Mitterlehner: Aufstieg motiviert für weitere Reformen
Wien (wifo/bmwfw) - Erstmals seit Jahren rückt Österreich im Global Competitiveness Ranking des
World Economic Forum auf. Es liegt nun auf dem weltweit 19. Rang. Vor allem hinsichtlich der Staatsverschuldung
macht Österreich Plätze gut. Ein großes Defizit bleibt das Steuer- und Abgabensystem. Der Standort
Österreich wird wieder attraktiver. Zu diesem Ergebnis kommt der am 28.09. veröffentliche Global Competitiveness
Report 2016-17 des World Economic Forum (WEF) in Genf. Österreich rückte im Ranking um vier Plätze
auf und liegt nun auf Rang 19. Das Ranking beurteilt alljährlich die Wettbewerbsfähigkeit in 138 Ländern.
Das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) ist als österreichischer Partner des
WEF an der Studie beteiligt. Das Ranking beruht auf statistischen Quellen internationaler Organisationen sowie
auf einer umfassenden Manager-Befragung in den teilnehmenden Ländern.
Österreich holte in der Einschätzung des WEF vor allem hinsichtlich des makroökonomischen Umfeldes
auf: Bezüglich der Staatsverschuldung verbesserte sich die Platzierung um 37 Plätze auf den 37. Rang,
bezüglich der Entwicklung der Finanzmärkte um 13 Plätze auf den 34. Rang. Neu berücksichtigt
wurde ein Indikator zur Bonität der Länder. Hier nimmt Österreich den 14. Rang ein.
Der neue Leiter des WIFO, o.Univ.-Prof. Dr. Christoph Badelt, will die jährlichen Schwankungen im Ergebnis
des Global Competitiveness Report nicht überbewerten. Dennoch zeigt er sich erfreut, dass sich das Stimmungsbild
in den österreichischen Unternehmen erstmals seit vier Jahren wieder verbessert hat. Der Bericht gibt auch
Hinweise auf eine Verbesserung von Strukturfaktoren, die langfristig wirken: So wird die Ausbildungsqualität
in mathematischen und naturwissenschaftlichen Fächern besser eingeschätzt als früher (30. Rang,
zuvor 37. Rang). Hinsichtlich der Ausstattung der Schulen mit Internetzugang erreichte Österreich den 26.
Rang (+7 Plätze). Bezüglich der Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal mit technischer oder wissenschaftlicher
Ausbildung nimmt Österreich den 27. Rang ein. Damit wurden im vergangenen Jahr 10 Plätze, innerhalb der
letzten zwei Jahre sogar 26 Plätze gutgemacht.
Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren werden heuer kaum bemerkenswerte Verschlechterungen einzelner Indikatoren
berichtet. Besonders negativ wird jedoch weiterhin das Steuer- und Abgabensystem gesehen. Hinsichtlich der davon
ausgehenden Anreize für Investitionen sowie für Arbeit und Beschäftigung liegt Österreich nur
auf den Plätzen 120 und 133. Dr. Michael Peneder, Projektleiter am WIFO, betont daher, dass Österreich
zur nachhaltigen Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit weiter vor bekannten Herausforderungen steht. Dazu
gehören insbesondere eine Reform des Steuer- und Abgabensystems mit einer effektiven Entlastung des Faktors
Arbeit sowie die konsequente Stärkung des Innovations- und Ausbildungssystems.
International blieben die Spitzenplätze auch heuer nahezu unverändert. Die Schweiz nimmt weiterhin den
ersten Rang ein vor Singapur und den USA, den Niederlanden, Deutschland und Schweden. Überraschend ist die
Verbesserung Großbritanniens um 3 Plätze auf den 7. Rang. Dies sei, so Peneder, darauf zurückzuführen,
dass die in der Studie verwendeten Umfragedaten zu Beginn des Jahres, also noch vor der Brexit-Entscheidung, erhoben
wurden.
Technische Anmerkung
Das World Economic Forum in Genf erstellt seit dem Jahr 2004 den Global
Competitiveness Index. Dieser beruht sowohl auf statistischen Quellen internationaler Organisationen als auch
einer umfassenden Manager-Befragung (Executive Opinion Survey). Wettbewerbsfähigkeit wird dabei als die Gesamtheit
der Institutionen, Politiken und Determinanten definiert, welche das Produktivitätsniveau eines Landes bestimmen.
Gerade in den Rängen 4 bis 25 können wegen der großen Leistungsdichte geringe Schwankungen bereits
eine Verschiebung um mehrere Plätze zur Folge haben. Diese sollte man daher für einzelne Jahre nicht
überschätzen, sondern in ihrer langfristigen Entwicklung beobachten. Das WIFO ist österreichischer
Partner des WEF und hat wie in den vergangenen Jahren die Umfragedaten unter den österreichischen Managern
erhoben.
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Mitterlehner: Stimmungsbild bei Unternehmen verbessert - Bürokratische Hürden abbauen,
modernes Arbeitsrecht ermöglichen
„Der Aufstieg unter die Top 20 ist ein positives Signal und Ansporn für weitere Reformen. Das Stimmungsbild
in den heimischen Unternehmen hat sich spürbar verbessert“, sagt Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold
Mitterlehner, der sich für eine sachliche Debatte über die Standortqualität ausspricht: „Weder Krankjammern
noch Selbstzufriedenheit helfen uns weiter. Der Standort Österreich ist attraktiv, hat aber noch viel mehr
Potenzial. Das wollen und müssen wir heben.“
Aus Sicht Mitterlehners sind folgende fünf Schwerpunkte besonders wichtig, um die Wettbewerbsfähigkeit
des Wirtschafts- und Industrie-Standorts zu stärken: Ein modernes und flexibleres Arbeitszeitrecht. Der Abbau
bürokratischer Hürden in einem schlanken Staat. Eine ausgewogene Energie- und Klimapolitik. Die Sicherung
des Fachkräftebedarfs und die Stärkung der Wissensgesellschaft. Zusätzlich eine Offensivstrategie
für die Digitalisierung und den Wandel in Richtung Industrie 4.0. „Forschung, Technologie und Innovation entscheiden
über den langfristigen Wohlstand. Daher müssen wir die Entwicklung neuer Ideen auf allen Ebenen unterstützen“,
sagt Mitterlehner.
Ebenfalls wichtig ist der Abschluss von guten und fairen Handelsabkommen wie aktuell mit Kanada, um Exporte und
Arbeitsplätze zu sichern. „Als kleine offene Volkswirtschaft können wir uns keine internationalen Sonderwege
mit Abschottungstendenzen leisten“, bekräftigt Mitterlehner seine Position. Der Abbau von Handelshürden
sei ein wichtiger Wachstumsfaktor.
Das WEF-Ranking beruht auf statistischen Quellen internationaler Organisationen sowie auf einer Manager-Befragung.
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