Flexibles Arbeiten: „Sozialer Handschlag“
 von Arbeitgebern und Arbeitnehmern

 

erstellt am
21. 09. 16
11:00 MEZ

WKÖ-Präsident Leitl: Interessen von Unternehmen und Mitarbeitern gehen beide in die gleiche Richtung - Abkehr von starren Arbeitszeit-Rahmenbedingungen
Wien (pwk) - Dynamische Arbeitsweisen und flexible Arbeitszeiten haben für Betriebe außerordentlich hohe Priorität – und im Zuge von Globalisierung und Digitalisierung wächst diese Dynamik stetig weiter, flexible Lösungen sind dringend gefragt.
„Dieses neue Bewusstsein wird längst auch von den Mitarbeitern mitgetragen, die sich auch für sich mehr Zeitsouveränität wünschen“, betonte Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl am 20.09. in einem Pressegespräch. „Wir sehen, dass sich die Anforderungen und Sichtweisen in der Arbeitswelt ändern. Auf der Suche nach flexibleren Gestaltungsmöglichkeiten kann es also nie um ein Gegeneinander, sondern muss es um ein Miteinander gehen! Flexibles Arbeiten heißt nicht mehr arbeiten für weniger Geld, sondern eine bessere Verteilung der Normalarbeitszeit – mit Vorteilen für alle Beteiligten“, so Leitl.

Randzeitenflexibilität gefragt
Wie kommt man an diese Vorteile? Und welche Spielregeln brauchen Unternehmen der nächsten Generation, um ihren eigenen und den Anforderungen der Mitarbeiter nach flexibleren Arbeitsweisen gerecht zu werden? Das erforscht Prof. Michael Bartz von der IMC FH Krems, International Business Institute: „Was wir derzeit sehen, ist eine Art sozialer Handschlag zwischen Arbeitgebern und ArbeitnehmerInnen. Der Hintergrund: Ihre Interessen gehen konform, weil beide Seiten eine neue Art von Flexibilität in der Arbeit brauchen.“ Einer der Kernbereiche ist für Bartz die Forderung nach mehr Randzeitenflexibilität: „Die starren Rahmen des Arbeitstages, der an immer zur selben Zeit am selben Arbeitsort absolviert wird, gilt es aufzubrechen.“

Eine Möglichkeit dazu ist aus seiner Sicht die Einrichtung langfristiger Arbeitszeitkonten oder Zeitwertkonten, wie dies in Deutschland und anderen Ländern schon praktiziert wird. Auch eine Koppelung eines solchen Kontos mit dem Pensionskonto sei aus dieser Perspektive denkbar, meinte Bartz. Es geht darum, dass der Gesetzgeber solche Wahlmöglichkeiten einmal analysiere und eröffne, betonte Bartz. „Wir brauchen flexible, smarte Lösungen statt Einheitsbrei“. Wichtig sind längere Durchrechnungszeiten und die Einrichtung von Zeitkonten, da Arbeitnehmer immer öfter größere Zeiträume für Familie oder Weiterbildung, Auszeiten oder längere Freizeitblöcke haben wollen.“

Dass für den jeweiligen Betrieb maßgeschneiderte Lösungen unerlässlich sind, berichtete Thomas Schmutzer, Geschäftsführer und Gesellschafter der HMP Beratungs GmbH.
„Pauschale Arbeitszeitregelungen können nicht zufriedenstellend sein, weil selbst in den gleichen Branchen Betriebe sehr unterschiedlich Flexibilität leben und umsetzen. Es gibt keine zwei Betriebe, die die gleichen Detailprobleme haben“. Beim Versuch, den Spagat zu machen zwischen flexibler Auftragserledigung, den Wünschen der Mitarbeiter und den gesetzlichen Vorgaben geraten die Unternehmen schnell in einen rechtlichen Graubereich, weiß Schmutzer: „Viele Arbeitszeitregelungen sind hochkomplex und für den einzelnen Betrieb kaum mehr nachzuvollziehen. Oft ist nicht gleich klar zu erkennen, was eigentlich nicht erlaubt ist. In der Regel gehen Betrieb und Mitarbeiter dazu über, sich selbst einen kreativen Weg zu suchen. Es liegt auf der Hand, dass dies durchaus einvernehmlich auch jenseits von Regelungen passiert“.

Zeitliche Airbags schaffen – gesetzlichen Rahmen praxistauglich gestalten
„Vieles passiert aus Notwendigkeit in der Praxis. Wir fordern, dass die Praxis und der Rahmen bei den Arbeitszeiten nicht zu weit auseinander klaffen“, brachte es Leitl auf den Punkt. „Wir brauchen daher die Möglichkeit, dass sich Mitarbeiter legal nach Absprache auf betrieblicher Ebene zeitliche Airbags schaffen können. Gleichermaßen soll es unseren Betrieben möglich sein, Auftragsspitzen flexibel abarbeiten zu können“. Für den WKÖ-Präsidenten können die skandinavischen Länder dabei als Vorbild dienen. So haben Schweden und Finnland keine gesetzliche Obergrenze für die tägliche Höchstarbeitszeit, es wird lediglich die Ruhezeit festgelegt.

 

 

 

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