WKÖ-Präsident Leitl: Interessen von Unternehmen und Mitarbeitern gehen beide in die
gleiche Richtung - Abkehr von starren Arbeitszeit-Rahmenbedingungen
Wien (pwk) - Dynamische Arbeitsweisen und flexible Arbeitszeiten haben für Betriebe außerordentlich
hohe Priorität – und im Zuge von Globalisierung und Digitalisierung wächst diese Dynamik stetig weiter,
flexible Lösungen sind dringend gefragt.
„Dieses neue Bewusstsein wird längst auch von den Mitarbeitern mitgetragen, die sich auch für sich mehr
Zeitsouveränität wünschen“, betonte Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl am 20.09. in
einem Pressegespräch. „Wir sehen, dass sich die Anforderungen und Sichtweisen in der Arbeitswelt ändern.
Auf der Suche nach flexibleren Gestaltungsmöglichkeiten kann es also nie um ein Gegeneinander, sondern muss
es um ein Miteinander gehen! Flexibles Arbeiten heißt nicht mehr arbeiten für weniger Geld, sondern
eine bessere Verteilung der Normalarbeitszeit – mit Vorteilen für alle Beteiligten“, so Leitl.
Randzeitenflexibilität gefragt
Wie kommt man an diese Vorteile? Und welche Spielregeln brauchen Unternehmen der nächsten Generation,
um ihren eigenen und den Anforderungen der Mitarbeiter nach flexibleren Arbeitsweisen gerecht zu werden? Das erforscht
Prof. Michael Bartz von der IMC FH Krems, International Business Institute: „Was wir derzeit sehen, ist eine Art
sozialer Handschlag zwischen Arbeitgebern und ArbeitnehmerInnen. Der Hintergrund: Ihre Interessen gehen konform,
weil beide Seiten eine neue Art von Flexibilität in der Arbeit brauchen.“ Einer der Kernbereiche ist für
Bartz die Forderung nach mehr Randzeitenflexibilität: „Die starren Rahmen des Arbeitstages, der an immer zur
selben Zeit am selben Arbeitsort absolviert wird, gilt es aufzubrechen.“
Eine Möglichkeit dazu ist aus seiner Sicht die Einrichtung langfristiger Arbeitszeitkonten oder Zeitwertkonten,
wie dies in Deutschland und anderen Ländern schon praktiziert wird. Auch eine Koppelung eines solchen Kontos
mit dem Pensionskonto sei aus dieser Perspektive denkbar, meinte Bartz. Es geht darum, dass der Gesetzgeber solche
Wahlmöglichkeiten einmal analysiere und eröffne, betonte Bartz. „Wir brauchen flexible, smarte Lösungen
statt Einheitsbrei“. Wichtig sind längere Durchrechnungszeiten und die Einrichtung von Zeitkonten, da Arbeitnehmer
immer öfter größere Zeiträume für Familie oder Weiterbildung, Auszeiten oder längere
Freizeitblöcke haben wollen.“
Dass für den jeweiligen Betrieb maßgeschneiderte Lösungen unerlässlich sind, berichtete Thomas
Schmutzer, Geschäftsführer und Gesellschafter der HMP Beratungs GmbH.
„Pauschale Arbeitszeitregelungen können nicht zufriedenstellend sein, weil selbst in den gleichen Branchen
Betriebe sehr unterschiedlich Flexibilität leben und umsetzen. Es gibt keine zwei Betriebe, die die gleichen
Detailprobleme haben“. Beim Versuch, den Spagat zu machen zwischen flexibler Auftragserledigung, den Wünschen
der Mitarbeiter und den gesetzlichen Vorgaben geraten die Unternehmen schnell in einen rechtlichen Graubereich,
weiß Schmutzer: „Viele Arbeitszeitregelungen sind hochkomplex und für den einzelnen Betrieb kaum mehr
nachzuvollziehen. Oft ist nicht gleich klar zu erkennen, was eigentlich nicht erlaubt ist. In der Regel gehen Betrieb
und Mitarbeiter dazu über, sich selbst einen kreativen Weg zu suchen. Es liegt auf der Hand, dass dies durchaus
einvernehmlich auch jenseits von Regelungen passiert“.
Zeitliche Airbags schaffen – gesetzlichen Rahmen praxistauglich gestalten
„Vieles passiert aus Notwendigkeit in der Praxis. Wir fordern, dass die Praxis und der Rahmen bei den Arbeitszeiten
nicht zu weit auseinander klaffen“, brachte es Leitl auf den Punkt. „Wir brauchen daher die Möglichkeit, dass
sich Mitarbeiter legal nach Absprache auf betrieblicher Ebene zeitliche Airbags schaffen können. Gleichermaßen
soll es unseren Betrieben möglich sein, Auftragsspitzen flexibel abarbeiten zu können“. Für den
WKÖ-Präsidenten können die skandinavischen Länder dabei als Vorbild dienen. So haben Schweden
und Finnland keine gesetzliche Obergrenze für die tägliche Höchstarbeitszeit, es wird lediglich
die Ruhezeit festgelegt.
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