ACADEMIA SUPERIOR und Club OÖ diskutieren in Alpbach die Folgen der Digitalisierung
Alpbach/Linz (academia superior) - Was sind die Folgen des digitalen Wandels für unsere Gesellschaft
und Arbeitswelt? Wie wird sich unser Verständnis von Freiheit und Identität verändern? Antworten
auf diese und andere Fragen suchten der Club Alpbach Oberösterreich und der Think Tank ACADEMIA SUPERIOR bei
einem gemeinsam veranstalteten Kamingespräch im Rahmen des Europäischen Forums Alpbach.
Arbeitswelt, Identität und die Freiheit des Menschen
Mit dem renommierten Philosophen Univ.-Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann von der Universität Wien und Univ.-Prof.
Dr. Kurt Matzler, Strategie- und Innovationsexperte der Universität Bozen, diskutierten zwei Impulsgeber der
Extraklasse mit dem Humangenetiker und wissenschaftlichen Leiter von ACADEMIA SUPERIOR, Univ.-Prof. Dr. Markus
Hengstschläger und über 100 Studierenden des Forum Alpbach. Landesrat und ACADEMIA SUPERIOR-Obmann Dr.
Michael Strugl betonte in seiner Begrüßung die Notwendigkeit, dass unbequeme Fragen gestellt und offen
diskutiert werden. „Aus diesem Grund veranstaltet ACADEMIA SUPERIOR Treffen wie diese, um ergebnisoffen und faktenorientiert
über die Erfordernisse der Zukunft zu sprechen“, so Strugl. Auch die Präsidentin des Club Alpbach OÖ
Jasmin Berghammer, MSc, schätzt diese Möglichkeit zum Gedankenaustausch zwischen Studierenden und Wissenschaftern.
Künstliche Intelligenz außer Kontrolle?
Müssen wir unser Verständnis von „Arbeit“ und deren Bedeutung radikal verändern, wenn Maschinen
intelligenter werden und immer mehr Arbeitsbereiche automatisiert werden? Was machen wir, wenn künstliche
Intelligenzen lernen, sich selbst weiter zu entwickeln? „Dieser Punkt wird kommen und die Entwicklung wird ab dann
nicht mehr lenkbar sein“, führte Matzler aus, woraufhin Liessmann betonte: „Die Hoheit über den Stromstecker
muss der Mensch behalten“. Generell warnte Liessmann vor dem „schleichenden Entstehen einer digitalen Kontrollgesellschaft,
wenn die Menschen ihre Entscheidungsfähigkeit zunehmend an Maschinen delegieren. Denn Unmündigkeit ist
angenehm“, so der Philosoph.
Als positives Beispiel der künstlichen Intelligenz zum Nutzen der Menschheit wurde das Computersystem Watson
genannt, das als Assistenzsystem für Ärzte auch seltene Krankheiten dank Datenabgleich mit Millionen
Einträgen sehr rasch diagnostizieren kann. Doch auch dieses wirft sowohl Fragen der künftigen Qualifizierung
von Ärzten als auch Haftungsfragen bei Fehldiagnosen oder Fehlentscheidungen auf. Vom potenziellen Ende des
freien Willens sprach Matzler, wenn Menschen zunehmend aufgrund von bestimmten Merkmalen automatisiert bewertet
werden und ihr zukünftiges Verhalten durch Computer vorhergesagt wird. „Wird es einmal so weit sein, dass
manche Menschen keinen Führerschein mehr machen dürfen, weil eine Big Data-Analyse prognostiziert, dass
sie wahrscheinlich schlechte Fahrer sein werden?“, fragte Matzler.
Die Digitalisierung bremsen oder offensiv mitgehen?
Allen Gefahren zum Trotz wird die Digitalisierung immer größere Bereiche unserer Gesellschaft verändern,
zeigte sich Kurt Matzler überzeugt: „Denn die prognostizierten Gewinne aus der Digitalisierung sind für
Europa doppelt so hoch wie die potenziellen Verluste, die durch eine weitere Automatisierung und Digitalisierung
entstehen könnten. Man kann die Digitalisierung nur bremsen, sicher nicht aufhalten“. Hier widersprach der
Philosoph: „Digitalisierung ist kein Naturgesetz. Wenn sich die Gesellschaft dagegen entscheidet, wird sie auch
nicht weiter vorangetrieben werden. Eine kleine politische Krise und Silicon Valley ist eine Fußnote der
Geschichte. Dies ist ein Umstand den wir nicht vergessen sollten“, erklärte Liessmann abschließend.
Weitreichende Fragen der Studierenden
Die zahlreichen kontroversen Fragen der Stipendiatinnen und Stipendiaten brachten zusätzlichen Schwung und
eine Vielfalt an weiteren Aspekte in die Diskussion: Wie steht es um die menschliche Freiheit in der „schönen
neuen Welt“? Wer übernimmt Haftungsfragen für Fehlentscheidungen künstlicher Intelligenzen? Bringt
Technologie neue Abhängigkeit? Welche kulturelle Signifikanz hat Arbeit? Welche Folgen hat Digitalisierung
für die Gesellschaft und Umwelt? Brauchen wir eine Wertschöpfungsabgabe um unseren Wohlfahrtsstaat erhalten
zu können?
Die Debatte zeigt, dass das Menschenbild 2.0 im Angesicht der Digitalisierung noch viel Stoff für Diskussion
bietet. Die Möglichkeit, diesen Diskurs führen zu können, ist die „schöne neue Welt“, wie Strugl
abschließend betonte.
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