Erfolg der Rechnungshofkontrolle von Entscheidungen des Gesetzgebers abhängig
Wien (pk) - Ihren ersten Auftritt im Rechnungshofausschuss des Nationalrats hat Margit Kraker, seit Juli
Präsidentin des Rechnungshofs (RH), am 14.09. absolviert. In einer Aussprache mit den Abgeordneten sagte sie
wie schon bei ihrem parlamentarischen Hearing im Vorfeld der RH-Präsidentenwahl (siehe Parlamentskorrespondenz
Nr. 634), der Rechnungshof soll als Reformmotor im Staat wirken. Einen echten Mehrwert - "Erfolg durch Kontrolle"
- erhielten die RH-Empfehlungen aber erst durch die parlamentarischen Entscheidungen; daher seien die Abgeordneten
auch in der öffentlichen Kommunikation ihre erste Anlaufstelle. "Eine gute, kooperative Arbeit mit Ihnen
ist wichtig", unterstrich Kraker im Ausschussgremium. Zur zeitnahen Behandlung von Rechnungshofberichten schlug
sie unter anderem vor, die Stellungnahmefristen der geprüften Stellen auf sechs Wochen zu verkürzen und
thematische Einzelberichte anstatt von Sammelberichten vorzulegen, worin sie Unterstützung bei sämtlichen
Fraktionen fand.
Generell boten die MandatarInnen der neue Rechnungshofpräsidentin einen freundlichen Empfang in ihrem Kreis
und erklärten durchwegs ihre Kooperationsbereitschaft, wenn auch die Opposition Krakers Haltung gegenüber
der Regierung hinsichtlich Reformen hinterfragte. Laut Kraker hat der Rechnungshof "die Reformbereitschaft
des Staates, aller Stellen", zu unterstützen; zur Umsetzung brauche es häufig eine Zweidrittel-Mehrheit
im Nationalrat, auch die Oppositionsparteien seien hier also gefragt.
Kraker: Prüfarbeit ist Teamarbeit
Als frühere Chefin des steirischen Landesrechnungshofs setzt Kraker stark auf eine intensivere Zusammenarbeit
mit den Landesrechnungshöfen, etwa bei Gemeindeprüfungen, aber auch mit dem Europäischen Rechnungshof
sowie mit Nationalrat und Landtagen. Das Motto "Prüfarbeit ist Teamarbeit" gelte genauso innerhalb
des Rechnungshofs, sagte sie in Bezug auf die Arbeit der PrüferInnen, dank deren Arbeit das Kontrollorgan
ganz oben im Vertrauensindex der Bevölkerung liege. Problematisch ist Kraker zufolge vor diesem Hintergrund
die budgetäre Situation des Rechnungshofs, die auch von der FPÖ beklagt wurde: die Finanzierung lässt
sich laut Präsidentin derzeit mit Rücklagen decken, doch sei dies keine langfristige Vorgehensweise.
Zumal man noch unter den angestrebten 312 Planstellen liege.
Fairness stehe bei der Prüftätigkeit an oberster Stelle, betonte Kraker, weswegen sie der Anregung der
NEOS, schon Rohberichte vor Einlangen der Stellungnahmen zu veröffentlichen, wenig abgewinnen konnte. Sie
regte jedoch an, in Workshops mit allen Faktionen Berichtsbeiträge bereits am Tag ihrer Veröffentlichung
zu diskutieren. Inhaltlich sollten die Analysen nach Krakers Verständnis aussagekräftig, fokussiert und
sachlich differenziert sein, schon um eine rasche Behandlung im Parlament sicherzustellen. "Ein Reformausschuss
wäre eine Möglichkeit, offene Empfehlungen thematisch gegliedert abzuarbeiten", wiederholte sie
ihren im Hearing getätigten Vorschlag, dafür ein eigenes Gremium im Nationalrat einzusetzen. Bei den
Grünen stieß sie damit aber auf Vorbehalte; befürchtet wird von der Oppositionspartei, dass dort
zumeist fachfremde Abgeordnete als Ausschussmitglieder sitzen.
