Österreichs Wirtschaft im Sommer besser in Fahrt – Bank Austria Konjunkturindikator steigt
auf 1,0 Punkte: Verbesserte Konsumentenstimmung führt zu bestem Wert seit über zwei Jahren
Wien (bank austria) - „Die Erholung der österreichischen Wirtschaft setzt sich fort. Der Bank Austria
Konjunkturindikator ist im Juli den dritten Monat in Folge gestiegen. Mit aktuell 1,0 Punkten erreicht unser Indikator
sogar den besten Wert seit über zwei Jahren“, meint Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer. Der Bank
Austria Konjunkturindikator befindet sich seit Beginn des laufenden Jahres im Aufwärtstrend. Seit Beginn der
zweiten Jahreshälfte zeigt sich nun sogar eine stärkere Verbesserung, die eine Beschleunigung der Konjunktur
im dritten Quartal erwarten lässt. „Nach der eher trägen Konjunkturentwicklung im Frühling weist
der aktuelle Bank Austria Konjunkturindikator auf eine spürbare Belebung der Wirtschaft über den Sommer
hin. Die Verunsicherung durch die Brexit-Entscheidung der Briten hat sich bisher nicht negativ niedergeschlagen“,
so Bruckbauer.
„Im dritten Quartal dürfte das Wirtschaftswachstum um bis zu 0,4 Prozent zum Vorquartal betragen“, analysiert
Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl und ergänzt: „Nach dem guten Start ins Jahr und den erhöhten
Schwung über den Sommer erwarten wir für das Gesamtjahr 2016 das Wirtschaftswachstum mit 1,5 Prozent
weiterhin klar über dem Vergleichswert des Vorjahres, obwohl zum Jahreswechsel hin die Unsicherheiten aufgrund
der Brexit-Entscheidung die Konjunkturerholung etwas verlangsamen werden.“
Konsumenten optimistischer, Industriestimmung robust
Das zu Beginn der zweiten Jahreshälfte nun freundlichere Konjunkturklima, das der aktuelle Bank Austria Konjunkturindikator
widerspiegelt, ist vor allem der verbesserten Stimmung der heimischen Konsumenten zu verdanken. Zwar ist die Stimmung
immer noch verhalten, jedoch hat die Stabilisierung am Arbeitsmarkt seit Jahresbeginn sowie die Reform der Lohn-
und Einkommenssteuer bei niedriger Inflation dazu beigetragen, dass der Tiefpunkt überwunden wurde und die
Lage immerhin so günstig gesehen wird, wie seit rund zwei Jahren nicht mehr. Die Geschäftseinschätzung
der österreichischen Unternehmer hat sich dagegen im Juli nicht mehr weiter verbessert, obwohl die Vorgaben
aus Europa günstig sind. Der mit dem österreichischen Außenhandel gewichtete europäische Vertrauensindikator
ist auf ein Zweijahres-Hoch gestiegen, getragen von der anhaltend positiven Entwicklung in Deutschland und einer
Aufhellung in Italien und in den meisten osteuropäischen EU-Mitgliedsländern.
Ruhe vor dem Sturm?
Die Konjunkturstimmung ist in Europa von der Brexit-Entscheidung bislang weitgehend unbeeindruckt geblieben, auf
den britischen Inseln ist sie jedoch deutlich gesunken. Während sich die Turbulenzen auf den Kapitalmärkten
wieder gelegt haben und die negativen Effekte hier offenbar verdrängt werden, zeigt sich neben den Stimmungsindikatoren
auch bereits im Handel, am Immobilienmarkt und nicht zuletzt im Kursverlust des britischen Pfund um rund 10 Prozent,
dass der Brexit nicht ohne wirtschaftliche Folgen über die Bühne gehen wird. „Wir gehen davon aus, dass
die Folgen der Brexit-Entscheidung für die europäische Wirtschaft und auch für Österreich rund
um den Jahreswechsel 2016/17 am stärksten spürbar sein werden. Ein wirtschaftlicher Sturm steht nicht
bevor, die laufende Erholung wird aber eine Delle erhalten. Das Wirtschaftswachstum wird im Euroraum von 1,6 im
Jahr 2016 auf 1,0 Prozent 2017 zurückgegen und in Österreich von 1,5 auf 1,1 Prozent“, meint Bruckbauer.
Sowohl der Außenhandel als auch die Investitionstätigkeit werden sich durch die neuen Rahmenbedingungen
zurückhaltender entwickeln. Die anhaltende Konsumstärke wird nicht ausreichen, um dies zu kompensieren.
Arbeitslosenquote steigt im zweiten Halbjahr an
Die Stabilisierung der Lage am Arbeitsmarkt, die seit Jahresbeginn 2016 zu beobachten war, ist zu Ende. Der Aufwärtstrend
der Arbeitslosenquote hat in Österreich im Juli wieder eingesetzt. Österreich zählt mit Luxemburg
und Finnland zu jenen drei Ländern in der Europäischen Union, die trotz der im Frühjahr 2013 eingesetzten
Konjunkturerholung Mitte 2016 eine höhere Arbeitslosenquote als vor drei Jahren ausweisen. Dies ist für
Finnland und zum Teil für Österreich auf eine unterdurchschnittliche Konjunkturentwicklung zurückzuführen.
Ebenso wie in Luxemburg ist in Österreich aber vor allem die starke Ausweitung des Arbeitskräfteangebots
für den Anstieg verantwortlich. In Österreich ist seit 2013 das Arbeitskräfteangebot nach Eurostat-Daten
um rund 60.000 Personen bzw. 1,4 Prozent gestiegen, im EU-Durchschnitt dagegen nur um 0,8 Prozent. Der Anstieg
in Österreich ist ausschließlich auf ein Plus von Arbeitskräften aus dem Ausland zurückzuführen,
während die Anzahl inländischer Arbeitskräfte sogar leicht zurückgegangen ist. Die Arbeitslosenquote,
die zur Jahresmitte 2016 gemäß Eurostat-Daten über 6 Prozent beträgt und damit um rund einen
Prozentpunkt über dem Wert vor drei Jahren liegt, wäre um rund 0,6 Prozentpunkte tiefer, wenn das Arbeitskräfteangebot
in Österreich nur wie im EU-Durchschnitt gestiegen wäre.
„Auch wenn die Konjunkturerholung anhält, ist in Österreich in den kommenden Monaten mit einer steigenden
Arbeitslosenquote zu rechnen – aufgrund des voraussichtlich etwas stärker steigenden Arbeitskräfteangebots
beeinflusst durch das vermehrte Auftreten von Personen mit Asylstatus oder subsidiärem Schutz am Arbeitsmarkt
. Im Jahresdurchschnitt 2016 erwarten wir einen Anstieg der Arbeitslosenquote auf 6,1 Prozent beziehungsweise nach
nationaler Definition auf 9,3 Prozent“, prognostiziert Pudschedl. Die Dynamik des Arbeitskräfteangebots wird
dabei eine sehr unterschiedliche Entwicklung der Arbeitslosenquoten in den Bundesländern bestimmen. Während
in den westlichen Bundesländern unterstützt durch eine etwas günstiger Konjunktur ein leichter Rückgang
der Arbeitslosenquoten im Jahresdurchschnitt 2016 im Vergleich zum Vorjahr in Sicht ist, sorgt der stärkere
Anstieg des Arbeitskräfteangebots in den östlichen Bundesländern für ein Plus. Insbesondere
in Wien wird die Arbeitslosenquote spürbar ansteigen und mit rund 14 Prozent Rekordniveau erreichen.
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