Späte Momente des Friedens von Holocaust-Überlebenden – Alfred Fried Photography
Award für Porträtreihe "Devoted to life" an Helena Schätzle
Wien (pk) - "Wie können Menschen, die so viel Hass erfahren mussten, so viel Liebe geben?"
fragte sich die diesjährige Alfred Fried Award Gewinnerin Helena Schätzle mehr als einmal, als sie über
viele Monate hinweg Überlebende des Holocaust und deren Familien in Israel begleitete. Mit ihren Bildern habe
die deutsche Fotografin damit zur zentralen Frage des Fotobewerbs "Wie sieht Frieden aus?" auf sensible
Weise "späte Momente des Glücks in einem traumatisierten Leben nach dem Überleben" eingefangen,
hieß es unter anderem in der Begründung der internationalen Jury zur Preisvergabe. Helena Schätzle
wurde am 20.09. im Parlament in Anwesenheit von internationalen Friedenspersönlichkeiten für die Porträtreihe
"Devoted to life" mit dem Alfred Fried Photography Award für das Friedensbild des Jahres 2016 ausgezeichnet.
Die Keynote zum Award hielt auf Einladung von Nationalratspräsidentin Doris Bures Abdessattar Ben Moussa,
Präsident der tunesischen Menschenrechtsliga, die als Mitglied des Nationalen Dialog-Quartetts den Friedensnobelpreis
2015 erhalten hatte. In seiner nachdrücklichen Rede hob Ben Moussa hervor, wie wichtig es sei, eine "Kultur
des Friedens" in die Welt zu tragen. Es gelte, einen Dialog zu finden zwischen allen Kulturen, Religionen
und Zivilisationen, um den Frieden gemeinsam aufzubauen. Mit einer "Kultur des Brückenbauens" nachhaltig
Frieden zu realisieren muss das gemeinsame Ziel sein. Dazu brauche es auch die internationale Solidarität,
arme Länder zu unterstützen, auch wenn es darum geht, die Wichtigkeit der Bildung anzuerkennen. "Das
Recht auf Frieden ist eng gekoppelt an das Recht auf Leben", betonte Ben Moussa, denn "wenn die Menschen
leben wollen, so geht das nur über den Frieden". Er dankte dem österreichischen Parlament dafür,
dass es seit vielen Jahren bekannt dafür ist, den Frieden zu unterstützen.
Bures: Das Bedürfnis ist groß, dem Frieden ein Gesicht zu verleihen
"Die Friedenssehnsucht wächst mit dem Unfrieden auf der Welt", s agte Nationalratspräsidentin
Doris Bures in ihren Begrüßungsworten und bedankte sich für das große Engagement beim Organisator
und bei allen PartnerInnen des Awards, bei der Jury und bei den tausenden FotografInnen, die in ihren eingereichten
Arbeiten "mit dem Medium der Fotografie ein Stück Frieden festgehalten haben". Die "beeindruckende
internationale Beachtung" des Alfred Fried Photography Award durch die Vielzahl an eingereichten Bildern würde
nicht zuletzt auch daran liegen, dass in "so bewegten Zeiten, wie wir sie erleben, das Bedürfnis besonders
groß ist, dem Frieden ein Gesicht zu verleihen", betonte die Präsidentin die Bedeutung des zum
dritten Mal im Parlament verliehenen Preises am Vorabend des Internationalen Tags des Friedens.
Die Nationalratspräsidentin bezeichnete es als große Ehre, einen ganz besonderen "Botschafter des
Friedens", Abdessattar Ben Moussa, und den Journalisten und Menschenrechtsaktivisten Mazen Darwish bei dem
Award begrüßen zu können.
"Es ist unendlich schmerzlich, dass es der Staatengemeinschaft auch im sechsten Jahr des Bürgerkriegs
noch nicht gelungen ist, das Blutvergießen und das unendliche Leid der syrischen Bevölkerung zu beenden",
drückte Bures auch ihr zentrales Bedauern für die Situation in Syrien aus: Für die Hoffnung auf
eine dauerhafte friedliche Lösung gelte es auch nach dem schweren Rückschlag durch die Ereignisse der
vergangenen 24 Stunden in den Bemühungen zur Beilegung des Konflikts weiterhin alle Anstrengungen zu unternehmen,
damit es endlich zu einem Schweigen der Waffen kommt.
