FPÖ und Team Stronach lehnen 4. Dezember als neuen Wahltermin ab
Wien (pk) - Der Verfassungsausschuss des Nationalrats hat am Nachmittag des 15.09. grünes Licht für
die Verschiebung der Bundespräsidenten-Wahl gegeben. Die Abgeordneten stimmten mehrheitlich für den von
SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS am Dienstag eingebrachten Gesetzesantrag. Die durch eine Entscheidung
des Verfassungsgerichtshofs notwendig gewordene Wiederholung der Stichwahl zwischen Norbert Hofer und Alexander
Van der Bellen wird demnach nicht am 2. Oktober, sondern erst am 4. Dezember stattfinden. Grund dafür sind
schadhafte Briefwahl-Kuverts. Gleichzeitig ist eine Aktualisierung des Wählerverzeichnisses vorgesehen, um
auch jenen ÖsterreicherInnen die Wahlteilnahme zu ermöglichen, die nach dem ersten Wahldurchgang am 24.
April das 16. Lebensjahr vollendet haben. Die endgültige Entscheidung trifft der Nationalrat in der kommenden
Woche, er tritt am Mittwoch zu seiner ersten regulären Plenarsitzung im Herbst zusammen.
Geringfügige Änderungen am ursprünglichen Gesetzesantrag ( 1814/A) nahm der Ausschuss noch in Bezug
auf den Umgang der Bezirkswahlbehörden mit bereits eingelangten Briefwahlstimmen für die Oktober-Wahl
vor. Sie sollen, anders als ursprünglich vorgesehen, nicht umgehend vernichtet, sondern an die Bundeswahlbehörde
weitergeleitet werden, um bei allfälligen zivilrechtlichen Verfahren wegen der aufgetauchten schadhaften Wahlkuverts
als Beweismittel zur Verfügung zu stehen. Erst nach Verfahrensende soll der Reißwolf zum Einsatz kommen,
wobei die Bundeswahlbehörde ausdrücklich angewiesen ist, das Wahlgeheimnis auch in jenen Fällen
zu wahren, in denen eine Wahlkarte als Beweismittel herangezogen wird. Um sicherzugehen, dass auch jene ausgefüllten
Wahlkarten bei den Bezirkswahlbehörden landen, die die Gemeindeämter aus Gefälligkeit zur Weiterleitung
entgegengenommen haben, wurde von den Abgeordneten eine ergänzende Ausschussfeststellung gefasst. Weitere
Abänderungen dienen der reibungslosen Durchführung der bereits für den 4. Dezember anberaumten Bürgermeister-Nachwahl
in der Gemeinde Freistadt.
Gegen die Verschiebung der Wahl sprachen sich die FPÖ und das Team Stronach aus. FPÖ-Abgeordneter Walter
Rosenkranz ist überzeugt, dass der 2. Oktober als Wahltermin haltbar gewesen wäre. Schließlich
hätte es die Möglichkeit gegeben, die Wahlkuverts rechtzeitig nachzudrucken. Ausdrücklich stimmten
die FPÖ-Abgeordneten allerdings dafür, die Wählerevidenz neu anzulegen und damit auch jenen jungen
ÖsterreicherInnen das Wahlrecht einzuräumen, die bis zum 4. Dezember das 16. Lebensjahr erreichen. Ergänzend
hätte sich Rosenkranz allerdings die Möglichkeit gewünscht, auch die Wahlbeisitzer auszutauschen,
entsprechende gesetzliche Änderungen wären seiner Auffassung nach trotz der kurzen Fristen möglich
gewesen.
Für die Zukunft forderte Rosenkranz eine weitgehende Einschränkung der Briefwahl auf AuslandsösterreicherInnen.
Bei der Briefwahl sei die geheime, unbeeinflusste Stimmabgabe nicht gewährleistet, argumentierte er. Stattdessen
kann er sich etwa Pre-Voting-Tage vorstellen. Zweifel hat Rosenkranz auch daran, dass in Pflegeheimen die gesetzliche
Bestimmung, wonach eine Wahlkarte persönlich beantragt werden muss, immer eingehalten wird.
In allen Punkten abgelehnt wurde der Gesetzesantrag vom Team Stronach. Er sei grundsätzlich nicht dagegen,
dass jene, die mittlerweile das Wahlalter erreicht haben, an der Bundespräsidenten-Wahl teilnehmen können,
sagte Christoph Hagen, für ihn ist es aber demokratiepolitisch höchst bedenklich, dass mitten in einer
Wahl Änderungen bei den Wahlberechtigten vorgenommen werden. Seiner Auffassung nach widerspricht das auch
dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs, der eine Wiederholung der Stichwahl zu denselben Bedingungen wie bei
der ursprünglichen Stichwahl gefordert hat.
Die anderen Fraktionen werteten die Wahlverschiebung hingegen als unumgänglich. Es sei "keine leichte
Situation", meinte ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl, man müsse aber gesetzliche Schritte
setzen, um der Gefahr zu begegnen, dass die Stichwahl vom Verfassungsgerichtshof neuerlich aufgehoben wird. Auch
für SPÖ-Klubchef Andreas Schieder und Albert Steinhauser von den Grünen ist klar, dass man am 2.
Oktober keine faire und ordnungsgemäße Wahl garantieren hätte können. Es könne nicht
sein, dass ÖsterreicherInnen wegen schadhafter Kuverts um ihre Stimme umfallen, stimmte Steinhauser mit Gerstl
überein. Für Schieder ist der nunmehr gewählte Weg der vernünftigste, der Schaden für
die Demokratie sei ohnehin groß genug. Dass nun ein neuer Stichtag festgesetzt wird, um inzwischen 16-Jährigen
die Teilnahme an der Wahl zu ermöglichen, steht Schieder zufolge dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs
nicht entgegen.
