Hochkarätig besetzter Arbeitskreis zum Thema Internationaler Handel bei den Wirtschaftsgesprächen
in Alpbach
Alpbach/Wien (pwk) - „Wir leben in einer globalisierten Welt, in der Österreich ein im Vergleich kleines Land
ist. Trotzdem - oder gerade deswegen - war, ist und bleibt der internationale Handel für uns existenziell
und unverzichtbar“, hob WKÖ-Vizepräsident Jürgen Roth in seinen Einleitungsworten zum Arbeitskreis
„Internationaler Handel – Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft“ hervor. Immerhin gehen mehr als 50% der in Österreich
produzierten Güter ins Ausland, hunderttausende Arbeitsplätze in unserem Land hängen direkt oder
indirekt am Export. Ohne Exporte wäre die österreichische Wirtschaft in den vergangenen Jahren nicht
gewachsen, sondern geschrumpft, rief Roth in Erinnerung.
Der von Ralf Kronberger, Leiter der Abteilung Finanz- und Handelspolitik der Wirtschaftskammer Österreich
(WKÖ), geleitete Arbeitskreis hatte zum Ziel, internationalen Handel auch abseits der ökonomischen Fragen
zu beleuchten und zukünftige Entwicklungen zu diskutieren.
Mit Fakten aus Schweden wartete die schwedische Gewerkschafterin Susanne Lindberg Elmgren auf. Das Land ist - wie
Österreich – sehr exportorientiert. Einer Erhebung zufolge stimmen 78% der in Schweden Befragten der Aussage
zu, Globalisierung sei dem Wirtschaftswachstum zuträglich. Im Schnitt der EU-28 sehen das nur 57% so. „Wir
mögen Veränderung“, führte sie aus. Sie selbst habe keine Berührungsängste vor neuen,
sondern vielmehr vor alten, überholten Technologien.
Fabienne Fortanier, Head of Trade Statistics bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(OECD), führte aus, dass man sich der immer weiter fortschreitenden Fragmentierung in der Warenproduktion
gewärtig sein müsse: Oft steckt in den Exporten ein großer Anteil von Importen. Das – Stichwort
„intermediate products“ sei jedoch eine Entwicklung, die bereits seit mehreren Jahrzehnten im Gange ist. Doch wie
damit umgehen? Die OECD hat gemeinsam mit der Welthandelsorganisation WTO die Initiative „Trade in Value Added“,
kurz TiVA, ins Leben gerufen. Dabei sollen Erhebungen und Berechnungen aufzeigen und in Datenbankform darstellen,
wo die Herstellung von Produkten geschieht (oft in Land A), wo die Verarbeitung, das Versehen mit Mehrwert (möglicherweise
in Land B) und wo die Waren konsumiert werden (Land C). „Importe sind wichtig für Exporte“, so Fortanier:
Ohne die zur Produktion notwendigen Importe – sowohl im Bereich Rohstoffe, aber auch in Sachen Know-How – gebe
es auch keine Warenausfuhr, so Fortanier.
Soziologe Richard Münch, aktuell als Senior Professor an der Zeppelin Universität Friedrichshafen tätig,
zeigte auf, dass beginnend mit der Nachkriegszeit das Wachstum des internationalen Handels in der Vergangenheit
einen positiven Beitrag zum Wohlfahrtsstaat geleistet hat, indem er Beschäftigungsverluste in einige Industriezweigen
ausgeglichen hat. Seit den 1980er-Jahren war der Wohlfahrsstaat nicht mehr ausreichend in der Lage soziale Sicherheit
zu bieten. Auf die steigende soziale Unsicherheit muss man auf EU- und auf nationaler Ebene mit intelligenten Maßnahmen
diese soziale Sicherheit wieder herzustellen.
Jacques Pelkmans, Senior Research Fellow am Center of European Policy Studies (kurz CEPS) in Brüssel, unterstrich,
dass (internationaler) Handel beträchtliche Stimulanzwirkung für Wirtschaftswachstum entfalten kann,
das brauche aber Zeit. Die EU stehe für Handel und Wachstum, das sei auch schon bei der Europäischen
Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) der Fall gewesen, „und es hat gut funktioniert“, so Pelkmans. In Österreich
ist seit geraumer Zeit die politische und öffentliche Diskussion über das Freihandelsabkommen TTIP entglitten,
so der Experte, der auch die Idee einer Freihandelszone (FTA) mit China aufs Tapet brachte.
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