Dennoch dringender Reformbedarf des Ökostromgesetzes
Wien (pvaustria) - Die Entwicklung der Sonnenstromproduktion in Österreich hat alle Prognosen übertroffen!
Noch im Jahr 2010 prognostizierte eine Studie der Universität Hamburg-Harburg für Österreich einen
Sonnenstromanteil von 0,1 Prozent im Jahr 2020. Tatsächlich liefert die Sonne seit kurzer Zeit bereits 1,7
Prozent des in Österreich verbrauchten elektrischen Stroms. Denn im Sommer 2016 wurde das erste Gigawattpeak
an elektrischer Leistung an Sonnenstrom in Österreich erreicht. Damit können jährlich eine Milliarde
Kilowattstunden Strom erzeugt werden. Dies reicht aus, um 300.000 Haushalte mit elektrischem Strom zu versorgen,
oder um 133 Millionen Runden mit dem Wiener Riesenrad zu fahren (dauert allerdings 6.000 Jahre). Besonders spektakulär
ist die Preisdegression der Photovoltaik-Anlagen. Seit dem Jahr 2008 sind die Preise für Anlagen um 68 Prozent
gefallen. Der starke Trend zur Nutzung von selbst produziertem Strom reduziert die Amortisationszeit der Photovoltaik-Anlagen
dramatisch. Man geht inzwischen von einer Lebensdauer der Photovoltaik-Module von 25 bis 30 Jahren aus.
Hans Kronberger vom Bundesverband Photovoltaic Austria: „Unser Ziel ist es, die Photovoltaik innerhalb des nächsten
Jahrzehnts in die vollkommene Marktfähigkeit zu führen, sodass sich die Errichtung der Anlagen vollkommen
förderfrei rechnet und die Photovoltaik zum Stromproduzenten Nummer Eins aufsteigt.“ Die saubere Sonnenstromproduktion
garantiert Versorgungssicherheit, CO2-Freiheit und hat einen hohen Beschäftigungseffekt.
Zu diesem „Sonnenwunder“ hat sowohl die „Entwicklungshilfe“ des Klima- und Energiefonds (u.a. Investitionsförderung
für Anlagen bis 5 Kilowatt) als auch das Ökostromgesetz von 2012 beigetragen. Seit 2008 wurden 49.000
Anlagen mit einer Gesamtleistung von 264 Megawatt über den Klima- und Energiefonds gefördert. Die Fördersumme
pro Kilowattpeak konnte in diesem Zeitraum von 2.800 Euro pro Kilowattpeak auf unter ein Zehntel reduziert werden
(Fördersatz des Klima- und Energiefonds liegt dieses Jahr bei 275 Euro pro Kilowattpeak). Das Ökostromgesetz
von 2012 (Tarifförderung bis 200 Kilowattpeak) hat mit der Erhöhung des jährlichen Förderbudgets
von 2,1 Millionen auf 8 Millionen Euro und einem einmaligen Sonderkontingent von 28 Millionen für den Abbau
der vorher aufgestauten Warteschlange ebenfalls einen kräftigen Impuls mit sich gebracht. Die Tarifförderung
wird durch die OeMAG, die Abwicklungsstelle für Ökostrom, durchgeführt.
Novellierung des Ökostromgesetzes unabdingbar
War es in der Vergangenheit wichtig, größere Anlagen mittels Tarifförderung zu unterstützen,
so ist dieses Fördersystem mittlerweile aufgrund der in den letzten Jahren stetig sinkenden Photovoltaik-Anlagenpreise
völlig überholt. Bei Inkrafttreten des Ökostromgesetzes im Jahr 2012 war noch ein Fördertarif
von bis zu 27,60 Cent pro Kilowattstunde notwendig, um Anlagen wirtschaftlich führen zu können. 2016
erhält jeder Stromeinspeiser neben einem Sockelbetrag von 375 Euro pro Kilowattpeak nur noch 8,24 Cent für
den gelieferten Ökostrom.
Durch den dramatisch gesunkenen Fördertarif geht die Volleinspeisung deutlich zurück während der
Eigenverbrauch steigt. Denn bei einer Förderung, die mit 27,60 Cent höher lag, als der Strombezugstarif
(ca. 20 Cent pro Kilowattstunde), wurde logischer Weise die gesamte produzierte Strommenge in das Stromnetz eingespeist.
