Tiroler Festival für Neue Musik von 08.09. bis 25.09.2016
Schwaz (klangspuren) - Die 23. Ausgabe des Tiroler Festivals für neue Musik KLANGSPUREN nimmt die jungen
Sterne am Himmel der Gegenwartsmusik in den Fokus. Eine neue Generation von Musikerinnen und Musikern, von Komponisten
und Komponistinnen hat sich auf den Weg gemacht. Sie gehen unbefangener als ihre Vorgänger mit der Geschichte
der Musik und ihren Avantgarden um, sie tummeln sich vielfach in heterogenen Strömungen, auch in popkulturellen
und improvisatorischen Sphären. Sie schätzen die "Performance". Ihre Haltung lässt sich
kennzeichnen als spielerische Renitenz, als unverbohrte Lust an lakonischer Dekonstruktion, als Neugier auf konzeptuelle
Reflexion, als Freude an Ironie und Witz, gepaart mit hochprofessionellen Spielfertigkeiten und kenntnisreichem
Umgang mit digitalen Technologien und Medien. Hier liegt der Reiz auf der Hand, sich mit musikalischer Anverwandlung
von popularkulturellen und massenmedialen Chiffren zu beschäftigen, wie sie in Comics, Mangas, Cartoons, Graffitis
und anderen Formen "schneller", lapidarer und stilisierender Ikonisierung zum Ausdruck kommen.
Durch die Gründung der Internationalen Ensemble Modern Akademie (IEMA) vor 13 Jahren hat das Ensemble Modern,
die weltberühmte Spezialformation für neue Musik, frühzeitig sein Engagement für die Förderung
und Ausbildung des professionellen Nachwuchses in der neuen Musik deutlich gemacht. Und von Anfang an ist das Festival
KLANGSPUREN mit einer zweiwöchigen IEMA-Sommerakademie als Partner dabei - Anlass genug, in 2016 die IEMA
einmal beispielhaft in ihrer großen Dimension, in ihrer vollen Breite und Tiefe zu präsentieren. Die
13. KLANGSPUREN IEMA erweitert ihren gewohnten Kern um ein großes Eröffnungskonzert mit dem ENSEMBLE
MODERN ORCHESTRA, das sich aus den aktuellen Klangspuren-Akademisten, ehemaligen und aktuellen Teilnehmern des
einjährigen Meisterkurses der IEMA in Frankfurt und dem eigentlichen Ensemble Modern zusammensetzt. An den
Folgetagen des Eröffnungswochenendes werden diese Musikergruppen in Konzerten mit Werken überwiegend
sehr junger Komponisten jeweils auch separat zu hören sein - ein Kosmos junger Sterne wird sichtbar.
Mit Enno Poppe als dirigierendem Composer in Residence wurde eine vielseitige und international geschätzte
Künstlerpersönlichkeit gewonnen, die als Pionier und Galionsfigur der Generation junger "Dekonstruktivisten"
gelten kann. Das Festival stellt in diesem Kontext überdies eine Reihe von Ensembles neuen Typs vor - netzwerkartig
arbeitende Musikerkollektive, deren Repertoire auf der Basis konzeptueller Ideen in enger Zusammenarbeit mit wenigen
ausgewählten Komponisten entsteht: ensemble mosaik, Black Page Orchestra, zeitkratzer, Trio Catch, Ensemble
Nikel, True Lobster, Duo Enßle-Lamprecht, ensemBle baBel, "A" Trio.
In erstmaliger Koproduktion mit dem Kunstraum Innsbruck und in Kooperation mit der Nationalgalerie im Hamburger
Bahnhof - Museum für Gegenwart - Berlin und Freunde Guter Musik Berlin werden in zwei markanten Projekten
mit Jorinde Voigt und Christian Marclay international renommierte Künstler in Ausstellungen und Musikperformances
mit neuen Arbeiten vorgestellt, in deren Werk sich beispielhaft der Brückenschlag zwischen Bildender Kunst
und Musik manifestiert: KUNST WIRD PARTITUR.
Am letzten Wochenende rückt das Thema der "musikalischen" Comics, Cartoons und Graffitis in überraschenden
Programmen mit "einschlägigen" Musikern in den Vordergrund: Zunächst mit der Vorstellung der
neu geschaffenen graphischen Partitur To Be Continued von Christian Marclay in Form eines üblichen Comic-Heftes,
die zusammen mit seinen visuellen Partituren Zoom Zoom und Manga Scroll im Kunstraum Innsbruck ausgestellt wird,
sowie musikalischen Realisationen dieser und anderer (photo)graphisch-filmischer Partituren von Christian Marclay
durch die bekannten amerikanischen Experimentalvokalisten Shelley Hirsch und David Moss sowie das Westschweizer
ensemBle baBel. Dann folgt am Abschlusstag das beeindruckende Projekt Wormholes des libanesischen Zeichners Mazen
Kerbaj mit den E-Gitarristen Sharif Sehnaoui und Tony Elieh, bei dem Kerbaj auf einer Glasplatte in Echtzeit abstrakte
Animationen und comic-hafte figürliche Bilder entstehen lässt - ein live gezeichneter Film, untermalt
von einem massiven Live Soundtrack.
Weiters sind die Beiruter Künstler im Rahmen der LATE NITE LOUNGES mit ihrer experimentellen, post-dadaistischen
Formation "A" Trio zu genießen ebenso wie die Band Denseland, ein witzig-poetisch-lakonisches Trio
zwischen Lyrik und Elektronik mit dem Vokalisten und Spontandichter David Moss, dem Tiroler Hannes Strobl am E-Bass
und dem Schlagzeuger und Elektroniker Hannes Leichtmann.
Dem Leitthema entsprechend werden auch die "jüngsten Sterne", die sich in der Komponierwerkstatt
für Jugendliche KLANGSPUREN LAUTSTÄRKER entwickeln, im Festival aufleuchten, wenn ihre von professionellen
Jungmusikern gespielten neuen Werke im Rahmen eines Vorkonzerts uraufgeführt werden. Das gleiche gilt für
die Instrumentenbauwerkstatt und musikalische Wunderkammer des Kinderprojektes KLANGSPUREN BARFUSS - die kleinen
Menschen präsentieren eine Performance mit ihren selbstgebauten Fantasie-Instrumenten ebenfalls im Vorprogramm
eines Festivalkonzerts. Weitere bewährte Sonderformate wie die Wohnzimmerkonzerte RENT A MUSICIAN mit den
internationalen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Klangspuren-Akademie werden fortgeführt. Die musikalische
Pilgerwanderung wird, nachdem im letzten Jahr am Arlberg an der westlichen Grenze Tirols der Höhepunkt erreicht
war, im Osten am Pass Strub neu ansetzen und durch wunderbare milde Landschaft nach Weitau in St. Johann i.T. führen.
Die Kurzkonzerte in den Kirchen am Weg werden von jungen, in ihrer Mehrzahl österreichischen Musikern im Solo
und Duo in unterschiedlichen, aufeinander abgestimmten Besetzungen bestritten.
Zum Abschluss von KLANGSPUREN 2016 spielt am 24.09. Klangforum Wien - das international gerühmte Flaggschiff
der österreichischen Neue Musik-Ensembles - ein spannendes, den thematischen Rahmen zusammenfassendes Programm
mit Werken von Eva Reiter, Johannes Kalitzke, Bernhard Gander und Ond?ej Adámek.
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