LHStvin Felipe: „Klimafreundlich zur Arbeit kommen ist die Zukunft“
Innsbruck (lk) - Das Mobilitätsmanagement für die MitarbeiterInnen von Berger Logistik in Wörgl
wurde am 15.09. in Innsbruck von VCÖ, LHStvin Ingrid Felipe und ÖBB mit dem VCÖ-Mobilitätspreis
Tirol ausgezeichnet. Der Arbeitsweg ist ein relevanter Verkehrsfaktor. Jeder zweite Beschäftigte Tirols wohnt
weniger als fünf Kilometer vom Arbeitsplatz entfernt. Dennoch fährt derzeit die Mehrheit mit dem Auto
zur Arbeit.
„Der Arbeitsweg macht bei den meisten Tirolerinnen und Tirolern einen Großteil des Mobilitätsbedarfs
aus. Deswegen ist besonders relevant für Klima, Luft und Natur, wie sie zur Arbeit kommen“ – so eröffnet
LHStvin Ingrid Felipe die heutige Verleihung des VCÖ-Mobilitätspreises in Innsbruck.
„Jeder fünfte Alltagsweg der Tiroler Bevölkerung führt zur Arbeit. Bei den 20 bis 60-Jährigen
macht der Arbeitsweg rund ein Drittel der Mobilität aus. Der Arbeitsweg ist damit ein wesentlicher Verkehrsfaktor“,
stellt VCÖ-Experte Markus Gansterer fest. Durch die Mobilitätserhebung des Landes Tirols stehen umfassende
Daten zur Verfügung.
Die Mehrheit, nämlich 58 Prozent, kommt mit dem Auto zur Arbeit – davon fährt nur jeder zwölfte
in einer Fahrgemeinschaft mit. 14 Prozent kommen mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit, jeder Vierte
ist bewegungsaktiv mit dem Fahrrad oder zu Fuß zur Arbeit unterwegs.
Der VCÖ weist darauf hin, dass viele Arbeitswege kurz sind und das Potenzial, um umweltfreundlich zur Arbeit
zu kommen entsprechend groß ist. In Tirol wohnen 38 Prozent weniger als drei Kilometer vom Arbeitsplatz entfernt.
Jeder zweite Arbeitsweg ist kürzer als fünf Kilometer – eine Distanz, die ideal für das Fahrrad
ist. Und mit E-Fahrrädern können auch Distanzen bis zehn Kilometer gut zurückgelegt werden – zwei
Drittel aller Arbeitswege sind kürzer als zehn Kilometer. Nur jede achte hat mehr als 20 Kilometer zur Arbeit.
An der Preisschraube im öffentlichen Verkehr drehen…
…und zwar in die richtige Richtung: Das hat LHStvin Ingrid Felipe für das Frühjahr 2017 geplant und in
der Tiroler Landesregierung beschließen lassen. Dann bekommt Tirol neue Öffi-Jahrestickets, die StammkundInnen
des öffentlichen Verkehrs um bis zu 70 Prozent entlasten. Regional sollen „Regiotickets“ um unter 400 Euro
für bisher teilweise über doppelt so teure Strecken einen starken Anreiz zum Umstieg auf den öffentlichen
Verkehr bieten – tirolweit soll das Ticket um unter 500 Euro zu haben sein und dabei ein Pauschalangebot für
sehr lange Strecken sein, wie es in bisher noch keinem großen Bundesland angeboten wird. (St. Anton/A. –
Lienz: 270 Kilometer).
Siedlungs-/Standortpolitik entscheidend für Verkehrsmittelwahl
Großen Einfluss auf die Verkehrsmittelwahl für den Weg zur Arbeit haben die Siedlungs- und die Standortpolitik.
Zersiedelung und Betriebsansiedelungen auf der grünen Wiese führen zu Autoabhängigkeit und damit
zu mehr Autoverkehr.
„Wenn neuer Wohnraum zentrumsnah geschaffen wird und Betriebe nahe öffentlicher Verkehrsinfrastrukturen angesiedelt
werden, dann ist es den Beschäftigten möglich, umweltfreundlich zur Arbeit zu kommen“, betont VCÖ-Experte
Gansterer. Staus, Parkplatzprobleme und Autolawinen sind vermeidbar, wenn Energiesparhäuser zu Verkehrssparhäusern
weiter entwickelt werden.
Klimafreundliches Mobilitätsangebot für die regionalen Zentren
Neben dem Ballungsraum Innsbruck sind auch Tirols regionale Zentren ein wichtiger Standort für Arbeitsplätze.
