Flüchtlingskrise und Türkei im Fokus einer aktuellen Aussprache des Außenpolitischen
Ausschusses
Wien (pk) - Aussenminister Sebastian Kurz will in der Frage eines EU-Beitritts der Türkei "mit
offenen Karten spielen". In einer aktuellen Aussprache des Außenpolitischen Ausschusses bekräftigte
der Minister am 27.09., es sei derzeit nicht angebracht, weitere Verhandlungskapitel mit Ankara zu öffnen,
vielmehr sollte man klar sagen, dass ein Vollbeitritt der Türkei nicht das Ziel ist. Was die Flüchtlingskrise
betrifft, unterstützte er die Idee von Rückführungsabkommen, gab aber zu bedenken, ohne Druck auf
die Herkunftsländer werde es nicht gehen. Fest steht für Kurz überdies, dass die MigrantInnen bereits
an der Grenze gestoppt werden müssen.
Kurz für "offene Karten" mit der Türkei
Es sei nicht sinnvoll, der Türkei lange etwas vorzugaukeln und dann zuzugeben, dass das nicht ernst gemeint
war. Vielmehr sollte man mit offenen Karten spielen und klar aussprechen, dass sich die Türkei in den letzten
Jahren weiter weg von der EU entwickelt hat, meinte Kurz. Der Außenminister zog dabei an einem Strang mit
Ausschussobmann Josef Cap (S), der ebenso wie Christoph Vavrik von den NEOS für eine strategische Partnerschaft
mit Ankara an Stelle eines Vollbeitritts eintrat. Verhaftungen, Massenentlassungen und Säuberungswellen sind
inakzeptabel, unterstrich Kurz mit Nachdruck und stellte klar, trotz des Flüchtlingsdeals sei es notwendig,
auf Menschenrechtsverfehlungen hinzuweisen. Auch gelte es, gegenüber Ankara weiter Druck für eine friedliche
Lösung des Kurdenproblems zu machen, zeigte sich der Minister einer Meinung mit Aslan Aygül Berivan (G).
Rückführungsabkommen: Kurz will Druck auf die Herkunftsländer ausüben
Die Migrationskrise bezeichnete Kurz als globales Problem, meinte aber, von Lösungen auf internationaler Ebene
sei man noch weit entfernt. Es sei deshalb wichtig, nationale Maßnahmen an den Grenzen zu setzen und die
MigrantInnen bereits an der EU-Außengrenze zu stoppen. Je mehr Menschen wir aufnehmen, desto schwieriger
wird es sein, sie wieder zurückzustellen, brachte Kurz die Herausforderung aus seiner Sicht auf den Punkt.
Rückführungsabkommen mit den Herkunftsländern der Flüchtlinge, wie sie etwa Johannes Hübner
(F) und Christoph Hagen (T) forderten, hält der Minister für sinnvoll, wenngleich er zu bedenken gab,
dass es ohne Druck nicht gehen werde und Österreich in diesem Bereich weniger Möglichkeiten habe als
etwa Großbritannien oder die EU als Ganzes. Man müsse jedenfalls zur Kenntnis nehmen, dass für
viele Staaten in Afrika die Überweisungen ihrer Staatsangehörigen große Bedeutung haben. Vorstellbar
ist für Kurz die Streichung von finanzieller Unterstützung einschließlich der Mittel aus der Entwicklungszusammenarbeit
an jene Länder, die nicht bereit sind, illegale MigrantInnen zurückzunehmen. In diesem Bereich trat Kurz
in Widerspruch zu Tanja Windbüchler-Souschill (G), die wie auch Petra Bayr (S) davor warnte, die EZA-Gelder
für Migrationsmanagement einzusetzen.
Außenminister steht zur Schließung der Balkanroute
Die Schließung der Balkanroute sei der richtige Schritt gewesen, betonte Kurz und pflichtete dabei ÖVP-Mandatar
Reinhold Lopatka bei. Wenn die Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU trotz des Beschlusses vom letzten
Jahr noch immer nicht funktioniert, dann liege es daran, dass viele Menschen nicht bereit sind, in Länder
wie etwa Rumänien zu gehen. Dass durch die Schließung der Balkanroute nun Griechenland und Italien überfordert
wären, wie dies Alev Korun (G) feststellte, ist für Kurz nicht nachvollziehbar. In keinem einzigen Jahr
hätte es in diesen beiden Ländern mehr Asylanträge gegeben als in Österreich. Nicht gelten
ließ Kurz den Vorwurf Koruns, Österreich betreibe in der Flüchtlingsfrage eine Politik der Abschottung.
"Wir dürfen vor dem Leid der Welt nicht die Augen verschließen. Die unbeschränkte Aufnahme
von Flüchtlingen in Mitteleuropa kann aber keine Antwort sein, dieses Leid zu lindern".
Insgesamt trat Kurz dafür ein, durch Einsatz von EZA-Mitteln die Situation der Menschen vor Ort zu verbessern.
Abgeordnete besorgt über humanitäre Lage in Syrien und im Nord-Irak
Was Syrien betrifft, fasste Andreas Schieder (S) die aktuelle Situation mit den Worten zusammen, eine friedliche
Stabilisierung rücke nach den jüngsten Bombardements in die Ferne. Seine Fraktionskollegin Christine
Muttonen zeigte sich in diesem Zusammenhang besorgt über die Situation in den Flüchtlingslagern und sprach
dabei auch eine zu erwartende Zuspitzung im Nord-Irak an. Syrien allein brauche 3,2 Mrd. €, bestätigte Kurz,
der Bedarf an humanitärer Hilfe für die gesamte Region betrage 4,5 Mrd. €.
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