Am 13.09. fand in Graz die Pressekonferenz zum steirischen herbst 2016 statt, der kommende
Woche eröffnet wird.
Graz (steirischer herbst) - Mit seinem diesjährigen Leitmotiv „Wir schaffen das“ erinnert der steirische
herbst nicht nur an den denkwürdigen Ausspruch Angela Merkels aus dem Vorjahr, sondern nimmt in seinem Programm
auch diese „Verschiebung kultureller Kartografien“ zum Anlass, um über ein Europa (und dessen Verhältnis
zur Welt) zu reflektieren. Der steirische herbst 2016 nähert sich dabei auf vielfältigste künstlerische
Weise aktuellen Entwicklungen an, entwirft Gegenwelten und geht nicht nur metaphorisch an die Grenze: Gezielt wird
in den über 100 Produktionen des diesjährigen Festivals neben Graz auch die südsteirische Grenzregion
in den Fokus genommen.
Eröffnet wird am 23. September mit einer Traumwelt, in die uns der französische Theaterzauberer Philippe
Quesne entführt. Für den steirischen herbst gräbt er sich unter die Erdoberfläche und stößt
dort auf eine skurrile Gesellschaft: „Die Nacht der Maulwürfe (Welcome to Caveland!)“.
Uraufführungen am Eröffnungswochenende des Festivals kommen vom österreichischen Choreografen Philipp
Gehmacher, der sich für „Die Dinge der Welt“ in den Ausstellungsraum des Haus der Architektur begibt, von
Steffani Jemison und Justin Hicks, die mit „Mikrokosmos“ einen performativen Blick auf die Sammlung der Neuen Galerie
Graz werfen und von Julian Hetzel, der in einem installativen Parcours dem Begriff der Schuld auf den Grund geht
– in seiner „Schuldfabrik" zeigt er pointiert und überraschend vielfältige Arten des Ablasshandels
zwischen Schönheitsklinik und Seifenproduktion.
Auch die neue Arbeit von Grace Ellen Barkey und Lot Lemm (Needcompany) wird ihre Uraufführung am Eröffnungswochenende
erleben. Mit Gustav Mahler und vibrierendem Porzellan entwerfen die zwei Künstlerinnen in „Forever“ ein neues
Universum für eine kostbar-zerbrechliche Choreografie.
Statt einem Festivalzentrum ruft der steirische herbst rund um den Volksgarten-Pavillon heuer eine Arrival Zone
aus – ein Geflecht von Kunsträumen und Veranstaltungsorten, markiert durch architektonische Interventionen
des britischen Künstlerpaares Morag Myerscough und Luke Morgan. Der Volksgarten-Pavillon, der sich für
die Zeit des Festivals zum „Haus der offenen Tore“ verwandelt, präsentiert sich als Herzstück: Ein Projektraum
für (neu) Angekommene und Alteingesessene. Im temporär gestalteten Innenraum wird das „Samowar Café“
zu Gast sein und bei vielen Tassen Tee aus dem formschönen Wasserkocher zum verbalen, nonverbalen, künstlerischen
Austausch einladen.
Die Arrival Zone um den Volksgarten ist tagsüber für alle zugänglich; für Nachtaktive gibt
es im Orpheum den club panamur. Von Georg Klüver-Pfandtner und Stefan Beer als schillernder Clubparasit gestaltet,
wird hier eine Fülle von internationalen Live-Acts und DJs geboten, die ihre Szene für jeweils eine Nacht
exemplarisch nach Graz verpflanzen. Es geht um hybride Formen, um Grenzüberschreitung, Vermischung und die
freie Assoziation von Sounds, Genres, Herkunft und Arbeitsweisen. Der club panamur ist weit mehr als eine Konzertschiene,
nämlich eine Weiterführung unseres Leitmotivs mit anderen Mitteln – durch die Nacht. Eröffnet wird
er am Samstag Abend mit der multinationalen Truppe Kuenta i Tambu aus den Niederlanden und DJ Sarah Farina, tagsdrauf
ist der norwegische Singer-Songwriter Moddi mit seinen „Unsongs“ zu Gast.
Mit der diesjährigen herbst-Ausstellung „Body Luggage“ startet der traditionelle Ausstellungseröffnungsreigen
am 24/09. Die von der gebürtigen Inderin Zasha Colah kuratierte Ausstellung beschäftigt sich mit grenzüberschreitender
Migration von Zeichen, mit Körpersprache als kultureller Ausdrucksform – auch wenn sie das einzige Gepäck
ist, das wir über die Grenzen von Raum und Zeit hinweg mit uns tragen können. Mit historischen Beispielen
und zeitgenössischen Positionen wirft die Ausstellung die Frage auf, wie avantgardistische Formen weitergetragen
werden.
Neben Ausblicken auf die zweitägige herbst-Konferenz „Welcome to the former West“ am dritten Festivalwochenende
(08 & 09/10), die die aktuelle Situation Europas aus post- und dekolonialer Perspektive befragen wird, wurde
auch das Magazin zum Festival präsentiert: „herbst. Theorie zur Praxis“, das Portraits, Arbeiten und Interviews
von und mit Künstlerinnen und Künstlern des Festivals versammelt. Heuer etwa eine Email-Konversation
von Milo Rau und Robert Misik, Originalentwürfe von Henrik Vibskov, ein Vorabdruck aus dem Grünen Album
von Natalie Ofenböck und Der Nino aus Wien sowie wunderbare Portraits von Grazerinnen und Grazern, die ihre
Zimmerpflanzen unserem Projekt „Garden State“ zur Verfügung stellen. Sie erhalten das Magazin in den nächsten
Tagen auf dem Postweg.
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