Werden die Kriterien der Österreichischen Raumordnungskonferenz angewandt, dann hat Tirol zwölf regionale
Zentren: Hall in Tirol, Imst, Kitzbühel, Kufstein, Landeck, Lienz, Matrei, Reutte, Schwaz, St. Johann, Telfs
und Wörgl. In diesen zwölf Orten arbeiten mehr als 83.000 Personen, davon pendeln rund 45.000 auf dem
Umland ein.
Mit Wörgl hat Tirol jenes regionale Zentrum, das im Österreich-Vergleich (außerhalb des Ballungsraums
Wien) am besten mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar ist. „Das Mobilitätsangebot bestimmt die
Nachfrage. Wo es häufige Verbindungen gibt, sind auch viele mit Bahn und Bus unterwegs“, betont VCÖ-Experte
Gansterer.
Großes Potenzial für die Kombination von Bahn und Rad
Beim diesjährigen VCÖ-Bahntest gaben 42 Prozent der Tiroler Fahrgäste an, dass sie zumindest
gelegentlich mit dem Rad zum Bahnhof fahren, 39 Prozent der Tiroler Fahrgäste möchten Rad und Bahn häufiger
kombinieren. Tirol hat mehr als 100 Bahnhöfe und Bahnhaltestellen. Wenn die Bahnhöfe und Bahnhaltestellen
gut mit dem Fahrrad erreichbar sind, dann ist für viele „Bike & Ride“ eine Alternative.
Wichtig sind zudem für Fahrräder ausreichend Abstellplätze, die wettergeschützt und diebstahlsicher
sind. „Gerade in den Regionen kann das Fahrrad ein ideales Verkehrsmittel für die erste bzw. letzte Meile
zum Öffentlichen Verkehr sein“, so VCÖ-Experte Gansterer.
Flexiblere Arbeitszeiten und mehr Teilzeitjobs
Die Arbeitswelt ändert sich und mit ihr die Anforderungen an das Mobilitätsangebot. Die flexibler werdenden
Arbeitszeiten sowie die Zunahme an Teilzeitjobs bedeutet, dass es auch außerhalb der klassischen Pendlerzeiten
ein gutes und regelmäßiges Angebot an öffentlichen Verkehrsverbindungen braucht. Hier hat der VCÖ-Bahntest
gezeigt, dass für drei Viertel der Tiroler Fahrgäste gute Zugverbindungen am Abend eine sehr wichtige
bzw. wichtige Maßnahme sind, um häufiger mit der Bahn zu fahren.
Betriebliches Mobilitätsmanagement motiviert zum Umstieg
Betriebe und Unternehmen sind wichtige Partner, um die Beschäftigten für eine umweltfreundliche Mobilität
zu motivieren. So können Betriebe den Beschäftigten ein Öffi-Jobticket steuerbegünstigt zur
Verfügung stellen. Das Jobticket gilt als steuerfreier Sachbezug und das Unternehmen kann die Ausgaben dafür
als Betriebsausgaben geltend machen. Auch das Radfahren zur Arbeit kann durch Maßnahmen und Bewusstseinsarbeit
forciert werden. Der direkte Nutzen für den Betrieb: Eine dänische Langzeitstudie hat gezeigt, dass Beschäftigte,
die mit dem Rad zur Arbeit kommen seltener im Krankenstand sind. Weiterer Nutzen von betrieblichem Mobilitätsmanagement:
Das Unternehmen erspart sich teure Auto-Parkplätze.
Mobilität auf Klimakurs bringen: keine Kür, sondern eine Pflicht
Um gewaltige Klimaschäden zu vermeiden, hat die internationale Staatengemeinschaft bei der Klimakonferenz
von Paris im vergangenen Dezember den Ausstieg aus der fossilen Energie bis zum Jahr 2050 beschlossen. Für
den Verkehrsbereich bedeutet das: Es bleiben 34 Jahre, um den Verkehr vom Erdöl unabhängig zu machen.
Kein anderer Sektor ist so stark vom Erdöl abhängig wie der Verkehr. Allein die Pkw der Tiroler Haushalte
tanken derzeit rund 290 Millionen Liter Sprit pro Jahr.