Um Reformen auf den Weg zu bringen, brauche es einen aufgabenkritischen Ansatz bei den Prüfungen, umriss Kraker
ihr Aufgabenverständnis. Dazu gehöre auch eine Ausweitung der Prüfkompetenz des Bundesrechnungshofs
auf Unternehmen, in denen die öffentliche Hand nur 25% - anstatt von 50% - Anteile hält. Als strategische
Ziele skizzierte die Rechnungshofpräsidentin neben dem Einmahnen von Reformerfordernissen eine sorgsame Verwendung
von Steuermitteln, die Qualitätsstärkung in der öffentlichen Verwaltung, Nachhaltigkeit öffentlicher
Finanzen, und die Herstellung von Rechenschaft und Transparenz. Das alles bilde wiederum die Grundlage für
sozialen Zusammenhalt.
Abgeordnete offen für Reformen
Von der SPÖ wird die neue Präsidentschaft im Rechnungshof als Chance gesehen, die Zusammenarbeit über
alle Fraktionen hinweg noch weiter zu verbessern. Elmar Mayer (S) unterstrich in diesem Zusammenhang, es solle
"keine Nationalratssitzung mehr ohne Rechnungshofbericht geben". Eines der vom Rechnungshof aufgezeigten
Problemfelder, die Kompetenzzersplitterung zwischen Bund und Ländern aufgrund veralteter Strukturen, harre
weiterhin der Bearbeitung. Verzögerungen bei der Behandlung von Berichten müssten ein Ende haben, meinte
auch Philip Kucher (S), der vom Ausschuss ein gewisses Maß an Selbstkritik in Bezug auf die parlamentarischen
Abläufe einforderte. Seine Parteikollegin Karin Greiner führte dazu als Negativbeispiel den Rechnungshofbericht
zur Hypo-Alpe-Adria an, der als Sammelbericht im Ausschuss immer noch nicht fertig verhandelt sei – was Ausschussvorsitzender
Gabriela Moser zufolge nach dem nächsten RH-Ausschuss jedoch erledigt sein sollte. In Reaktion auf Krakers
Ausführungen meinte die Grünen-Abgeordnete, eine Reformagenda der neuen Rechnungshofpräsidentin
liege vor, nun hänge es vom Engagement der Abgeordneten ab, sie auch umzusetzen. Verwaltungsvereinfachungen
und Entbürokratisierung im Sinne der Wirtschaft brachte Johann Singer (V) dabei zur Sprache.
Bei den Regierungsfraktionen machte der Freiheitliche Wolfgang Zanger allerdings wenig Bereitschaft für Reformen
aus: 20% der Empfehlungen des Rechnungshofs seien bislang nicht umgesetzt. Es liege nun an Kraker, diese "großen
Brocken" anzugehen, gerade mit der Regierung als Gegenüber. Christoph Vavrik (N) nannte als Beispiel
den Finanzausgleich und regte an, der Rechnungshof sollte als Beobachterstelle auf eine sinnvolle Mittelverteilung
an die Gebietskörperschaften achten. Notwendig wären seiner Ansicht nach auch begleitende RH-Prüfungen
von Hochrisikoprojekten – etwa im Baubereich. Grundsätzlich ist der Rechnungshof für die nachprüfende
Finanzkontrolle zuständig, Projektbegleitung gebe es aber bereits, so Kraker, wie zum Beispiel bei den Sanierungsarbeiten
am Parlamentsgebäude.
Die strategische Zielsetzung der Nachhaltigkeit beleuchtete Bruno Rossmann (G), wobei er von Kraker verlangte,
nicht nur die öffentliche Finanzgebarung zu beachten, sondern auch ökonomische, ökologische, soziale
und kulturelle Faktoren. Generationengerechtigkeit dürfe nach diesem Schema nicht auf die Pensionsfinanzierung
reduziert werden. Grünen-Wissenschaftssprecherin Sigrid Maurer erwartet sich in den künftigen Rechnungshofberichten
mehr wissenschaftlichen und internationalen Input. Die Kommunikationspolitik des Rechnungshofs thematisierten Hermann
Gahr (V), Martina Schenk (T) und Gerald Hauser (F), unter anderem in Hinblick auf angedachte Social Media-Aktivitäten
des Kontrollorgans. RH-Präsidentin Kraker bestätigte daraufhin die Ausarbeitung eines Konzept für
eine neue Informationspolitik des Rechnungshofs.
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