Leichtfried: Mobilität muss umweltfreundlich
 und sicher sein

 

erstellt am
15. 09. 16
11:00 MEZ

Verkehrsausschuss debattiert über verkehrspolitische Grundsatzfragen
Wien (pk) - Mit einer umfangreichen Tagesordnung begann der Verkehrsausschuss am 14.09. das neue Parlamentsjahr. In einer Aussprache mit den Abgeordneten über aktuelle Themen wies Verkehrsminister Jörg Leichtfried auf die raschen Entwicklungen im Bereich der E-Mobilität und des automatisierten Fahrens hin, die einen gesetzlichen Rahmen brauchen werden. Außerdem befasste der Ausschuss sich mit dem Sicherheitsbericht 2015 der Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes sowie mit dem Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH 2015, die einstimmig zur Kenntnis genommen wurden.

Debattiert wurden auch eine Reihe Anträge von FPÖ, Grünen und NEOS, bei denen es sich meist um Wiederaufnahmen bereits vertagter Forderungen handelte. Auch diesmal wurden die Anträge von den Koalitionsparteien durchwegs vertagt. So fordert die FPÖ günstigere Versicherungen für Autos, die zusätzliche Sicherheitsfeatures haben, und will ein Österreich-Ticket für sämtliche öffentliche Verkehrsmittel. Zudem sollen laut Freiheitlichen Schulkinder in Bussen Anspruch auf jeweils einen Sitzplatz haben.

Die NEOS sprechen sich für eine Neuausrichtung der Finanzierung von Infrastrukturprojekten aus und wollen Direktvergaben von gemeinwirtschaftlichen Leistungsverträgen im öffentlichen Verkehr EU-konform beschränken. Mit den Grünen teilen die NEOS die Forderung nach Änderungen in der Straßenverkehrsordnung, um die Vorschriften für die Benützung von Miniscootern und Fahrrädern durch Kinder zu vereinfachen.

Umweltfreundliche und sichere Mobilität als Schwerpunkte der Verkehrspolitik
Verkehrsminister Jörg Leichtfried stellte in einer zweistündige Aussprache mit den Abgeordneten die Grundsätze seiner Verkehrspolitik dar und nannte zwei Schwerpunkte für die nächste Zeit: Maßnahmen für umweltfreundliche Mobilität und ein Maßnahmenpaket mit etwa hundert Einzelmaßnahmen, das demnächst vorgestellt werde. Ziel sei eine Halbierung der Zahl der Verkehrstoten bis 2020. Wichtig seien vor allem Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung, speziell unter jungen Männern, die eine besondere Risikogruppe darstellten. Auch die Frage der Ablenkungen als Unfallursache werde im Fokus stehen, sowie technische Maßnahmen, mit denen Unfallfolgen verringert werden können. Als mögliche Maßnahme gegen alkoholisiertes Fahren nannte der Minister auch so genannte Alko-Lock-Geräte. Gegenüber FPÖ-Verkehrssprecher Gerhard Deimek meinte er, dass aus seiner Sicht mögliche technische Probleme nicht gegen ihren Einsatz unter gewissen Voraussetzungen sprechen würden. ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger sagte die Unterstützung seiner Fraktion für das Maßnahmenpaket des Ministers zur Verkehrssicherheit zu.

Die Grüne Behindertensprecherin Helene Jarmer unterstrich die Forderung nach Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehr und forderte erneut eine Telefon- bzw. Notrufzentrale für gehörlose Menschen. Auch andere Gruppen würden von barrierefreier Kommunikation profitieren, meinte sie. Der Minister zeigte sich interessiert an den technischen Neuerungen, die barrierefreie Kommunikation erleichtern sollen.

Jarmers Fraktionskollege Harald Walser erinnerte an die Anliegen des Nahverkehrs in Vorarlberg und Tirol. Die Abgeordneten Konrad Antoni (S) und Werner Groiß (V) verwiesen auf erfolgreiche Gespräche in Niederösterreich über den Ausbau der Franz-Josefs-Bahn und ersuchten um Unterstützung des Verkehrsministers. Deimek (F) thematisierte unter anderem die zögernde Entwicklung der Donauschifffahrt und Probleme des Bahnverkehrs im "deutschen Eck". Sein Fraktionskollege Christian Hafenecker beklagte zunehmende Einschränkungen für den Flugsport. Abgeordnetem Christoph Hagen sagte der Minister zu, die Frage von LKW-Überholverboten auf zweispurigen Strecken zu prüfen.

