Entscheidung der britischen Regierung hat keinerlei Auswirkungen auf Österreichs Klage
gegen Atomsubvention
Linz (lk) - Europas führende Rechtsexpertin in Sachen Atomanlagen & Wettbewerbsrecht, die deutsche
Anwältin Dr.in Dörte Fouquet bestätigt in einer aktuellen Stellungnahme (Auszüge unten) die
Rechtsansicht von Oberösterreichs Umweltlandesrat Rudi Anschober, dass weder die aktuelle Entscheidung der
britischen Regierung noch der Brexit-Beschluss eine Auswirkung auf die Nichtigkeitsklage Österreichs gegen
die Genehmigung von Milliardensubventionen für das britische AKW-Projekt Hinkley Point haben.
"Im Gegenteil: die Nichtigkeitsklage wird nach unserer Einschätzung im ersten Halbjahr 2017 vom EuGH
entschieden. Zu diesem Zeitpunkt ist Großbritannien nach wie vor EU-Mitglied, denn der Brexit-Prozess wird
Jahre dauern. Zumindest für diesen Zeitraum ist die Entscheidung des EuGH bindend. Entscheidet der EuGH im
Sinne Österreichs, dann wird zumindest für diesen Zeitraum der nächsten Jahre die EuGH-Entscheidung
für GB bindend sein. Damit würde sich ein Bau auf Basis der Subventionen zumindest um Jahre verzögern.
Und auch für den späteren Zeitraum ist GB je nach Umsetzungsvariante mit hoher Wahrscheinlichkeit an
das Wettbewerbsrecht gebunden und damit an das EuGH-Urteil", so Anschober.
Fouquet stellt dazu aktuell wörtlich fest: „Die jetzige Freigabe ist an die Bedingung geknüpft, dass
der Mehrheitseigner Electricité de France SA (EDF) seine Anteile nicht ohne die Zustimmung der britischen
Regierung veräußern können soll. Damit möchte die Regierung der Sorge entgegentreten, der
chinesische Staat könne über eine Mehrheitsbeteiligung an dem Projekt die Energieversorgung des Vereinigten
Königreichs gefährden. In der Zukunft will sich die britische Regierung bei Atomprojekten Sonderanteile
sichern, die einen Wechsel des Besitzers verhindern können sollen. Eine Abweichung vom bisherigen atompolitischen
Kurs Großbritanniens stellt dies jedoch nicht dar.
Die Entscheidung der britischen Regierung hat jedoch keinen direkten Einfluss auf die Rechtslage im Verfahren gegen
die Beihilfeentscheidung der Europäischen Kommission. Die Kommissionsentscheidung ist im Prinzip von der Entscheidung
Großbritanniens nicht betroffen und somit unverändert Gegenstand des Verfahrens vor dem Europäischen
Gericht. Dieses ist weiterhin in der Lage, die Genehmigung der staatlichen Beihilfe für Hinkley Point C durch
die Europäische Kommission für nichtig zu erklären.
Das Verfahren der Klägergemeinschaft der deutschen Stadtwerke, Greenpeace Energy und Ökostrom Austria
– ebenso wie das Verfahren um die Klage Österreichs gegen die Beihilfeentscheidung der Kommission – wird also
weitergeführt werden. Auch die BREXIT Abstimmung ändert hieran nichts. Noch hat Großbritannien
zum einen den Austritt nicht formell erklärt und damit das Verfahren eingeleitet, welches etwa zwei Jahre
dauern wird. In den Verfahren werden der Kommission grundsätzliche Bewertungsfehler vorgeworfen. Sollte das
Europäische Gericht bzw. der Europäische Gerichtshof dem Argument der Nichtigkeitskläger folgen,
so hätte dies wichtige Signalwirkung auch über Hinkley Point hinaus. Denn entsprechende Begehrlichkeiten
von Staaten wie Polen, der Tschechischen Republik, Ungarn und deren Interesse, ebenfalls ähnliche Fördermechanismen
für Nuklearneubauten einzuführen, wären dann vor dem Hintergrund einer entsprechenden Entscheidung
aus Luxemburg so nicht mehr begründbar. Im Falle eines Brexit hätten wir dann zwar die Situation, dass
die Kommission in Ausführung der Urteile dann eventuell nicht mehr Großbritannien auffordern könnte,
die Beihilfemaßnahme zurückzunehmen, da kein EU Mitgliedstaat mehr. Dennoch bleibt es bei der Klarheit
für andere Projekte, die eventuell in andern Mitgliedstaaten gewünscht werden."
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