Die St. Anna Kinderkrebsforschung erhält die Erlaubnis zur Erforschung einer neuen Methode
zur Behandlung lebensbedrohlicher Virusinfektionen nach Stammzelltherapie.
Wien (ccri) - Bei der Behandlung krebskranker Kinder mit Spenderstammzellen besteht trotz zahlreicher nennenswerter
Fortschritte in der jüngsten Vergangenheit weiter die Gefahr schwerer Virusinfektionen. Eine neue Immuntherapie,
die in der St. Anna Kinderkrebsforschung in enger Zusammenarbeit mit dem St. Anna Kinderspital entwickelt wurde,
könnte einen entscheidenden Schritt vorwärts bedeuten. Die „Arzneimittel für neuartige Therapien“-Methode
(auch ATMPs für Advanced Therapy Medicinal Products) kommt derzeit in einer klinischen Phase-I/II-Studie zur
Anwendung.
Das zelltherapeutische Verfahren beruht darauf, einfach und schnell die nur in geringen Mengen im Blut des Stammzellspenders
vorkommenden „guten“ virusspezifischen T-Zellen mittels Zellkultur innerhalb von zwölf Tagen zu vermehren
und gleichzeitig die potenziell „bösen“ alloreaktiven T-Zellen, die sich gegen den Empfänger richten
könnten, zu verringern. Das ist eine massive Verbesserung, denn bisher waren Methoden zur Herstellung virusspezifischer
T-Zellen sehr kosten- und zeitintensiv (bis zu zwölf Wochen). Außerdem mussten sich die Spender einer
stundenlangen Zellsammlung unterziehen.
Die Zukunft der Behandlung
Bei der innovativen Herstellungsvariante werden aus nur 100 Millilitern Spendervollblut weiße Blutzellen
isoliert. Diese werden in weiterer Folge mit Eiweißbestandteilen (Peptiden) der potenziell pathogenen Adeno-
und Cytomegaloviren sowie mit Botenstoffen wie Interleukin-15 in einer Zellkultur stimuliert und vermehrt. Nach
Verabreichung sind diese T-Zellen im Patienten in der Lage, sehr spezifisch gegen virusinfizierte Zellen vorzugehen
und somit den Empfänger dauerhaft gegen das Virus zu schützen, ohne gefährliche Reaktionen auszulösen,
was früher oft eine unerwünschte und gefährliche Nebenwirkung bei der Gabe von Spender-T-Zellen
war.
Tatsächlich ebnet diese Methode nicht nur den Weg für eine breite Anwendung derartiger Therapien, sondern
kann außerdem auf andere Viren, wie das Epstein-Barr-Virus (EBV) oder Polyomaviren, ausgeweitet werden. Darüber
hinaus könnte das Verfahren künftig auch eine wichtige Rolle bei Therapien gegen EBV-induzierte Tumoren
(z. B. B-Zelllymphome) und bei viralen Infektionen nach Organtransplantationen spielen.
„Die Hürden bei der Zulassung einer ATMPs-Therapie für klinische Studien sind, aus Sicht der Forschung,
besonders herausfordernd, da hier nicht die Wissenschaft alleine, sondern vor allem die Patientensicherheit im
Vordergrund steht“, erläutert René Geyeregger, St. Anna Kinderkrebsforschung, Gründer und Leiter
der Studie. „Wir sind stolz, dass uns das nach nur drei Jahren gelungen ist“, so Geyeregger.
„Wenn sich in dieser Studie die Sicherheit und Wirksamkeit der neuen Zelltherapie bestätigen, können
wir in Zukunft nicht nur das Überleben der Kinder mit lebensbedrohlichen Virusinfektionen nach einer Stammzelltransplantation
verbessern, sondern auch die Nebenwirkungen der Virusmedikamente deutlich verringern“, ergänzt Susanne Matthes,
OA St. Anna Kinderspital, klinische Studienleitung.
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