„Das Ziel eines erdölfreien Verkehrssystems ist eine große Herausforderung, die aber mit gutem Willen
zu bewältigen ist und im Interesse der künftigen Generationen bewältigt werden muss. Gerade hier
in Tirol ist der Klimawandel an den rapide schmelzenden Gletscher stärker sichtbar als uns allen lieb ist“,
stellt VCÖ-Experte Gansterer fest. In Tirol gibt es bereits viele Betriebe, Unternehmen, Gemeinden, Städte,
Organisationen und Schulen die aktiv an der klimafreundlichen Mobilitätswende arbeiten. Das wurde auch beim
diesjährigen VCÖ-Mobilitätspreis Tirol sichtbar, bei dem heuer 47 vorbildliche Projekte für
eine klimafreundliche Mobilität eingereicht wurden. Ein Projekt wurde von der Fachjury am besten bewertet:
VCÖ-Mobilitätspreis Tirol für Mobilitätsmanagement von Berger Logistik
Berger Logistik hat seinen Unternehmensstandort vom schwer erreichbaren Industriegebiet in Radfeld zum Hauptbahnhof
Wörgl verlegt. Begleitend wurden zahlreiche Maßnahmen umgesetzt, damit die Beschäftigten möglichst
nicht mehr mit dem Auto, sondern umweltfreundlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln, dem Fahrrad oder wer in
der Nähe wohnt, zu Fuß zur Arbeit kommen. Im Vergleich zum früheren Standort werden nun durch den
neuen Unternehmensstandort rund eine Million Autokilometer pro Jahr vermieden, was einer Verringerung der klimaschädlichen
Treibhausgas-Emissionen von mindestens 150.000 Kilogramm entspricht.
Unter anderem wird das Gehen sowie Radfahren zur Arbeit beworben. Es gibt gute Abstellmöglichkeiten für
die Fahrräder, einen eigenen Abstellraum, Garderoben mit Duschen und einer Stromtankstelle für E-Bikes.
Es wird Beschäftigten das Öffi-Jobticket angeboten (Unternehmen übernimmt Kosten der Jahreskarte,
ist steuerlich begünstigt), die Arbeitszeiten werden auf die Fahrpläne von Bahn und Bus abgestimmt und
es gibt keine gratis Pkw-Parkplätze mehr.
VCÖ-Experte Markus Gansterer, LHSTVin Ingrid Felipe und Wolfram Gehri (ÖBB-Postbus Regionalmanager) überreichten
den VCÖ-Mobilitätspreis Tirol an Roland Strauss, Markus Ley und Bernhard Ebner von Berger Logistik. VCÖ-Experte
Gansterer gratuliert: „Dieses Projekt zeigt, wie groß das Klimaschutzpotenzial durch betriebliches Mobilitätsmanagement
ist. Ein Vorbild, das hoffentlich in und außerhalb Tirols von vielen Betrieben aufgegriffen und ebenfalls
umgesetzt wird.“
„Das Gewinnerprojekt beim VCÖ-Mobilitätspreis Tirol ist der lebende Beweis dafür, dass eine gute
Erschließung mit Bus und Bahn den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel unschlagbar attraktiv macht.
Moderne Bahnhöfe als Drehscheiben die im Takt von Zügen und Regionalbussen angefahren werden machen die
Öffis zum fixen Begleiter in die Arbeit. Wir vom ÖBB-Postbus sind für viele Kundinnen und Kunden
ein Teil der Mobilitätskette und gratulieren den Vertretern des heurigen Siegerprojektes“, so ÖBB-Postbus
Regionalmanager Wolfram Gehri.
Der VCÖ-Mobilitätspreis Tirol wird vom VCÖ in Kooperation mit dem Land Tirol und den ÖBB durchgeführt
und vom Verkehrsverbund Tirol und der TIWAG unterstützt.
VCÖ-Mobilitätspreis Tirol: Die GewinnerInnen
- 2016: Mobilitätsmanagement am neuen Standort Wörgl: Berger Lgistik
- 2015: Gemeinde Serfaus – Begegnungszone Serfaus
- 2014: Innsbrucker Verkehrsbetriebe und Stubaital GmbH: Innsbrucker Tram / Regionalbahn
- 2013: Marktgemeinde Reutte
- 2012: Klimabündnis Tirol
- 2011: Stadtgemeinde Schwaz: „Schwaz mobil“
- 2010: Verkehrsverbund Tirol „Einführung Wipptal S-Bahn“
- 2009: Stadtgemeinde Schwaz „Bahnhofsprojekt Schrankenlos“
- 2008: EGGER
- 2007: Klimabündnis Tirol
- 2006: GE Jenbach
- 2005: Stadtgemeinde Schwaz
Quelle: VCÖ 2016
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