Wien (fwf) - Die Restaurierungsarbeiten am Chinesischen Rundkabinett, Teil der exquisiten ostasiatischen Raumausstattungen
in Schloss Schönbrunn, sind großteils abgeschlossen, im Chinesischen Ovalkabinett laufen die Arbeiten
weiter auf Hochtouren. Sie basieren auf einem mit Unterstützung des Wissenschaftsfonds FWF erstellten Restaurierungskonzept.
Klein und exklusiv: Die „Chinesischen Kabinette“ mit ihren ostasiatischen Raumausstattungen in Schloss Schönbrunn
waren ursprünglich nicht für ein großes Publikum bestimmt. Zutritt erhielten nur Mitglieder des
Hochadels, Minister und Botschafter, die dort im intimen Rahmen politische Themen besprachen. Seit Mitte 2015 werden
diese später zum Publikumsmagnet avancierten Kabinette restauriert. Denn Verkehrsvibrationen, ein hoher Besucherandrang
und unsachgemäße Restaurierungsarbeiten haben Räume und Inventar über die Zeit massiv beschädigt.
Ein Forschungsteam um Gabriela Krist von der Universität für angewandte Kunst Wien hat im Rahmen eines
Projekts des Wissenschaftsfonds FWF ein Konzept für die Restaurierung und sachgemäße Wiederaufstellung
der Exponate erarbeitet. Die darauf basierenden restauratorischen Arbeiten am Rundkabinett sind nun großteils
abgeschlossen.
Höfisches Leben auf blutigem Grund
Das Projekt widmete sich der Ausstattung der beiden Kabinette und des Porzellanzimmers, die wertvolle Lacktafeln,
Blaugouachen und Porzellane enthält. Für das Restaurierungskonzept erforschte das Team die Geschichte
der Objekte, ihrer Materialien und Herstellung. Sie befundeten unter anderem 125 Lacktafeln unterschiedlichster
Provenienz, die in die weiß-goldenen Holzvertäfelungen der Wände integriert sind. DNA-Analysen
zeigten, dass die Grundierung der Tafeln aus China Schweineblut enthält: „Schweineblut als Bestandteil der
Grundierung ist Teil der traditionellen chinesischen Herstellungstechnik. Das Blut wurde mit Kalk und Ziegelmehl
vermischt, um das Holzpaneel zu isolieren und einen geeigneten Untergrund für die Lackarbeit zu schaffen.
Die Herstellung einer solchen Grundierung war kostengünstig und besonders bei großformatigen Werken
beliebt“, erläutert Krist.
Vermissten-Fahndung
Durch Projektrecherchen gelang außerdem der Beweis, dass die Lacktafeln um 1900 zerschnitten wurden:
Danach zierten die Tafelrückseiten die Wände. Zur Freude des Projektteams konnten die verloren geglaubten
Vorderseiten im Depot der Bundesmobilienverwaltung wiedergefunden werden. „In Zukunft werden die wiederentdeckten
Tafelvorderseiten in den Schönbrunner Kabinetten zu sehen sein“, so Krist. „Diese zeigen prachtvolle, in goldener
Farbe ausgeführte Darstellungen auf schwarzem Grund. Neben Szenen des höfischen Lebens und der Jagd sind
auch Landschaftsdarstellungen mit spielenden Kindern.“
Gebohrt, verklebt & übermalt
In den vergangenen Monaten wurden die wertvollen Porzellane der Kabinette in eigens eingerichteten Ateliers
in Schloss Schönbrunn restauriert, darunter auch drei verschwunden geglaubte und im Frühstückszimmer
wiedergefundene Vasen. Das Team um Krist arbeitete die Restaurierungsgeschichte der Porzellane auf und entwickelte
ein Montagekonzept für die reversible und sichere Wiederaufstellung auf den geschnitzten Wandkonsolen, die
aus der Vertäfelung herausragen. „Die 252 befundeten Porzellane weisen allesamt Löcher in den Böden
auf. Archivrecherchen und eine technologische Untersuchung der Schrauben zeigten uns, dass dieser Eingriff zur
Befestigung auf den Konsolen schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts getätigt wurde – zum Leidwesen vieler Porzellane,
die dabei zu Bruch gingen“, erläutert Krist.
Restaurierungssünden beheben
Auch danach erfolgten Eingriffe, von denen man heute absehen würde. Ein Viertel der Gefäße
und Figuren wurde, so Krist, großflächig übermalt und eine Vielzahl der Porzellane mit den Konsolen
verklebt: „Vor allem in der letzten Montagephase im 20. Jahrhundert wurde Polyesterharz als Klebstoff nicht nur
zwischen Objekt und Konsole aufgetragen, sondern auch großzügig in die Gefäße gegossen.“
Die derzeitigen Arbeiten beheben diese vergangenen Restaurierungssünden. Das Montagekonzept sieht eine sichere
und reversible Befestigung der Porzellane auf den Konsolen mittels Wachsen vor. Die historischen Schraubstifte
werden wiederverwendet, wobei auf eine gute Isolierung zwischen Metall und Porzellan geachtet wird.
Neben der Rückführung der Lacktafeln und Porzellane werden im Rundkabinett weiters die Luster und die
kunstvollen Einlegearbeiten des Holzfußbodens behandelt. Der Abschluss der Restaurierung beider Kabinette
ist für 2017 geplant. Die Forschungsarbeiten im Rahmen des vom FWF geförderten Projektes tragen zur erfolgreichen
Umsetzung der restauratorischen Maßnahmen an diesem österreichischen UNESCO-Weltkulturerbe bei.
Zur Person
Gabriela Krist studierte Restaurierung an der Akademie der bildenden Künste Wien und Kunstgeschichte an der
Universität Salzburg. Seit 1999 wirkt sie als Universitätsprofessorin an der Universität für
angewandte Kunst Wien und leitet das Institut für Konservierung und Restaurierung. Zahlreiche Publikationen
und Forschungsprojekte sind Teil ihrer Karriere wie auch ihr Engagement in nationalen und internationalen Verbänden,
etwa im österreichischen Denkmalbeirat, im International Institute for Conservation of Historic and Artistic
Works (IIC) und im International Centre for the Study of the Preservation and Restoration of Cultural Property
(ICCROM) sowie in internationalen Projekten, wie beispielsweise in Patan, Nepal, Neu Delhi, Indien oder auch in
der Mongolei. Gabriela Krist ist Trägerin des österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft &
Kunst.
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