Auftragseingänge wertmäßig um 1,3 Prozent gesunken – stabile Beschäftigung
erwartet – Betriebsanlagenrecht zentraler Baustein bei Reform der Gewerbeordnung
Wien (pwk) - „Während die ersten Monate des Jahres von leichtem Optimismus geprägt waren, müssen
wir anhand der Halbjahreszahlen feststellen: Die Konjunktur entwickelt sich nicht wie erwartet und wir machen im
ersten Halbjahr 2016 einen Schritt zurück“, betonte die Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk, Renate
Scheichelbauer-Schuster, am 02.10. Im Durchschnitt sind die Auftragseingänge bzw. Umsätze im 1. Halbjahr
2016 gegenüber dem 1. Halbjahr 2015 wertmäßig um 1,3 % gesunken. Trotz dieser „Durststrecke“ sei
es beachtlich, dass die heimischen Gewerbe- und Handwerksbetriebe weiterhin den Personalstand konstant halten wollen.
Über die Gründe für die rückläufigen Konjunkturzahlen könne derzeit nur gemutmaßt
werden. Höchst wahrscheinlich habe sich die Steuerentlastung der heimischen Bevölkerung nicht in zusätzlichen
Aufträgen niedergeschlagen, sondern werde eher angespart oder in andere Konsumgüter investiert, so die
Obfrau. Dabei seien die Rückmeldung in Hinblick auf den vor dem Sommer verlängerten Handwerkerbonus gut.
Das Volumen von 20 Millionen Euro für 2016 werde angesichts dieser Zahlen für viele Kleinbetriebe ein
möglicherweise überlebenswichtiger Impuls sein.
Konkret meldeten 21 % der Betriebe Steigerungen um durchschnittlich 12,1 %, ?bei 53 % der Betriebe lagen die Auftragseingänge
auf Vorjahresniveau und ?26 % der Betriebe verzeichneten Rückgänge um durchschnittlich 16,1 %. ?“Damit
hat sich das österreichische Gewerbe und Handwerk schlechter entwickelt als andere Sektoren der österreichischen
Wirtschaft“, unterstreicht der Direktor der KMU Forschung Austria, Walter Bornett.
Im dritten Quartal beurteilen 23 % der Betriebe die Geschäftslage mit "gut" (Vorjahr: 18 %), ?57
% mit "saisonüblich" (Vorjahr: 56 %) und ?20 % der Betriebe mit "schlecht" (Vorjahr: 26
%). ?“Auch wenn sich im Vergleich zum Vorquartal die Stimmungslage leicht verbessert hat und nun per Saldo im positiven
Bereich liegt, zeigt sich, dass kaum Optimismus bei den Betrieben vorhanden ist, Für das vierte Quartal rechnen
82 Prozent mit keiner Veränderung oder sogar einer Verschlechterung“, so Bornett.
Gewerbe und Handwerk als Beschäftigungs- und Ausbildungsmotor
Umso mehr müsse man hervorheben, dass für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2016 12 % der Betriebe
den Beschäftigtenstand um durchschnittlich 13,9 % erhöhen wollen, ? 84 % der Betriebe den Personalstand
konstant halten und ?4 % der Betriebe die Zahl der Mitarbeiter um durchschnittlich 15,9 % verringern wollen. ?“Im
Durchschnitt ergibt sich daraus eine geplante Erhöhung des Beschäftigtenstandes um 1,3 %. Der Personalbedarf
liegt damit über dem Niveau des Vergleichsquartals des Vorjahres“, so Bornett. „Gewerbe und Handwerksbetriebe
sind der Ausbildungs- und Beschäftigungsmotor am heimischen Standort. Dass unsere Betriebe ihre Fachkräfte
trotz der schwierigen Situation halten wollen, ist ein starkes Signal“, unterstreicht Scheichelbauer-Schuster.
Leichtes Plus im dritten Quartal zu erwarten
In den investitionsgüternahen Branchen ist der durchschnittliche Auftragsbestand im Vergleich zum 3. Quartal
des Vorjahres um 6,5 % gestiegen. Im Auftragsbestand nach Kundengruppen – Privat, Öffentlich und Direktvergabe
– zeigt sich in den vergangenen 5 Quartal ein einheitliches Bild. Rund 80 Prozent der Aufträge stammen von
privaten/gewerblichen Auftraggebern, 12 Prozent von der öffentlichen Hand und etwa 8 Prozent stammen aus Direktvergaben
durch Bund, Länder und Gemeinden. Die Auftragsauslastung liege für etwas mehr als ein Drittel der Betriebe
(35 Prozent) zwischen einer und vier Wochen. Lediglich 8 Prozent der Betriebe verfügen über einen Auftragsbestand,
der sie über einen Zeitraum von 20 Wochen planen lassen.
Im konsumnahen Bereich verzeichneten 21 % der Betrieb Umsatzsteigerungen gegenüber dem 3. Quartal 2015 (Vorjahr:
12 %), ? 62 % keine Veränderung (Vorjahr: 65 %) und 17 % Umsatzrückgänge (Vorjahr: 23 %). ?Per Saldo
(Anteil der Betriebe mit Umsatzsteigerungen abzüglich Umsatzrückgängen) überwiegen die Betriebe
mit Umsatzsteigerungen um 4 %-Punkte, sodass sich die Situation demnach gegenüber dem Vergleichsquartal des
Vorjahres verbessert hat.
„Diese Zahlen zeigen, dass sich die Schere für die Gewerbe und Handwerksbetriebe weiter öffnet. Denn
die Auftragseingänge haben einen immer geringeren Vorlauf, das Kostenargument gewinnt weiter an Bedeutung“,
so Bornett, der darauf verweist, dass 50 Prozent der Betriebe angeben, sofort Aufträge übernehmen zu
können. „Angesichts der schlechten Zahlen des ersten Halbjahrs und der gedämpften Erwartungen für
den Rest des Jahres bin ich trotz der verbesserten Zahlen im dritten Quartal für das Gesamtjahr 2016 skeptisch,
ob sich eine positive Entwicklung noch ausgeht oder wir nicht eher ein Minus zu erwarten haben.“
Reform der Gewerbeordnung: Fokus auf Betriebsanlagenrecht
Als „ganz zentralen Baustein“ erachtet Scheichelbauer-Schuster das Betriebsanlagenrecht im Rahmen einer Reform
der Gewerbeordnung: „Eine Modernisierung des Betriebsanlagenrechts ist ein wesentlicher Schritt, um unsere Betriebe
von Bürokratie, Wartezeiten und Kosten zu entlasten. Hier besteht Handlungsbedarf. Die Vorschläge der
Wirtschaft reichen von Erweiterungen der Genehmigungsfreistellungen über eine Senkung der Verfahrenskosten,
mehr Spielraum bei Anlagenänderungen ohne neue Behördenverfahren bis zum Schutz vor nachträglichen
Nachbarbeschwerden“, so die Obfrau auch in Replik auf das gestern, Samstag, vorgestellte Positionspapier des Kärntner
Landeshauptmanns Peter Kaiser.
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