Aktuelle Studie: Wie können Oberösterreichs Innovationspotenziale noch besser ausgeschöpft
werden?
Linz (lk) - Vorrangiges Ziel der Wirtschaftspolitik in Oberösterreich ist es, dass unser Bundesland
sich in den Top-Wirtschaftsregionen Oberösterreichs nachhaltig etablieren soll: "Dazu gilt es, ein möglichst
wachstums- und investitionsfreundliches Klima in Oberösterreich zu schaffen. Ein wesentlicher Ansatzpunkt
dazu ist die noch bessere Ausschöpfung der Innovationspotenziale in unserem Bundesland", betont Wirtschafts-Landesrat
Dr. Michael Strugl. Damit könnte nicht nur die Beschäftigung in Oberösterreich erhöht werden,
sondern es würden auch Wertschöpfung und Einkommen gesteigert, unterstreicht Landesrat Strugl.
Um hier die geeigneten Ansatzpunkte zu identifizieren, hat Wirtschafts-Landesrat Strugl eine regionalwirtschaftliche
Analyse in Auftrag gegeben: "Die nun vorliegende Studie hat zum einen untersucht, wo im Wirtschafts- und Branchengefüge
des Standortes Oberösterreich "Innovationspotenziale" liegen und wie diese besser als bisher ausgeschöpft
werden können. Zum anderen quantifiziert die Studie die regionalwirtschaftlichen Effekte im Hinblick auf Wertschöpfung,
Beschäftigung und Einkommen, die eine bessere Ausschöpfung der OÖ. Innovationspotenziale mit sich
bringen würde", erläutert Landesrat Strugl.
Weiters wurde untersucht, welche regionalpolitischen Maßnahmen zur Ausschöpfung dieser Innovationspotenziale
in anderen Regionen erfolgreich eingesetzt wurden, die auch für den Standort Oberösterreich geeignet
erscheinen.
Die Studie wurde von Univ.-Prof. Dr. Friedrich Schneider vom Institut für Volkswirtschaftslehre an der Johannes
Kepler Universität Linz und von Dr. Florian Wakolbinger von der Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung
(GAW) in Innsbruck erstellt.
Steigerung von Wertschöpfung, Beschäftigung und Einkommen durch Ausschöpfung der Innovationspotenziale
Die Studie kommt zum Schluss, dass durch Ausschöpfung der Innovationspotenziale zusätzliche Arbeitsplätze
in Wissenschaft und Technologie im Bundesland Oberösterreich geschaffen werden könnten. Der Anteil der
Arbeitnehmer/innen in Wissenschaft und Technologie gilt als Schlüsselindikator zur Messung von Innovationspotenzialen
bzw. deren Ausschöpfung.
Das diesbezügliche Potenzial wird in Oberösterreich auf mehr als 100.000 neu geschaffene Arbeitsplätze
geschätzt. Erfahrungsgemäß werden durch Innovationen zwar nicht nur neue Arbeitsplätze geschaffen,
sondern es gehen aufgrund von Effizienzsteigerungen und der Verdrängung von älteren Produkten vom Markt
gleichzeitig auch welche verloren. Der Nettoeffekt ist jedoch positiv.
Zwei Szenarien als Ergebnis der Analyse
Als Ergebnis der Analyse wurden folgende zwei Szenarien für den Standort Oberösterreich formuliert:
Im Szenario "Top-10" wird davon ausgegangen, dass es Oberösterreich durch Ausschöpfung der
Innovationspotenziale schafft, zu den Top-10 EU-Regionen hinsichtlich Beschäftigung in Wissenschaft und Technologie
vorzudringen. Derzeit liegt Oberösterreich diesbezüglich auf Platz 114 von 256 Regionen (Regionen, die
ausschließlich Hauptstädte von EU-Staaten umfassen, wurden nicht berücksichtigt). Um die Top-10
zu erreichen, wären knapp 80.000 neue Arbeitsplätze im Bereich Wissenschaft und Technologie nötig.
Im Szenario "Experten" wird auf der Basis von Experten-Gesprächen von einem etwas stärkeren
Effekt von 110.000 neu geschaffenen Arbeitsplätzen im Bereich Wissenschaft und Technologie aus.
Regionalwirtschaftliche Effekte für Oberösterreich im Detail
Für die beiden Szenarien wurden die regionalwirtschaftlichen Effekte für das Bundesland Oberösterreich
simuliert. Dabei zeigt sich, dass bei Ausschöpfung der Innovationspotenziale gemäß Szenario "Top-10"
das Bruttoregionalprodukt um jährlich knapp 9,0 Mrd. Euro und im Szenario "Experten" um 12,5 Mrd.
Euro steigen würde. Die Beschäftigung würde im Szenario "Top-10" um rund 102.000 und im
Szenario "Experten" um gut 143.000 Jahresvollzeitäquivalente steigen, die regionale Lohnsumme in
Szenario "Top-10" um 4,5 Mrd. Euro bzw. knapp 6,3 Mrd. Euro im Szenario "Experten".
Bei den genannten Zahlen sind sowohl direkte Effekte (aus dem zusätzlichen Absatz innovativer Produkte) als
auch indirekte (aus erhöhter Vorleistungsproduktion) und induzierte Effekte berücksichtigt. Letztere
entstehen dadurch, dass die im Rahmen der direkten und indirekten Effekte erzielten Einkommen in Form von Konsum
und Investitionen wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückfließen und so wiederum zusätzliche
Einkommen erzeugen.
