An der TU Wien gelang es, ultrakurze Laserpulse zu komprimieren und ihre Leistung auf ein halbes
Terawatt zu erhöhen – das entspricht der Leistung von hunderten Kernreaktoren.
Wien (tu) - Es ist ein äußerst ungewöhnlicher Laser: Das Forschungsteam am Institut für
Photonik an der TU Wien hat ein Gerät entwickelt, das ultrakurze Infrarot-Blitze mit extrem hoher Energie
produziert. „Große Wellenlängen im Infrarotbereich, eine kurze Dauer der Laserpulse und hohe Energie
– diese drei Anforderungen gleichzeitig zu erfüllen ist sehr schwer“, sagt Valentina Shumakova. „Aber diese
Kombination ist genau was wir für viele interessante Starkfeld-Experimente brauchen.“
Nun gelang dem Team ein entscheidender Durchbruch: Indem energiereiche Pulse im mittleren Infrarotbereich durch
ein festes Material gesendet wurden, konnten die Pulse zeitlich und räumlich komprimiert werden. Die Gesamtenergie
bleibt gleich, kann nun aber in deutlich kürzerer Zeit übertragen werden, wodurch sich eine extrem hohe
Leistung von bis zu einem halben Terawatt ergibt – das entspricht der Leistung von hunderten Kernreaktoren. Während
diese ihre Leistung allerdings kontinuierlich über lange Zeiträume bringen, dauert der Laserpuls nur
etwa 30 Femtosekunden (Millionstel einer Milliardstelsekunde). Die Forschungsergebnisse wurden nun im Fachjournal
„Nature Communications“ veröffentlicht.
Unsichtbare Farben
„Unter bestimmten Bedingungen kann sich ein Laserpuls selbst komprimieren und kürzer werden. Das ist ein
wohlbekanntes Phänomen in der Lasertechnik“, sagt Audrius Pugzlys. „Aber bisher dachte man, dass diese Selbst-Kompression
in festen Materialien bei derart hohen Intensitäten unmöglich ist.“
Im Gegensatz zum Licht eines gewöhnlichen Laserpointers besteht ein ultrakurzer Laserpuls nicht nur aus einer
bestimmten Farbe. Er ist eine Mischung aus einem Spektrum unterschiedlicher Wellenlängen – in diesem Fall
im Infratot-Bereich um einen Mittelwert von 3.9 Mikrometern, unsichtbar für das menschliche Auge.
Im Vakuum bewegt sich Licht immer gleich schnell fort, unabhängig von der Wellenlänge. Bei Licht, das
sich durch ein festes Material bewegt, ist das allerdings nicht der Fall. „Das Material führt dazu, dass sich
gewisse Komponenten des Laserpulses schneller bewegen als andere. Wenn dieser Effekt klug genutzt wird, komprimiert
sich dadurch der Puls. Er wird kürzer, einfach indem er durch das Material geschickt wird“, sagt Skirmantas
Alisauskas.
Diese Technik lässt sich allerdings nicht immer anwenden. „Wenn die Intensität des Lichtpulses sehr hoch
ist, dann neigt er dazu, auf chaotische Weise zu kollabieren und sich in einzelne, voneinander getrennte Filamente
aufzuspalten“, sagt Audrius Pugzlys. „Das lässt sich mit einem Blitz vergleichen, der sich spontan in mehrere
Zweige teilt.“ Jeder dieser Zweige trägt nur einen kleinen Teil der Energie des ursprünglichen Strahls,
der daraus resultierende Laserstrahl kann nicht mehr für Startfeld-Laserexperimente genutzt werden.
Filamentations-Grenzwerten um vier Größenordnungen
Das Team der TU Wien hat nun in Zusammenarbeit mit einer Forschungsgruppe der Universität Moskau allerdings
herausgefunden, dass es bestimmte Bedingungen gibt, unter denen die Kompression des Laserpulses bei extrem hohen
Intensitäten möglich ist, ohne dass der Laserpuls in einzelne Filamente zerfällt. „Wie sich herausstellt,
haben wir es mit unterschiedlichen Längenskalen zu tun“, sagt Valentina Shumakova. „Die Längenskala der
Filamentation ist größer als die Längen, auf denen es zur Kompression des Laserpulses kommt. Wir
können daher einen Parameterbereich finden, in dem der Laserpuls zwar komprimiert wird, aber der störende
Filamentations-Effekt noch ausbleibt.“ Die Leistung des Laserpulses ist um einen Faktor 10.000 höher als der
Grenzwert, über dem Filamentation einsetzt – und trotzdem kollabiert er nicht.
Das Team verwendete einen Yttrium-Aluminium-Granat-Kristall mit einer Dicke von wenigen Millimetern – und die Resultate
sind bemerkenswert: Indem ein Laserpuls durch den Kristall geschickt wird, kann man ihn von 94 Femtosekunden auf
30 Femtosekunden verkürzen. Die Energie bleibt fast gleich, die Leistung erhöht sich um einen Faktor
drei, auf beinahe ein halbes Terawatt. „Nachdem der Puls so kurz ist, hat er insgesamt immer noch relativ wenig
Energie. Aber diese außerordentlich hohe Leistung öffnet uns die Tür zu ganz neuen spannenden Experimenten
und vielleicht auch zu neuen lasertechnologischen Anwendungen“, sagt Audrius Pugzlys.
Originalpublikation
“Multi-millijoule few-cycle Mid-IR pulses through nonlinear self-compression
in bulk”, Nature Communications, 13. September 2016.
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