Sobotka: Verwendeter Kleber entsprach nicht Ausschreibung
Ausdrücklich für eine Verschiebung des Wahltermins sprach sich auch Innenminister Wolfgang Sobotka aus.
Habe man zunächst noch geglaubt, dass es nur vereinzelte schadhafte Wahlkarten gebe, die man austauschen hätte
können, hätten sich später im Innenministerium Meldungen über die nachträgliche Auflösung
der Klebestellen der Wahlkuverts gehäuft. Laut Sobotka hat sich mittlerweile auch herausgestellt, dass ein
anderer Kleber verwendet wurde, als in der Ausschreibung vorgesehen war.
Um zu gewährleisten, dass rechtzeitig neue, fehlerfreie Briefwahlkuverts zur Verfügung stehen, plant
das Innenministerium eine Mängelrüge und eine Ersatzvornahme, wie Sobotka auf Fragen der Abgeordneten
Nikolaus Scherak (N), Walter Rosenkranz und Philipp Schrangl (beide F) erklärte. Nur so könne man sicherstellen,
dass der Wahltermin 4. Dezember hält. Der Schaden sei ohnehin jetzt schon groß genug, sagte Sobotka,
eine weitere Hinauszögerung des Wahltermins würde nicht nur der Reputation Österreichs schaden,
sondern wäre auch eine unzumutbare Belastung für die beiden Präsidentschaftskandidaten. Was das
Thema Wahlbeisitzer anlangt, appellierte Sobotka an die Parteien, Wahlzeugen zu nennen um die Arbeit der Wahlkommissionen
zu erleichtern.
Sonderbestimmungen im Bundespräsidentenwahlgesetz
Der von den Klubobleuten Andreas Schieder (S), Reinhold Lopatka (V), Eva Glawischnig-Piesczek (G) und Matthias
Strolz (N) am Dienstag eingebrachte und heute vom Verfassungsausschuss mit geringfügigen Änderungen gebilligte
Gesetzesantrag sieht konkret vor, in das Bundespräsidentenwahlgesetz "Sonderbestimmungen für die
Verschiebung der Wiederholung des zweiten Wahlganges der Bundespräsidentenwahl 2016" einzufügen.
Mit diesen Sonderbestimmungen wird nicht nur die geltende Verordnung der Regierung über die Wahlausschreibung
und den Wahltermin aufgehoben und der 4. Dezember 2016 als Wahltermin festgelegt, sondern per Verfassungsbestimmung
auch ausdrücklich angeordnet, dass die Wählerverzeichnisse neu anzulegen sind. Als Stichtag ist der 27.
September in Aussicht genommen, er ist für diverse Fristen maßgeblich.
Durch geänderte Wahlkarten-Vordrucke will man sichergehen, dass beim neuen Wahltermin nicht wieder ähnliche
Probleme bei der Briefwahl auftreten wie derzeit. In diesem Sinn wird auf die alten handelsüblichen Kuverttaschen
zurückgegriffen, die schon von 1990 bis 2009 für bundesweite Wahlen im Einsatz waren. Noch nicht bearbeitete
Anträge auf Ausstellung von Wahlkarten für die Wahl am 2. Oktober sind nach Inkrafttreten des Gesetzes
gegenstandslos.
Begründet wird die Gesetzesinitiative damit, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch nicht nur annähernd
prognostiziert werden kann, wie viele der ausgelieferten bzw. ausgestellten Wahlkarten schadhaft sind. Vor allem
der Umstand, dass sich die Seitenverklebungen bzw. die Laschenverklebung auch erst nach erfolgter Stimmabgabe oder
sogar erst nach Einlagen bei den Bezirkswahlbehörden öffnen können, habe zu großer Unsicherheit
in der Öffentlichkeit geführt, heißt es in den Erläuterungen. Die Sicherung der Freiheit der
Wahl sei jedoch eine wichtige Aufgabe der Wahlbehörden – eine Verschiebung der Wiederholung der Bundespräsidenten-Stichwahl
daher unumgänglich. Wegen der großen Zeitspanne zwischen dem ersten Wahlgang und der Wahl am 4. Dezember
wird auch die Neuauflage des Wählerverzeichnisses als "demokratiepolitisch dringend erforderlich"
erachtet.
Ein Austausch bereits verwendeter Wahlkarten bzw. die Ausstellung von Duplikaten als Alternative zur Wahlverschiebung
ist laut Antrag wegen fehlender Rechtsgrundlagen und aus logistischen Gründen keine reelle Option. Auch für
einen vollständigen Neudruck der Wahlkarten reicht die Zeit nach Ansicht der AntragstellerInnen nicht mehr
aus, vor allem im Hinblick auf die rechtzeitige Stimmabgabe durch AuslandsösterreicherInnen.
Ausschuss wird sich im Oktober mit Zentralem Wählerregister befassen
Beratungen über grundlegendere Reformen im Wahlrecht könnten bereits im Oktober starten. Der Verfassungsausschuss
hat für 17. Oktober eine Sitzung vereinbart, in der die Verhandlungen über das von den Koalitionsparteien
vorgeschlagene "Wahlrechtsänderungsgesetz 2017" aufgenommen werden sollen. Die Gesetzesinitiative
wurde bereits im Juli eingebracht und sieht als zentrale Punkte die Einrichtung eines Zentralen Wählerregisters
und die Online-Unterstützung von Volksbegehren vor.
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