Mit einem Fördertarif von aktuell 8,24 Cent ist es jedoch lukrativer den erzeugten Strom selbst zu nutzen
und nur überschüssigen Strom einzuspeisen. Bei der Aufteilung des Förderbudgets für Ökostromanlagen
ergibt sich dadurch jedoch folgender gravierender Nachteil für die Photovoltaik: Im Förderbudget gewertet
wird die Größe der Photovoltaik-Anlage und nicht der tatsächlich eingespeiste Strom. Verbraucht
ein Anlagenbetreiber zum Beispiel 50 Prozent des erzeugten Stroms selber, so wird der Gegenwert der Gesamtanlage
von den im Gesetz vorgesehenen 8 Millionen Euro abgezogen. Dadurch können jährlich 2,0 bis 2,5 Millionen
Euro an Fördergeldern nicht genutzt werden. Eine kleine Änderung im Ökostromgesetz würde diesen
Missstand beheben und die jährliche Ausbaumenge vergrößern anstatt zu verkleinern. Das Gesetz ist
damit seit 2014 dringendst reparaturbedürftig, da es dieser Entwicklung nicht Rechnung trägt.
Das Problem wäre auch dadurch lösbar, wenn man das aktuelle System der Tarifförderung, das für
Photovoltaik-Anlagen ab 5 Kilowattpeak gilt, in eine einmalige Investitionsförderung umwandelt. Anstatt 13
Jahre lang Fördertarife auszuzahlen, könnte die jährliche Fördersumme nach vorne gezogen und
investiert werden. Mit dieser Umstellung könnte die jährliche Ausbaumenge verdreifacht werden – ohne
einen Cent an zusätzlichen Kosten.
Eine weitere Ungerechtigkeit im Ökostromgesetz ist die Ungleichbehandlung beim Resttopf, einem Förderkontingent,
das grundsätzlich gleichermaßen für Antragsteller aus Photovoltaik-, Wind- und Kleinwasserkraftanlagen
zur Verfügung stehen soll. Durch die Tatsache, dass den Antragstellern der Windkraft eine Warteschleife von
drei Jahren eingeräumt wird, der Photovoltaik aber nur ein Jahr, kommt die Photovoltaik inzwischen in diesem
Topf nicht mehr zum Zuge. Hier ist ein angemessener Fix-Anteil für Photovoltaik-Bürgeranlagen vorzusehen,
die auf einen berechenbaren Fördertarif angewiesen sind.
Photovoltaik auch für mehrgeschossige Gebäude ermöglichen Novellierungsbedürftig ist auch das
Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG). Denn laut diesem ist eine effiziente Nutzung von
Photovoltaik-Strom in Gebäuden mit mehreren Nutzern derzeit noch untersagt. Bereits im März diesen Jahres
hat das Wirtschaftsministerium ein erstes Konzept zur Novellierung des Gesetzes präsentiert. Seitdem ist dieser
Prozess jedoch zum Stillstand gekommen. Jetzt sollte ehebaldigst das Gesetz beschlossen werden um vernünftige
Rahmenbedingungen für die Photovoltaik-Stromnutzung auf allen Gebäuden (unabhängig vom Verwendungszweck)
zu schaffen.
Zum aktuellen Stand der Novelle des Ökostromgesetzes
Die durchaus brauchbaren Erstentwürfe für eine Novellierung zu einem Ökostromgesetz stammen
aus dem Jahr 2014. Eine Umsetzung ist bisher der temporären Lähmung der Politik zum Opfer gefallen. Aktuell
gibt es Signale, dass eine kleine Novelle der Ökostromreform noch heuer zu Stande kommt. Der Bundesverband
Photovoltaic appelliert an alle politischen Verantwortlichen in Regierung und Parlament, die für die Zukunft
unseres Landes und der nächsten Generationen so wichtigen Reformen ohne parteipolitisches Hick-Hack zu bewerkstelligen.
Hans Kronberger: „Das Erreichen des ersten Gigawatt Sonnenstrom in Österreich muss ein massiver Ansporn für
alle Beteiligten sein – auch aus Politik und Wirtschaft – um eine höhere Beschleunigung des Zuwachses zu bewirken.“
|