Flüchtlingsverteilung: EU-Ausschuss bezweifelt Durchsetzungskraft der Asylagentur
Wien (pk) - Die Europäische Kommission will die Flüchtlingsverteilung in der EU vorantreiben:
Die Freiwilligkeit der Nationalstaaten bei Flüchtlingsaufnahmen sei zwar beizubehalten, erreichen müsse
man aber eine gerechtere Lastenteilung unter den Mitgliedsländern, als es das Dublin-System ermöglicht.
Zur Umsetzung einer funktionierenden Europäischen Asylpolitik schlägt die Kommission nun vor, das Europäische
Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) in eine EU-Asylagentur mit erweitertem Mandat umzuwandeln.
Die Agentur soll eine tragfähige Verteilung der Anträge auf internationalen Schutz ermöglichen und
eine einheitlichere Prüfung von Asylanträgen in der gesamten Union sicherstellen. Angedacht werden dabei
auch Solidarbeiträge von Ländern, die nicht am Umverteilungsprogramm teilnehmen wollen.
Im EU-Ausschuss des Bundesrats stieß das Vorhaben auf Skepsis bei allen Fraktionen, wenn auch aus unterschiedlichen
Gründen. Während SPÖ und ÖVP sich vor allem sorgten, dass die neue Asylagentur bei der Flüchtlingsverteilung
zu wenig Durchsetzungskraft haben wird, meinte die FPÖ generell, da zumeist Wirtschaftsflüchtlinge nach
Europa kämen, solle die Union ihr Augenmerk vor allem auf die Sicherung der Außengrenzen legen. Die
Grünen pochen auf die Einbindung von NGOs und das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR in die Arbeit
der Asylagentur.
Über die Reaktion der Europäischen Kommission auf Stellungnahmen des EU-Ausschusses sowie der Länder
auf verschiedene Legislativvorschläge – etwa zur Transparenz-Richtlinie – äußerte sich Bundesrat
Stephan Schennach (S/W) eingangs der Sitzung durchaus positiv und regte einen weitergehenden Austausch mit Brüssel
an. So heiße es etwa in einer Antwort der Kommission, die Kritik des Bundesrats werde in der Gestaltung des
Transparenzregisters beachtet. Zudem habe man offenbar mit der Beanstandung des übertriebenen Gebrauchs delegierter
Rechtsakte in verschiedenen Zusammenhängen "einen wunden Punkt" getroffen. Problematisch sieht der
Sozialdemokrat nur die Haltung zur Kernenergie als rein nationale Zuständigkeit.
EU-Asylagentur als unterstützende Monitoringstelle konzipiert
Ihr Konzept zur Verbesserung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) stellt die Europäische Kommission
im Verordnungsentwurf für die EU-Asylagentur mit Sitz in Malta vor. Um ein faires System zur Bestimmung des
für die Prüfung von Asylanträgen zuständigen Mitgliedstaates herzustellen, brauche es mehr
Konvergenz im Asylsystem der Union. Ausgeweitet werden soll in diesem Zusammenhang die Befugnis der Mitgliedstaaten,
Daten von Drittstaatenangehörigen und Staatenlosen, die keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt
haben und sich illegal in der EU aufhalten, zu speichern und abzufragen.
Das Innenministeriums (BMI) versichert, die Agentur habe als neue Kontroll- und Monitoringstelle vor allem unterstützende
Funktion: "sie soll nationale Entscheidungen nicht ersetzen", sagte ein Vertreter des Ressorts im Ausschuss.
Vor diesem Hintergrund problematisierten Edgar Mayer (V/V), Stefan Schennach (S/W) und Eduard Köck (V/N) allerdings,
inwieweit ein Verteilungsschlüssel für Flüchtlinge beziehungsweise die Kontrolle der Registrierung
von AsylwerberInnen umsetzbar ist. Heidelinde Reiter (G/S) hinterfragte die Definition sicherer Herkunftsstaaten
im Zusammenhang mit Abschiebungen; und ob hier ausreichend mit Menschenrechtsorganisationen zusammengearbeitet
wird. Monika Mühlwerth (F/W) wiederum äußerte Verständnis für Staaten, die keine Flüchtlinge
aufnehmen wollen und ihre Parteikollege Christoph Längle (F/V) führte überdies die Mehrkosten ins
Treffen, die eine Asylagentur mit ausgeweitetem Mandat mit sich bringe.
Zumindest letzteren Punkt bestätigte der Experte des Innenressorts: die Agentur von derzeit 99 Personen solle
zum Zweck effizienter Kontrolle und Unterstützung aufgestockt werden, was natürlich nicht gratis sei.
So soll die Agentur Unterstützungsteams für Asylfragen entsenden können, um operativ und in technischer
Hinsicht auszuhelfen, wenn die Asyl- und Aufnahmesysteme eines Mitgliedstaats durch eine außergewöhnlich
hohe Zahl dringender Asylanträge übermäßig belastet sind – wodurch wiederum das Gemeinsame
Europäische Asylsystem als Ganzes gefährdet wäre.
Zusammengesetzt würden diese Teams aus einer Einsatzreserve von mindestens 500 Sachverständigen aus den
Mitgliedstaaten und aus eigenen Sachverständigen. Ausgebaut werden soll auch die Möglichkeit von Kooperationen
mit Drittstaaten. Reiters Befürchtung, Abschiebungen würden durch die Agentur erleichtert, versuchte
der Experte mit dem Hinweis auf die enge Kooperation der Asylagentur mit dem UNHCR auszuräumen. Das Gesamtpaket
zur Reform des Dublin-Systems beinhalte überdies eine gesamteuropäische Liste sicherer Herkunftsstaaten,
die die nationalen Auflistungen ersetzen solle. Die Durchsetzungskraft des neu zu schaffenden Asylgremiums schließlich
wolle Brüssel einerseits durch transparente Kontrolle und ein darauf aufbauendes Berichtswesen samt Empfehlungen
stärken. Sollte ein betroffener Staat darauf nicht reagieren, stehe ein Vertragsverletzungsverfahren durch
die Kommission im Raum, so der BMI-Mitarbeiter.
Eine der Hauptaufgaben der Asylagentur wird gemäß Kommissionsplan die Handhabung des Schwellenwerts
sein, auf dem der Fairnessmechanismus des neuen Dublin-Systems zur Umverteilung von AsylwerberInnen fußt.
Darüber hinaus soll sie eine EU-weit einheitlichere Beurteilung von Anträgen auf internationalen Schutz
und eine engere praktische Zusammenarbeit sowie einen intensiveren Informationsaustausch der Mitgliedstaaten gewährleisten.
Das Unionsrecht und hohe Standards bei Asylverfahren, Aufnahmebedingungen und der Gewährung von Schutz sei
zu fördern, wobei die Agentur systemrelevante Mängel möglichst frühzeitig festzustellen habe.
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