Ein Quanten-Chip, der Infrarotbilder aufnehmen kann – und zwar schneller und ohne aufwändige
Kühlung: Eine Erfindung der TU Wien verspricht spannende Anwendungsmöglichkeiten.
Wien (tu) - Ein Schiff ist gekentert – weit draußen am Meer. Schwimmen irgendwo noch hilfesuchende
Überlebende herum? Mit einer Wärmebildkamera, auf einer Drohne montiert, lässt sich das auch bei
Nacht rasch feststellen. Doch für Kameras, die Infrarotstrahlung detektieren, gibt es auch noch viele andere
Einsatzszenarien. Man könnte sie zum Beispiel in der Umwelttechnik verwenden, um bestimmte Chemikalien nachzuweisen.
An der TU Wien gelang es nun, einen neuartigen Infrarot-Detektor zu entwickeln, der mehrere Vorteile vereint: Er
ist schnell, muss nicht gekühlt werden und lässt sich ganz spezifisch auf bestimmte Wellenlängen
optimieren.
Wärme und Quanten
„Grundsätzlich gibt es heute zwei Typen von Detektoren für Infrarotstrahlung“, erklärt der Elektrotechniker
Prof. Gottfried Strasser, Leiter des Zentrums für Mikro- und Nanostrukturen an der TU Wien. „Thermische Detektoren,
die auf Wärme reagieren, und photonische Detektoren, in denen die einfallende Strahlung quantenphysikalische
Prozesse auslöst.“
Zur ersten Gruppe gehören die sogenannten Bolometer. Sie enthalten elektronische Bauteile, die von der Strahlung
erwärmt werden und dadurch ihren elektrischen Widerstand ändern. Das geht nicht besonders schnell und
nicht besonders präzise, aber es genügt, um beispielsweise ein Wärmebild eines Gebäudes zu
erstellen und zu sehen, an welchen Stellen die Wärmedämmung verbessert werden muss.
Photonische Detektoren hingegen funktionieren ganz anders: In ihnen wird Infrarotlicht absorbiert, Elektronen werden
dadurch in einen höheren Energiezustand versetzt, und diese Zustandsänderung der Elektronen wird dann
gemessen. „Ein großes Problem dabei ist allerdings der Dunkelstrom“, sagt Strasser. „Auch wenn gar keine
Infrarotstrahlung auf den Detektor trifft – ein gewisses Hintergrundsignal, ein permanentes Grundrauschen bekommt
man immer.“
Das hat damit zu tun, dass man an diese Detektoren eine Spannung anlegen muss. Der Detektor wird warm, durch Wärmeprozesse
im Detektormaterial werden dieselben elektronischen Vorgänge ausgelöst wie durch das Infrarotlicht, das
man eigentlich detektieren möchte. Ab einer gewissen Temperatur wird der Detektor unbrauchbar, daher kühlt
man die Geräte meist mit flüssigem Stickstoff. Wenn eine aufwändige Kühlung nötig ist,
werden die Detektoren allerdings teuer, groß und schwer.
Quantenkaskaden-Detektor
An der TU Wien ging man einen anderen Weg: Man baute einen Array aus Quantenkaskaden-Detektoren. Sie bestehen aus
mehreren Schichten mit jeweils unterschiedlichen elektronischen Eigenschaften. Spannung muss keine angelegt werden,
das Bildrauschen ist gering, eine Kühlung ist nicht nötig.
Hergestellt wurde ein Detektor-Chip mit 8x8 Pixeln, der auf Infrarotstrahlung mit einer Wellenlänge von 4,3µm
reagiert. „Es ging darum, das Prinzip zu demonstrieren, ein Hochskalieren auf eine höhere Pixel-Anzahl wäre
technisch kein Problem“, sagt Gottfried Strasser. Auch die Wellenlänge, auf die der Detektor optimiert ist,
lässt sich gezielt anpassen. Das bietet besonders interessante Möglichkeiten:
Infrarotstrahlung kann Moleküle nämlich zu bestimmten Vibrationen oder Rotationen anregen. Zu jeder dieser
Anregungen gehört eine ganz bestimmte Wellenlänge. Daher können unterschiedliche Moleküle unterschiedliche
Infrarot-Wellenlängen absorbieren, jedes Molekül hat einen ganz spezifischen Infrarot-Fingerabdruck,
anhand dessen man es zweifelsfrei identifizieren kann. Eine Infrarot-Kamera, die hochspezifisch Strahlung mit ganz
bestimmten Wellenlängen abbildet, könnte man daher nutzen, um auf einen Blick die Verteilung unterschiedlicher
Moleküle zu ermitteln.
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