ParlamentarierInnen aus Slowenien beraten mit österreichischen Abgeordneten Flüchtlingsfragen
Ljubljana/Wien (pk) – Die politischen Beziehungen zwischen Österreich und Slowenien sind intensiv und
das wechselseitige Interesse der beiden Länder füreinander groß. Während sich Bundeskanzler
Christian Kern am 12.09. zu Gesprächen beim südlichen Nachbarn aufhält, traf gleichzeitig eine Delegation
der Slowenischen Nationalversammlung im Hohen Haus in Wien ein und erwiderte damit den Besuch einer österreichischen
ParlamentarierInnendelegation in Ljubljana vom Vorjahr. Ljudmila Novak, die Vorsitzende der Freundschaftsgruppe
Slowenien–Österreich, wurde von Wolfgang Pirklhuber, dem Obmann der Parlamentarischen Gruppe Österreich-Slowenien
herzlich willkommen geheißen und zu einem Meinungsaustausch gebeten, an dem auf Seiten Österreichs die
Abgeordneten Rouven Ertlschweiger (V) und Martina Schenk (T) teilnahmen. Am Nachmittag setzten die Gäste aus
Slowenien ihr Gespräch mit österreichischen MandatarInnen des Landwirtschaftsausschusses, des EU-Ausschusses
und des Ausschusses für Arbeit und Soziales fort.
Eingangs unterstrichen die GesprächspartnerInnen die Bedeutung des bilateralen parlamentarischen Kontakts,
weil es in der Gesetzgebung immer wichtiger werde, sich zu fragen, wie der Nachbar Probleme löse. Für
Slowenien sei Österreich etwa auf den Gebieten Landwirtschaft, Wirtschaft, Ausbildungswesen und in der Sozialpolitik
oft ein Vorbild, führte Ljudmila Novak aus. Wolfgang Pirklhuber wies an dieser Stelle auf gemeinsame kulturelle
Projekte hin.
Probleme orteten Martina Schenk (T) und slowenische Abgeordnete beim grenzüberschreitenden Einsatz slowenischer
Pflegerinnen. Die Rede war von "unseriösen Agenturen", die in die eigene Tasche wirtschafteten.
Zur Sprache kamen Fälle ungleicher Entlohnungen slowenischer und österreichischer Pflegerinnen und generell
Probleme mit der Entlohnung grenzüberschreitend vermittelter Arbeitskräfte, unter anderem auch bei der
Leiharbeit auf Baustellen.
Im Zentrum der Unterredung stand aber die Flüchtlingsproblematik. Slowenien habe Flüchtlinge aufgenommen
und werde weitere aufnehmen, es unterstütze Griechenland bei der Versorgung von Flüchtlingen und im Rahmen
von Frontex sowie Mazedonien und Bulgarien bei der Grenzkontrolle, war von den Gästen aus Ljubljana zu erfahren.
"Gemeinsame Probleme" sah Wolfgang Pirklhuber (G), der auf globale Lösungen für Ursachen der
Migrationsbewegungen drängte, unter anderem durch Erhöhung der Beiträge zur Entwicklungszusammenarbeit,
zum "World Food Programme", bei der Unterstützung der Menschen in Flüchtlingscamps und bei
der Verbesserung der Lebensperspektiven in Krisenregionen. Und nicht zuletzt hielt Pirklhuber fest, dass Migration
auch Chancen biete - nicht zuletzt in alternden Gesellschaften, wie einer der Gäste aus Slowenien zustimmend
hinzufügte.
