar abgrenzbare riskante Strategien (schwierige 3-Punkt-Würfe)
und weniger riskante Strategien (die leichteren 2-Punkt-Würfe). Männer zeigten sich insgesamt in kritischen
Situationen deutlich risikobereiter als Frauen: "3-Punkt-Versuche erfolgen aus größerer Distanz
und scheitern natürlich öfter. Wir haben gesehen, dass gerade gegen Ende eines Viertels Männer signifikant
häufiger den riskanten 3-Punkt-Versuch wählen."
Konkret: Liegen Männer in der letzten Spielminute mit 1 oder 2 Punkten im Rückstand, steigt die Wahrscheinlichkeit,
den riskanten 3-Punkt-Wurf zu versuchen, um 7 Prozent. Bei Frauen sinkt diese Wahrscheinlichkeit in vergleichbaren
Situationen hingegen um 9,5 Prozent.
Generell zeigt sich, dass männliche Profiteams umso öfter die riskantere Strategie wählten, je mehr
auf dem Spiel stand. "Bei knappem Spielstand erhöhten die Männer das Risiko, versuchten also öfters
riskante Würfe. Frauen neigten in derselben Situation dazu, das Risiko zu vermeiden." Auch in Turnier-Spielen,
in denen bei einem Sieg der Aufstieg in die nächste Runde erreicht werden konnte, gingen die Männer höheres
Risiko ein, wenn das Spiel bei knappem Rückstand auf der Kippe stand. Die weiblichen Profis hingegen versuchten
lieber, Fehlwürfe zu vermeiden. "Man könnte sagen: Die männlichen Teams wollen eher den Sieg
erzwingen und weibliche Teams wollen eher die Niederlage vermeiden", so Studienautor Lackner.
Auf andere Bereiche anwendbar
Die Studie zeigt, dass es tatsächlich unterschiedliches Risikoverhalten bei Männern und Frauen in
kompetitiven Wettbewerben gibt. Dieser Unterschied wird von potenziellen Konsequenzen stark beeinflusst. "Insofern
kann dieses Ergebnis durchaus auf vergleichbare Umfelder umgelegt werden, z.B. auf Entscheidungen in Management-Positionen,
Verhalten auf Finanzmärkten, Besetzung von Positionen auf höherer Ebene in Unternehmen", so Mario
Lackner.
Beide Strategien ebenbürtig
Und lohnt sich die Risikobereitschaft der männlichen Basketballspieler? Kaum, so der Befund der Forscher.
Die Erfolgsquoten riskanter Würfe bei engem Spielstand in der entscheidenden Phase eines Spiels liegen bei
Männern wie auch Frauen gleich. Insofern kann männliche overconfidence als klassischer Erklärungsansatz
für den Geschlechterunterschied im Risikoverhalten nicht bestätigt werden: Es gibt in den zugrundeliegenden
Daten kein Indiz dafür, dass Männer zu viel oder Frauen zu wenig Risiko eingingen.
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