Neue Herausforderungen für staatliche
 Exportgarantien durch wachsende Internationalisierung

 

erstellt am
06. 09. 16
09:00 MEZ

Wien (wifo) - Staatliche Exportgarantien federn das Finanzierungsrisiko im Außenhandel ab. Jährlich werden für knapp 2% der Warenexporte Exportgarantien zugesagt. Angesichts der zunehmenden Integration österreichischer Unternehmen in internationale Wertschöpfungsketten verändern sich sowohl der Bedarf an einer solchen Risikoabsicherung als auch die damit verbundenen wirtschaftspolitischen Anforderungen und Ziele. Derzeit steht z. B. eine Anpassung der Anforderungen an den Mindestanteil an inländischer Wertschöpfung am Exportwert für eine staatliche Exportgarantie zur Diskussion; sie soll der verstärkten Internationalisierung der Exporteure Rechnung tragen.

Im internationalen Handel ist die Lieferung auf Ziel wegen längerer Transportwege das dominante Zahlungsverfahren und umfasst etwa 80% der Geschäftsfälle. Das verbleibende Fünftel beruht auf Vorauskassageschäften. In beiden Fällen können Finanzierungsbeschränkungen ein Exportgeschäft behindern oder sogar unterbinden. Die Republik Österreich unterstützt deshalb im Rahmen des Ausfuhrförderungsgesetzes österreichische Unternehmen durch Bundeshaftungen für Lieferforderungen aus Exportgeschäften. Die Exportgarantien für grenzüberschreitende Lieferforderungen sind auf nicht marktfähige Risiken beschränkt. Im Jahr 2015 wurden 3,8 Mrd. € an Exportgarantien und Wechselbürgschaften neu gezeichnet und damit am Jahresende ein Haftungsobligo von 26,2 Mrd. € erreicht. Damit betrug das Verhältnis der Neuzusagen zu den Waren- und Dienstleistungsexporten (ohne Reiseverkehr) laut OeKB 1,7%. Das betriebswirtschaftliche Ergebnis der Exportgarantien ist langfristig ausgeglichen. Zwischen 1950 und 2015 ergab die Summe an Einnahmen und Ausgaben für Exportgarantien einen geringfügigen kumulierten Überschuss von 212 Mio. € bzw. 0,1% der kumulierten Haftungszusagen.

Zur Berechnung der gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen von Exportgarantien schätzte das WIFO in einem ersten Schritt den erwarteten Exportausfall nach einer Einstellung der Neuzusagen von Exportgarantien der Haftungsarten G1, G2 und G3 im Wert von 1,6 Mrd. €; das entspricht den Neuzusagen des Jahres 2014. Die Exporte i. w. S. würden nach einer Einstellung der Neuzusagen dauerhaft um 1,9% unter dem Referenzpfad liegen, das Bruttoinlandsprodukt wäre um 0,6% niedriger als in der Basislösung, und etwa 30.000 Arbeitsplätze würden verloren gehen.

Der ständige wirtschaftliche Wandel erfordert auch eine laufende Anpassung des staatlichen Exportgarantiesystems. Im letzten Jahrzehnt nahm z. B. die Integration österreichischer Unternehmen in internationale Wertschöpfungsketten deutlich zu: Der inländische Wertschöpfungsanteil österreichischer Exporte sank von durchschnittlich 76% (1995) auf 65% (2011); für einzelne Exportprodukte liegt der inländische Wertschöpfungsanteil bereits unter 50%, dem derzeit erforderlichen Mindestanteil inländischer Wertschöpfung am Exportumsatz für eine Exportgarantie. Internationale Reaktionen auf diese Entwicklung reichen von einer Senkung des Mindestanteils (Großbritannien, Niederlande, Spanien), einer Ergänzung des bestehenden hohen Mindestanteils mit Zusatzkriterien (Österreich, Polen, Schweiz, Tschechien) bis zur vollständigen Aufhebung (Italien, Kanada, Schweden).

 

 

 

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