Wien (wifo) - Staatliche Exportgarantien federn das Finanzierungsrisiko im Außenhandel ab. Jährlich
werden für knapp 2% der Warenexporte Exportgarantien zugesagt. Angesichts der zunehmenden Integration österreichischer
Unternehmen in internationale Wertschöpfungsketten verändern sich sowohl der Bedarf an einer solchen
Risikoabsicherung als auch die damit verbundenen wirtschaftspolitischen Anforderungen und Ziele. Derzeit steht
z. B. eine Anpassung der Anforderungen an den Mindestanteil an inländischer Wertschöpfung am Exportwert
für eine staatliche Exportgarantie zur Diskussion; sie soll der verstärkten Internationalisierung der
Exporteure Rechnung tragen.
Im internationalen Handel ist die Lieferung auf Ziel wegen längerer Transportwege das dominante Zahlungsverfahren
und umfasst etwa 80% der Geschäftsfälle. Das verbleibende Fünftel beruht auf Vorauskassageschäften.
In beiden Fällen können Finanzierungsbeschränkungen ein Exportgeschäft behindern oder sogar
unterbinden. Die Republik Österreich unterstützt deshalb im Rahmen des Ausfuhrförderungsgesetzes
österreichische Unternehmen durch Bundeshaftungen für Lieferforderungen aus Exportgeschäften. Die
Exportgarantien für grenzüberschreitende Lieferforderungen sind auf nicht marktfähige Risiken beschränkt.
Im Jahr 2015 wurden 3,8 Mrd. € an Exportgarantien und Wechselbürgschaften neu gezeichnet und damit am Jahresende
ein Haftungsobligo von 26,2 Mrd. € erreicht. Damit betrug das Verhältnis der Neuzusagen zu den Waren- und
Dienstleistungsexporten (ohne Reiseverkehr) laut OeKB 1,7%. Das betriebswirtschaftliche Ergebnis der Exportgarantien
ist langfristig ausgeglichen. Zwischen 1950 und 2015 ergab die Summe an Einnahmen und Ausgaben für Exportgarantien
einen geringfügigen kumulierten Überschuss von 212 Mio. € bzw. 0,1% der kumulierten Haftungszusagen.
Zur Berechnung der gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen von Exportgarantien schätzte das WIFO in einem ersten
Schritt den erwarteten Exportausfall nach einer Einstellung der Neuzusagen von Exportgarantien der Haftungsarten
G1, G2 und G3 im Wert von 1,6 Mrd. €; das entspricht den Neuzusagen des Jahres 2014. Die Exporte i. w. S. würden
nach einer Einstellung der Neuzusagen dauerhaft um 1,9% unter dem Referenzpfad liegen, das Bruttoinlandsprodukt
wäre um 0,6% niedriger als in der Basislösung, und etwa 30.000 Arbeitsplätze würden verloren
gehen.
Der ständige wirtschaftliche Wandel erfordert auch eine laufende Anpassung des staatlichen Exportgarantiesystems.
Im letzten Jahrzehnt nahm z. B. die Integration österreichischer Unternehmen in internationale Wertschöpfungsketten
deutlich zu: Der inländische Wertschöpfungsanteil österreichischer Exporte sank von durchschnittlich
76% (1995) auf 65% (2011); für einzelne Exportprodukte liegt der inländische Wertschöpfungsanteil
bereits unter 50%, dem derzeit erforderlichen Mindestanteil inländischer Wertschöpfung am Exportumsatz
für eine Exportgarantie. Internationale Reaktionen auf diese Entwicklung reichen von einer Senkung des Mindestanteils
(Großbritannien, Niederlande, Spanien), einer Ergänzung des bestehenden hohen Mindestanteils mit Zusatzkriterien
(Österreich, Polen, Schweiz, Tschechien) bis zur vollständigen Aufhebung (Italien, Kanada, Schweden).
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