Archäologische Untersuchung durch die Tiroler Landesmuseen
Innsbruck (tlm) - Im Stadtteil Mühlau in Innsbruck wurde ein beachtlicher städtebaugeschichtlicher
Fund im Vorfeld eines Bauvorhabens gemacht. Bei Bodensondierungen stieß man auf eine Holzröhrenwasserleitung,
die aus der Zeit von Kaiser Ferdinand I. oder gar Kaiser Maximilian I. stammen könnte. In Zusammenarbeit mit
dem Bauträger OFA Immobilien GmbH legte das archäologische Grabungsteam der Tiroler Landesmuseen am Oberkoflerweg
1 zwei Deichelleitungen auf einer Länge von jeweils ca. 30 Metern frei.
„Das Hinzuziehen der Tiroler Landesmuseen zu einem Projekt wie diesem verdeutlicht, dass unser archäologisches
Team großes Ansehen genießt und unsere Wissenschaftler einen wichtigen Beitrag zur Erforschung des
Landes beitragen“, betont PD Dr. Wolfgang Meighörner, Direktor der Tiroler Landesmuseen.
Dr. Gerhard Indrist, Geschäftsführer der OFA Group, hält fest: „Der Fund macht das Bauprojekt in
Mühlau zu etwas ganz Besonderem. Wir haben die Freilegung der Holzröhrenleitungen zur Dokumentation und
Bergung gerne und bestmöglich unterstützt. Dieser archäologische Nachweis zur frühen Wasserversorgung
war unerwartet und für uns eine große Überraschung.“
Röhren aus Lärchenholz
Die freigelegten Wasserleitungen bestehen aus bis zu 4 m langen Röhren aus Lärchenstämmen mit einem
Außendurchmesser von ca. 25 cm und einem Innendurchmesser von ca. 7,5 cm. Aufgrund ihrer Lagerung im mit
Hangwässern durchsetzten Schotter bzw. Torf sind sie in einem sehr guten Zustand. Die Baumrinde ist bisweilen
vollständig erhalten. Das Grabungsteam unter der Leitung von Mag. Wolfgang Sölder, Kustos der Vor- und
Frühgeschichtlichen und Provinzialrömischen Sammlungen, geht davon aus, dass die Leitungen ursprünglich
in ca. 40 cm breite, in die ehemalige Bodenoberfläche wenig eingetiefte Gräben verlegt worden waren.
Infolge späterer Vermurungen wurden sie jetzt in einer Tiefe von bis zu 2,3 m vorgefunden. Die Holzröhrenleitungen
belieferten in Mühlau wahrscheinlich Brunnen mit Wasser.
Beide Leitungen weisen dieselbe Art der Holzröhrenverbindung auf: Das talwärts gerichtete konische Röhrenende
steckt in der hangseitig geraden Stirnfront der tiefer gelegenen Folgeröhre. Die archäologische Untersuchung
ergab, dass die Bohrung mit einem über zwei Meter langen Deichelbohrer von beiden Enden des Baumstammes bis
jeweils zu dessen Mitte erfolgte.
Datierung
Holzröhren zur Wasserführung waren bereits während der Römerzeit gebräuchlich. Am Oberkoflerweg
kann man davon ausgehen, dass die Verlegung der beiden Deichelleitungen in der Neuzeit erfolgte. Im Plan der äraischen
bzw. Hofbrunnenwasserleitungen von 1796 sind die freigelegten Leitungen nicht verzeichnet. Der Plan hält den
Verlauf der 1594/95 angelegten Mühlauer Hofwasserleitung längs der Josef-Schraffl-Straße via Mühlauer
Holzbrücke über den Inn fest. In Verbindung mit der massiven Überlagerung der Röhren durch
Murenmaterial könnte sich damit der Hinweis bieten, dass die beiden Wasserleitungen Ende des 18. Jahrhunderts
nicht mehr aktiv waren. Somit wäre durchaus eine ältere Zeitstellung in Erwägung zu ziehen. Nachgewiesen
ist, dass es im Bereich des Mühlauer Badhauses (Anton-Rauch-Straße 30) Fischbehälter und nördlich
davon einen Weiher gab, die zum 1563 von Kaiser Ferdinand I. errichteten Tiroler Fischmeisteramt (Richardsweg 1)
gehörten. Die Holzwasserleitungen könnten auch damit in Verbindung gebracht werden. Eine zeitliche Eingrenzung
wird die dendrochronologische Untersuchung der Holzröhren ermöglichen.
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