Der direkte Beschäftigungseffekt ist jeweils exakt jener (Netto)Beschäftigungseffekt, der im Rahmen
der Szenarienbildung aus der Gegenüberstellung von zusätzlicher Beschäftigung bei der Produktion
innovativer Produkte und verloren gegangener Beschäftigung aufgrund von Effizienzsteigerungen und Produktverdrängungen
ermittelt wurde. Die indirekten und induzierten Effekte ergeben sich analog zur indirekten und induzierten Wertschöpfung
im Wege erhöhter Vorleistungsproduktion und Rückflüssen von Einkommen in Form von zusätzlichem
Konsum und zusätzlichen Investitionen in den Wirtschaftskreislauf.
103.000 bis 143.000 zusätzliche Beschäftigte
In Summe ist im Rahmen von Szenario "Top-10" mit knapp 103.000 zusätzlichen Beschäftigten
und in Szenario "Experten" mit rund 143.000 zusätzlichen Beschäftigten (Vollzeitäquivalenten)
zu rechnen. Die zusätzliche Beschäftigung hat, im Vergleich zum Arbeitskräftepotenzial (ca. 800.000
Personen) ein sehr großes Ausmaß. Wenn aufgrund besserer Ausschöpfung der Innovationspotenziale
die in den beiden Szenarien beschriebenen Situationen eintreten, so kann der Beschäftigungszuwachs sicherlich
nicht alleine von Personen aus dem Bundesland Oberösterreich bewerkstelligt werden. Vielmehr ist mit einer
Zuwanderung von Arbeitskräften zu rechnen.
Die indirekten und induzierten Effekte belaufen sich in Summe auf etwa 130 Prozent des direkten Effektes.
Maßnahmen zur Ausschöpfung der Innovationspotenziale
Im Rahmen der Analyse, welche regionalpolitischen Maßnahmen zur Ausschöpfung dieser Innovationspotenziale
in anderen Regionen erfolgreich eingesetzt wurden, die auch für den Standort Oberösterreich geeignet
erscheinen, hat sich ein zentraler Grundsatz gezeigt: Der Wissenstransfer zwischen Firmen untereinander sowie Firmen
und Bildungseinrichtungen steht als "Motor der Innovationen" im Vordergrund.
Gutes Innovationsklima in einer Region durch "verwandte Vielfalt"
Ein gutes Innovationsklima in einer Region ist durch "verwandte Vielfalt" der Firmen, Bildungseinrichtungen,
Finanzierungsinstitutionen und Behörden gekennzeichnet. Die Vielfalt der unterschiedlichen Firmen ist notwendig,
um Wissen zwischen den Firmen sinnvoll transferieren zu können. Ein gewisses Maß an Verwandtheit (des
Denkens) ist aber ebenfalls erforderlich, anderenfalls kann das transferierte Wissen nicht aufgenommen und genutzt
werden. Der Erfolg von "verwandter Vielfalt" hat sich etwa in Regionalstudien für die Niederlande
oder für Italien gezeigt.
Spin-off-Prozesse, Arbeitnehmeraustausch, Netzwerke
Die Kanäle, über die ein Wissenstransfer erfolgen kann, sind Spin-off Prozesse, Arbeitnehmeraustausch
und Netzwerke. Erfolgreiche regionale Innovationspolitik muss diese Kanäle öffnen, etwa durch Förderung
von Spin-off Gründungen, Flexibilisierung der Arbeitsmärkte bei gleichzeitigem Angebot von Weiterbildung
für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie durch Förderung des Studierendenaustauschs. Im Hinblick auf
Netzwerke zeigt sich, dass diese regionsübergreifend funktionieren sollten. Ausschließlich regionale
Netzwerke tendieren dazu, um sich selbst zu kreisen und dabei bestehendes Denken zu fördern. Innovationen
und Effizienzsteigerungen werden zudem durch "übertriebene Loyalität" zwischen den vernetzten
Unternehmen behindert, wenn die Netzwerke nicht offen sind.
Erfolgreiche Innovationspolitik muss stets die Spezifika der jeweiligen Region berücksichtigen
Zudem hat sich gezeigt, dass erfolgreiche Innovationspolitik stets die Spezifika der jeweiligen Region berücksichtigen
muss. Weder kann ein- und dasselbe Konzept für viele verschiedene Regionen zum Erfolg führen, noch ist
ein Konzept, das in einer Region zum Erfolg geführt hat, auch für eine andere Region notwendigerweise
adäquat. Für die Auswahl von förderungswürdigen Branchen bedeutet dies insbesondere, dass auf
die in der Region bestehende Branchenstruktur aufgesetzt werden sollte.
Maßnahmen für Oberösterreich:
Im Rahmen der Studie wurden unter anderem folgende Maßnahmen identifiziert, die zur besseren Ausschöpfung
der oberösterreichischen Innovationspotenziale beitragen können:
- Verbesserung des Transfers von Forschungs- & Entwicklungs-Ergebnissen in
die Wirtschaft
- Internationale Vernetzung der oö. Forschung & Entwicklung mit Spitzenforschungsinstituten
- Weiterentwicklung der außeruniversitären Forschung
- Verstärkte Kooperation zwischen den Clustern
- Förderung der Start-up-Szene in Oberösterreich, vor allem hinsichtlich
datenbasierter Geschäftsmodelle
- Anreicherung der Lehrpläne in Schulen um Zukunftstechnologien
- Strategische Abstimmung der Forschung & Entwicklung in Oberösterreich
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