Eine grundsätzliche Frage war die umwelt- und klimagerechte Umgestaltung des Verkehrssystems. Der Verkehrsminister stimmte Abgeordneter Christiane Brunner (G) zu, dass der Klimavertrag von Paris eine neue Richtung weise. NEOS-Abgeordneter Michael Bernard meinte, es seien große Schritte in der Reduktion der CO2-Belastung möglich, Österreich müsse sich hier an die Spitze setzen, nicht nur reagieren. Für eine Dekarbonisierung des Verkehrssystems werde die Elektromobilität ein wichtiger Punkt sein, ebenso eine ökosoziale Steuerreform, meinte Leichtfried. Für umweltfreundlichen Verkehr habe jedenfalls der Schienenverkehr zentrale Bedeutung. Im Individualverkehr stelle die Elektromobilität wahrscheinlich die zukunftsträchtigste Lösung dar, auch wenn er als Verkehrsminister einen technologieneutralen Ansatz habe. Die Frage, wie ein Umstieg auf Elektrofahrzeuge als Erstfahrzeug stimuliert werden könnte, brauche noch einiger Überlegungen. Verschiedene Anreize seien denkbar, dazu gehörten etwa eine flexible Preisgestaltung an Ladestationen, wie sie in Norwegen bereits praktiziert wird.

Als weiteren Bereich, in dem die Entwicklung sehr rasch voranschreite, nannte der Minister den Bereich des automatisierten Fahrens. Derzeit lägen schon drei Anträge für Teststrecken vor. Potenzial für eine erste Anwendung im Alltag sehe er auf gewissen Autobahnstrecken. Dazu werde es aber noch einiger legistischer Maßnahmen bedürfen, stellte Leichtfried fest.

Jahresbericht der Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes zeigt verbesserte Meldekultur
Eine verbesserte Meldekultur für Störfälle in den Bereichen Schiene, Schifffahrt, Seilbahnen und Zivilluftfahrt konstatiert die Sicherheitsuntersuchungsstelle des Bundes (SUB) in ihrem Sicherheitsbericht für das Jahr 2015 ( III-285 d.B.). Ein wichtiger Punkt für diesen Erfolg ist, dass die SUB sich an Unternehmen direkt wendet und sie über ihre Meldepflichten aufklärt, erfuhren die Abgeordneten des Ausschusses. Zentrale Aufgabe der SUB als unabhängige Behörde ist die Untersuchung von Unfällen und Störungen durch ein qualifiziertes Untersuchungsverfahren, die Feststellung der möglichen Ursachen und die Ausarbeitung von Sicherheitsempfehlungen als Vorschläge zur Verbesserung der Verkehrssicherheit.

FPÖ-Abgeordneter Christian Kumpitsch thematisierte die gestiegene Anzahl der gemeldeten Vorfälle im Bereich der Eisenbahnen gegenüber dem Vergleichszeitraum 2014. Die Abgeordneten Georg Willi (G) und Gerhard Deimek (F) sahen hier weiterhin Bedarf an der Reduzierung von ungesicherten Eisenbahnkreuzungen, vor allem im ländlichen Raum. Verkehrsminister Leichtfried verwies darauf, dass die Finanzierung baulicher Maßnahmen Teil der Finanzausgleichsverhandlungen ist. Johannes Schmuckenschlager (V) und Anton Heinzl (S) thematisierten die zunehmende Gefährdung des Flugverkehrs durch Drohnen. Der Minister informierte sie, dass die neu geschaffene Verkehrssicherheitsbehörde die Entwicklung beobachte und gegebenenfalls Maßnahmen vorschlagen werde.

Jahresbericht der Schienen-Control GmbH weist auf uneinheitliche Entwicklung im Schienenverkehr hin
Der Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH 2015 blickt auf ein ereignisreiches Jahr 2015 zurück ( III-289 d.B.). So erfolgte im Dezember die Vollinbetriebnahme des Hauptbahnhofs Wien. Auf europäischer Ebene war das Jahr 2015 von intensiven Verhandlungen über das 4. Eisenbahnpaket gekennzeichnet. Während eine Einigung bei der technischen Säule bereits 2015 erzielt werden konnte, wurde um Details der politischen Säule des Pakets, welche die Wettbewerbsbedingungen für den Marktzugang definiert, noch bis zum Frühjahr 2016 gerungen.

Die Entwicklung des Verkehrsaufkommens war jedoch durchaus uneinheitlich, stellte SPÖ-Abgeordneter Hell fest. So ging etwa der Schienengüterverkehr gegenüber 2014 aufgrund einer schwachen Konjunktur etwas zurück, bei einem Zuwachs der Marktanteile von Privatbahnen. Der Personenverkehr zeigte hingegen einen leichten Zuwachs gegenüber 2014. Zufriedenstellend sei die hohe Pünktlichkeit im Zugverkehr, meinte Hell. Abgeordneter Willi (G) zeigte sich unzufrieden über das Stagnieren des Güterverkehrs auf der Schiene, er sah die sinkenden Treibstoffpreise als Hauptfaktor. Er hoffte, wie auch FPÖ-Verkehrssprecher Deimek, dass es keine weiteren Streckenstilllegungen gebe. Der Verkehrsminister stimmte den Abgeordneten zu, dass auch bei stillgelegten Strecken die Trasse möglichst erhalten bleiben sollte, um die Option einer späteren Reaktivierungen offen zu halten.