Die Menschen in Slowenien und in Österreich haben Angst, wenn zehntausende Flüchtlinge durch ihr Land
ziehen, stimmten die Abgeordneten überein. Bei der Lösung der Ursachen hänge man aber von Großmächten
ab, klagten die Gäste aus Slowenien. Wichtig seien jedenfalls die humanitäre Hilfe für die Flüchtlinge,
aber auch die Sicherheit und der Bestand der Europäischen Union, wozu der Schutz der europäischen Außengrenzen
gehöre. Entschieden und mit ausdrücklicher Zustimmung von Rouven Ertlschweiger (V) wandten sich die slowenischen
Mandatare gegen das Schließen innereuropäischer Grenzen. Trotz mancher - auch aus historisch Gründen
- unterschiedlicher Sichtweisen in der Frage der Migrationspolitik stimmten die slowenischen und österreichischen
Abgeordneten darin überein, dass es in der Asylpolitik europäische Lösungen und eine "qualitätsvolle
Integration" der Flüchtlinge brauche.
Großes Interesse der slowenischen Gäste an Bergbauernförderung
In der Aussprache mit Mitgliedern des österreichischen Landwirtschaftsausschusses am Nachmittag ging es unter
anderem um die Themen Landflucht, Agrarförderungen, Pauschalbesteuerung, Biolandwirtschaft und Bienensterben
sowie um den niedrigen Milchpreis, wobei sich die slowenischen Gäste unter anderem für die österreichische
Bergbauernförderung und die Vergabe von Gütezeichen für Bio-Bauernhöfe interessierten. Die
Selbstversorgung in Slowenien sei aufgrund der geographischen Gegebenheiten niedrig, gab Delegationsleitern Ljudmila
Novak zu bedenken, zudem verwiesen sie und der slowenische Abgeordnete Franc Trcek auf die extrem kleinstrukturierte
Landwirtschaft im südlichen Nachbarland Österreichs. Um dem Bauernsterben entgegenzuwirken gibt es, wie
Abgeordnete Vojka Šergan berichtete, eine Förderung für junge LandwirtInnen bei der Übernahme eines
Hofes in der Höhe von 40.000 €, wobei Trcek betonte, dass das Geld in erster Linie für eine Modernisierung
der Betriebe verwendet wird.
Gemeinsame Herausforderung Jugendarbeitslosigkeit
Was den Themenkomplex Arbeit und Soziales betrifft, berichtete Novak den österreichischen ParlamentarierInnen,
dass der slowenischen Opposition die Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit
nicht weit genug gehen. Als ein wesentliches Problem in diesem Zusammenhang sieht sie das unflexible Arbeitsrecht.
Da es für Unternehmen sehr schwierig sei, sich von schlecht arbeitenden ArbeitnehmerInnen zu trennen, scheuten
diese davor zurück, neue Leute einzustellen. Das habe zur Folge, dass Junge häufig nur in Form von Werkverträgen
beschäftigt seien, schilderte Novak. Šergan wertete es als Herausforderung für die derzeitige Regierung,
in dieser Frage einen Konsens mit den Gewerkschaften zu finden. Auf österreichischer Seite verwies SPÖ-Abgeordneter
Hannes Weninger auf die vor kurzem beschlossene Ausbildungspflicht für Jugendliche bis 18.
Von FPÖ-Abgeordnetem Johannes Hübner auf die allgemeine Stimmungslage in Slowenien gegenüber der
EU angesprochen, merkte Novak an, dass die EU-Unterstützung auch in Slowenien zuletzt rückläufig
war. Die Mehrheit der Bevölkerung meine aber nach wie vor, dass die Flüchtlingskrise nur von einer starken
Europäischen Union gelöst werden könne, wobei die SlowenInnen von der Politik insbesondere eine
Sicherung der EU-Außengrenzen und die Berücksichtigung der Wirtschaftskraft eines Landes bei der Aufnahme
und Integration von Flüchtlingen erwarte. Trcek verwies auf die Bedeutung der EU für das stark exportorientierte
Slowenien.
An den von Wolfgang Pirklhuber geleiteten Aussprachen am Nachmittag nahmen von österreichischer Seite auch
die Abgeordneten Cornelia Ecker (S), Norbert Sieber (V), Josef A. Riemer und Walter Rauch (beide F) bzw. Johann
Hechtl (S), Wolfgang Gerstl (V) und Jessi Lintl (F) teil.
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