Hotspot mit über 800 Schmetterlingsarten entdeckt – Bundesforste-Studie weist 824 Schmetterlingsarten
in Brandenbergs Wäldern nach - Sensationeller Erstnachweis und zahlreiche Neufunde
Purkersdorf (bundesforste) - Augsburger Bär, Spanische Fahne, Ulmen-Zipfelfalter oder Gelber Hermelin
– trotz ihrer auffällig klingenden Namen sind viele der heimischen Schmetterlingsarten bereits selten geworden.
Umso erfreulicher sind daher die Ergebnisse einer aktuellen Forschungsstudie, die die Österreichischen Bundesforste
(ÖBf) für ihre Wälder im Tiroler Brandenbergtal in Auftrag gegeben haben: Sensationelle 824 Schmetterlingsarten
– rund ein Viertel davon auf den Roten Listen als „gefährdet“ eingestuft – konnten in aufwändiger, dreijähriger
Forschungsarbeit nachgewiesen werden. „Unsere Wälder im Brandenbergtal sind wahrlich ein Hotspot der Artenvielfalt“,
freut sich Rudolf Freidhager, Vorstand der Bundesforste, die rund 15 % der heimischen Wälder und auch die
Waldgebiete rund um Brandenberg im Sinne der Nachhaltigkeit bewirtschaften. „Die Studie belegt somit, dass naturnah
bewirtschaftete Wälder höchst wertvolle Lebensräume zur Förderung der heimischen Artenvielfalt
bilden“, setzt Freidhager fort. Durchgeführt wurde die Studie von den Schmetterlingsforschern Kurt Lechner
und Alois Ortner, ergänzt durch wertvolle Daten mit Neufunden von Peter Huemer vom Tiroler Landesmuseum. Weitere
Unterstützung erfolgte von EU, Land Tirol und dem Naturschutzbund Österreich.
Erstmals nachgewiesen und wiederentdeckt
Zahlreiche sensationelle Schmetterlingsfunde brachten die intensiven Forschungsarbeiten im Tal der Schmetterlinge
zu Tage: So wurde der bisher nur aus Finnland bekannte Grasminierfalter (Elachista deriventa) zum ersten Mal in
Mitteleuropa nachgewiesen. Ebenso erstmals in Westösterreich konnten die Forscher sechs Schmetterlingsarten
beobachten. Weitere zwölf Arten waren vorher noch gar nicht aus Tirol bzw. Nordtirol bekannt. Jede vierte
aller im Brandenbergtal gezählten Arten gilt bereits als äußerst selten und findet sich auf den
Roten Listen. Umso erfreulicher also, dass der seit langem verschollene Trauerspanner (Baptria tibiale) - eine
Nachtfalterart, die in feuchtwarmen, lichten Laubwäldern lebt - wiederentdeckt werden konnte. Dass auch europaweit
geschützte Arten im Tiroler Brandenbergtal einen idealen Lebensraum finden, zeigen Nachweise des Gelbringfalters
(Lopinga achine), des Quendel-Ameisenbläulings (Maculinea arion) oder der Spanischen Fahne (Euplagia quadripunctaria).
„Die Laub- und Nadelwälder des Brandenbergtals gelten botanisch als besonders vielfältig an unterschiedlichen
Baumarten, Kräutern und Gräsern“, weiß Rudolf Freidhager. Neben Waldrändern und Lichtungen
haben sich der natürliche Schluchtwald entlang der Tiefenbachklamm, Unterer und Oberer Kaiserboden sowie der
lichte Kiefernwald an der Weißachmündung als ideale Lebensräume erwiesen.
Schmetterlinge als Bioindikatoren für intakte Wälder
Die in mehreren Arten und teils großer Anzahl nachgewiesenen Flechtenbärchen belegen die hohe Qualität
der Luftgüte im Brandenbergtal. Wie kaum eine andere Organismengruppe gelten Schmetterlinge als geeignet,
um Vielfalt und Gesundheit eines Waldökosystems zu bestimmen. Sie ernähren sich in ihren Wachstumsstadien
nicht nur von Gehölzen, Kräutern und Gräsern, sondern auch von Farnen, Moosen, Flechten, Pilzen,
Algen, lebendem oder totem Holz und abgestorbenen Pflanzen auf dem Waldboden.
Forschen bei Tag und Nacht
Über einen Zeitraum von drei Jahren konnten die Forscher abertausende Schmetterlinge akribisch dokumentieren.
Tagaktive Arten wurden visuell bzw. durch Fang mit dem Schmetterlingsnetz bestimmt. Nachtaktive Arten lockten die
Forscher mit unterschiedlichen Lichtquellen und Ködermischungen aus Rotwein und Zucker zur Identifizierung
an. Der Lockstoff, der besonders anziehend auf Nachtfalter wirkt, wurde in der blütenarmen Zeit im Herbst
auf Baumstämme aufgetragen. Raupen wurden tagsüber oder nachts mit Taschenlampen gesucht. Bei schwer
oder gar nicht zu bestimmenden Arten führten die Forscher zusätzliche mikroskopische Untersuchungen durch.
Artenvielfalt im Wirtschaftswald
Die Waldgebiete des Brandenbergtals stehen voll in Bewirtschaftung und gelten gleichzeitig als besonders artenreiche
Laub- und Nadelwälder. Vor allem Rotbuchen und Fichten, aber auch Weiß-Tannen, Berg-Ahorne, Eschen,
Berg-Ulmen und Weiden unterschiedlicher Altersklassen prägen die Waldlandschaften. Besondere Bedeutung kommt
den gepflegten Waldrändern mit ihrer Vielfalt an Gräsern, Kräutern und Sträuchern als Lebensraum
für Schmetterlinge und Insekten zu. Sie bilden die wichtige Brücke zu Wildwiesen im Lebensraumverbund.
„Mit kluger und naturnaher Waldbewirtschaftung können wir sowohl den nachwachsenden Rohstoff Holz zur Verfügung
stellen als auch unserer heimischen Fauna und Flora natürlichen und vielfältigen Lebensraum bieten“,
so Freidhager abschließend.
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