In Antwort auf ÖVP-Abgeordnete Elisabeth Pfurtscheller, die die Auffassung vertrat, dass gewisse Liberalisierungsschritte des Bahnmarktes noch möglich seien, meinte Leichtfried, dass eine zu weitgehende Liberalisierung problematisch sei. Österreich habe durchaus eine breite Palette an Eisenbahnunternehmen, die zu fairen Bedingungen die Infrastruktur nützen könnten, hielt der Minister fest. Die Privatbahnen konnten zuletzt ihren Marktanteil im Verkehrsaufkommen und an der Verkehrsleistung steigern. Was zu vermeiden sei, wären Oligopole, wie sie sich nach der Liberalisierung des Luftverkehrs herausgebildet hätten. Wenn er sich für die Erhaltung integrierter Eisenbahnunternehmen ausspreche, so erkläre sich das aus den schlechten Erfahrungen, die etwa Großbritannien mit der radikalen Privatisierung des Schienennetzes gemacht habe. ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger stellte dazu klar, dass auch seine Fraktion es für sinnvoll halte, die Schieneninfrastruktur als staatliche Aufgabe zu definieren und sie nicht zu privatisieren. Gleichzeitig sollte aber sichergestellt werden, dass diese optimal genützt wird, dazu brauche es auch Privatunternehmen.

FPÖ will günstigere Versicherungen für sichere Autos
Auf Skepsis stieß die Forderung des FPÖ-Abgeordneten Christian Hafenecker nach einem Anreizsystem in KFZ-Versicherungen für die sicherheitsfördernde Zusatzausstattung von Fahrzeugen. Der Einbau von sicherheitsfördernden Zusatzapplikationen in Kraftfahrzeugen, wie ESP oder Spurhalteassistent, würde die Verkehrssicherheit zu fördern. Sie sollte nach seinen Vorstellungen eine günstigere Versicherungsprämie bewirken ( 1271/A(E)).

... ein Österreich-Ticket
Erneut befasste sich der Ausschuss mit einem Antrag ( 152/A(E)), in dem der Freiheitliche Verkehrssprecher Gerhard Deimek sich für die Einführung eines Österreich-Tickets ausspricht, das zu einem sozial verträglichen Tarif die Nutzung sämtlicher öffentlicher Verkehrsmittel in Österreich ermöglichen würde. Deimek verweist dabei auf das erfolgreiche Modell einer Jahresnetzkarte, das in der Schweiz bereits existiert.

... und eine Änderung der "Zählregel" in Bussen
Eine Wiederaufnahme erfuhr auch der Antrag ( 762/A) der Abgeordneten Carmen Gartelgruber (F), zur Änderung des Kraftfahrgesetzes 1967. Sie kritisiert dabei vor allem die derzeitige Zählregel, die es erlaubt, dass sich drei Kinder im Alter von sieben bis vierzehn Jahren zwei Sitzplätze in Bussen teilen. Die FPÖ will für Kinder im Busverkehr eine Zählregel von 1:1 einführen und damit jedem Kind einen Sitzplatz garantieren.

NEOS gegen Direktvergaben im öffentlichen Verkehr und neue Formen der Infrastrukturfinanzierung

Eine weitgehendes Ende der Direktvergaben beim öffentlichen Verkehr forderte einmal mehr Abgeordneter Michael Bernhard ( 1104/A(E)). Laut ihm ist die bisher in Österreich geübte Praxis der Direktvergabe von gemeinwirtschaftlichen Leistungsverträgen im öffentlichen Verkehr nicht konform mit dem aktuellen EU-Recht, das solche Direktvergaben nur sehr restriktiv zulassen würde.

Bernhard spricht sich auch für die Schaffung einer Infrastrukturfinanzierungs-AG (INFINAG) nach Schweizer Modell ( 1099/A/(E)) aus. In die INFINAG wären laut dem Abgeordneten die ÖBB-Infrastruktur-AG und die ASFINAG einzugliedern, um eine echte Trennung zwischen den Kosten für die Errichtung der Verkehrsinfrastruktur und für deren Betrieb zu erreichen. Die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur wäre nach seiner Vorstellung durch eine Zweckwidmung verkehrsrelevanter Steuern und drei Infrastrukturfonds zu sichern.

Grüne und NEOS wollen kinderfreundliche Regelungen in der StVO
Vom Ausschuss wurde auch je ein Antrag der Grünen und der NEOS mit der Forderung nach mehr Kinderfreundlichkeit in der Straßenverkehrsordnung (StVO) wieder aufgenommen. Die Grünen sehen die Lösung in einer Definition, die die Benützung von Tretrollern, Miniscootern und dergleichen mit dem Gehen gleichsetzt ( 524/A(E)). Damit könnten Kinder diese ohne Altersbeschränkung legal benützen, womit man der Realität auf dem Schulweg Rechnung trage. Diesen Zugang verfolgt auch ein bereits einmal vertagter Antrag ( 494/A(E)) des NEOS-Abgeordneten Michael Bernhard. Die Bewegung von Kindern müsse gefördert werden, argumentierte er.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.parlament.gv.at

 

 

 

 

 

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