Sozialminister warnt davor, Arme gegen Ärmere auszuspielen – Soziale Lösung in der
Frage der Mindestsicherung gefordert – Wertschöpfungsabgabe soll Sozialsystem mitfinanzieren
Wien (sk) - Sozialminister Alois Stöger hat am 28.09. bei der Sozialkonferenz des Pensionistenverbands
Österreich (PVÖ) im Dr.-Karl-Renner-Institut betont, dass Sozialpolitik entscheidend für die Demokratie
in diesem Land sei. Der PVÖ habe immer die Lebensbedingungen der Menschen im Auge und stehe für eine
vernünftige, nachhaltige Politik in ihrem Sinne. Der Minister betonte die Bedeutung des sozialen Zusammenhalts
in einer Gesellschaft, denn dieser halte auch die Demokratie zusammen. Österreich sei bekannt dafür,
dass es soziale Sicherheit biete. „Es war die Sozialdemokratie, die kollektive Schutzsysteme entwickelte und damit
die Freiheit der Menschen massiv erhöhte“, so Stöger. „Genau dieser Zusammenhalt wird jetzt, etwa durch
Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit erschüttert, die Menschen sind verunsichert und manche schüren
diese Verunsicherung bewusst weiter. Da werden die Armen gegen die noch Ärmeren ausgespielt“, kritisierte
der Minister. Dabei dürfe man nicht mitmachen, so Stöger. Stattdessen seien Probleme genau anzuschauen
und zu handeln.
Stöger sprach sich gegen das Ausspielen bei Sozialleistungen, etwa von ÖsterreicherInnen gegen NichtösterreicherInnen
aus. „Dabei geht es immer um die Kürzung von Sozialleistungen, das trifft zuerst die Ärmsten, dann die
Armen, die, die vom staatlichen Transfer abhängen, und dann sind die PensionistInnen nicht mehr weit“, gab
Stöger zu bedenken. Das schaffe Armut, Obdachlosigkeit und nehme Kindern Perspektiven.
Zur Mindestsicherung sagte Stöger, dass er kein Land wolle, in dem es soziale Spannungen wie etwa in anderen
Großstädten gibt. „Ich will bei der Mindestsicherung um eine soziale Lösung kämpfen“, so Stöger.
Es solle kein Keil zwischen Menschen auf der Flucht und ÖsterreicherInnen getrieben werden oder das Modell
Mindestsicherung verschlechtert werden. Der Minister fordert „gleiche Bedingungen in ganz Österreich für
die Mindestsicherung statt neun verschiedene“. Klar sei auch, dass sich Menschen auf der Flucht, die in Österreich
Schutz gefunden haben, integrieren müssen.
Zum Thema Arbeitslosigkeit betonte der Minister, dass diese eine große Herausforderung sei, aber immer wieder
übersehen werde, dass es derzeit auch Rekordbeschäftigung in Österreich gebe – ein Plus von 57.000
Arbeitsplätzen gegenüber August 2015. „In der Arbeitsmarktpolitik stehen wir vor Herausforderungen, ganz
entscheidend ist hier die Qualifizierung“, so Stöger, der auf die Ausbildungspflicht der 15- bis 18-Jährigen
hinwies. Darüber hinaus wurde ein Arbeitsmarktpaket beschlossen, das unter anderem Fachkräftestipendien
und zusätzliche Stellen für das Arbeitsmarktservice enthält.
Zum Thema Flucht sagte der Minister, dass Menschen, die hier Schutz suchen, eine große Herausforderung für
Gesellschaft und Sozialsystem sind, aber dieser Schutz sei alternativlos: „In einer aufgeklärten Gesellschaft
muss man einen Beitrag leisten, diesen Menschen Schutz zu bieten.“ Als Unterstützung in diesem Zusammenhang
soll ein Integrationsjahr dienen, in dem unter anderem die Sprache erlernt und Orientierungskurse über Kultur
und Leben in Österreich absolviert werden sollen.
Stöger sei Bundeskanzler Kern sehr dankbar dafür, dass er sagte, dass eine stärkere europäische
Perspektive in der Frage der Zuwanderung, aber auch in der Frage der Investitionen nötig sei: „Wirtschaftspolitische
Maßnahmen wirken nur, wenn sie geballt auf EU-Ebene vorgenommen werden.“ 500 Mrd. Euro mehr an Investitionen
seien ein wichtiger Impuls auch für eine neue Sozialpolitik.
Zur Wertschöpfungsabgabe sagte der Sozialminister, dass der Faktor Arbeit entlastet und für diese Entlastung
eine neue Finanzierung des Sozialstaats aufgestellt werden müsse. Etwa, indem Unternehmen mit hoher Wertschöpfung
ihren Beitrag zum Sozialstaat leisten, das sei „dringend nötig“. Die Steuerreform habe die Einkommen auch
schon entlastet, dies habe bereits die Konjunktur angehoben.
Beim Thema Pensionen wollte der Sozialminister den laufenden Verhandlungen nicht vorgreifen, betonte aber, dass
unser umlagefinanziertes Pensionssystem im Vergleich mit kapitalgedeckten Modellen am sichersten sei. „Ein Viertel
der Menschen in Österreich hat selbst in der Krise pünktlich seine Pension erhalten“, so Stöger.
Wichtige Weichen seien bereits beim Pensionsgipfel im Februar gestellt worden, wie die Erhöhung der Ausgleichszulage
auf 1000 Euro für Menschen, die 30 Jahre lang gearbeitet, aber niedrige Einkommen hatten. Wichtig sei auch,
dass das Thema Pensionsautomatik oder die vorzeitige Erhöhung des Frauenpensionsalters nicht zur Debatte stünden.
Stöger sprach dem PVÖ seinen Dank aus, immer eine klare Position in Sachen Pensionen einzunehmen.
PVÖ-Präsident Karl Blecha forderte in einem Referat „ein stärkeres Plus“ bei der Pensionsanpassung
2017. Blecha konkret: „100 Euro netto zusätzlich, automatisch im Frühjahr 2017 ausbezahlt, das ist der
konkrete Vorschlag des Pensionistenverbandes. Der Hunderter ist als zusätzlicher Teuerungsausgleich konzipiert
und kein Teil der Pension.“ Dieser Hunderter sei nur für das Inland gedacht. Blecha:
„Die PensionistInnen brauchen diese 100 Euro, weil Mieten und Lebensmittel, Pflegeleistungen und Gebühren
überdurchschnittlich gestiegen sind."
|