Den Bilderfluten der Kriege die Bilder des Friedens an die Seite stellen
Der Vorsitzende der diesjährigen Jury Rolf Nobel, Professor für Fotografie an der Fachhochschule Hannover,
betonte die Strahlkraft, die der Alfred Fried Photography Award nach nur vier Jahren schon entwickelt hat. "Wenn
es die Aufgabe eines Mediums wie der Fotografie ist, alle Themen menschlichen Daseins darzustellen, dann ist es
eine ebenso wichtige Aufgabe, den Bilderfluten der Kriege die Bilder des Friedens an die Seite zu stellen",
wies Nobel in diesem Zusammenhang auf die Bedeutsamkeit der Visualisierung des Friedens-Themas hin.
Bezugnehmend auf die gesamtgesellschaftlichen Veränderungen im Zuge der Digitalisierung sagte der Organisator
des Awards, Lois Lammerhuber, dass sich seit der Erfindung der Smartphone-Fotografie eine "Barrierefreiheit
zur Kreativität" entwickelt, die völlig neue Möglichkeiten des Verständnisses der Welt
eingeleitet hat. Wir alle verfügen heute über dieses Werkzeug, uns der Welt visuell zu nähern. Mit
der so einfachen Frage "Wie sieht Frieden aus?" als Samenkorn die Menschen zum Nachdenken zu bringen,
dazu soll dieser Fotowettbewerb auch in Zukunft beitragen, betonte Lammerhuber die Wichtigkeit von Friedensbildern.
Der syrische Journalist und Menschenrechtsaktivist Mazen Darwish gedachte im Namen des International Press Institute
jenen JournalistInnen und FotografInnen, die im Laufe des Jahres 2016 in Ausübung ihres Berufes ermordet wurden.
In Kriegen gibt es keine Gewinner, es gibt nur Verlierer, hielt Darwish fest und drückte sein tiefes Bedauern
aus, KollegInnen verloren zu haben, die versuchten, mit ihren Fotos jene Politik aufzudecken, die in den Abgrund
führe. Fotos können Frieden vermitteln und dazu beitragen Frieden zu stiften, zeigte Mazen Darwish sich
überzeugt von der Bedeutung um die Wirkung der Friedensbilder des Awards im Parlament.
16.883 Bilder aus 127 Ländern
16.883 Bilder in 3.721 Einreichungen von FotografInnen aus weltweit 127 Ländern wurden 2016 für den
Alfred Fried Award eingereicht. Verglichen mit 2015 war dies eine neuerliche Steigerung der eingereichten Arbeiten
um etwa 20 Prozent. Die meisten Einreichungen kamen aus Indien, Deutschland, Russland, USA, Brasilien, Großbritannien,
China, Österreich, Iran und Italien. Zusätzlich zum Award für das Friedensbild des Jahres wurden
die besten fünf Arbeiten mit der Alfred Fried Medaille geehrt. Diese gingen an die FotografInnen Chris de
Bode (Niederlande) für "I have a dream", Altaf Qadri (Indien) für "School for the less
Fortunate", Boris Register (Russland) für "Eclipse Time", Leyla Emektar (Türkei) für
"Peace and Tranquility" und an die diesjährige Siegerin Helena Schätzle (Deutschland) für
"Devoted to life".
Zeichen für den Frieden aus Wien
Der Alfred Fried Photography Award für das Friedensbild des Jahres wird seit 2013 jährlich verliehen.
Dessen Namensgeber Alfred Fried, österreichischer Pazifist, Schriftsteller und Gründer der Zeitschrift
"Die Waffen nieder!" wurde im Jahr 1911 selbst mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Ins Leben gerufen
wurde der mit 10.000 Euro dotierte Alfred Fried Photography Award von der Photographischen Gesellschaft und der
Edition Lammerhuber, ausgeschrieben wird er gemeinsam mit dem Österreichischen Parlament, der Vereinigung
der ParlamentsredakteurInnen, der UNESCO und dem International Press Institute. Die PreisträgerInnen werden
von einer internationalen Jury ausgewählt.
Mit dem Award soll von Wien aus ein Zeichen für den Frieden gesetzt werden. Das Friedensbild des Jahres wird
ein Jahr lang im Parlament ausgestellt.
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