Voneinander lernen können beide Länder – dies der Tenor des Austausches zwischen
Thüringens MP Bodo Ramelow und LH Arno Kompatscher.
Erfurt/Bozen (lpa) - Exzellent begleitet und außerordentlich herzlich aufgenommen worden sei er in
Südtirol – dafür bedankte sich Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow gleich am 26.09. zu
Beginn des Empfangs im Palais Widmann bei Landeshauptmann Arno Kompatscher. „Es ist ein Gefühl, als sei ich
zuhause“, sagte Ramelow anerkennend.
Landeshauptmann unterstrich, wie sehr die Unternehmen Dr. Schär, Finstral und Alupress ihre Betreuung in Thüringen
geschätzt hätten, als sie jeweils ihre Produktionsstätten in Apolda, Greiz und Hildburghausen eröffneten.
„Ich bin froh, wenn es Südtirols Unternehmen andernorts leicht gemacht wird, sich anzusiedeln, um ihre Internationalisierung
voranzubringen, denn das bedeutet schließlich, dass sie für die Zukunft stärker aufgestellt sind“,
sagte der Landeshauptmann. „In diesem Fall ist es zudem so, dass diese beiden Unternehmen auch in ihre Südtiroler
Standorte weiter investieren – beide Wirtschaftsstandorte ergänzen sich also.“
„Es zählt tatsächlich zu unserer Strategie, Betriebsansiedelungen schnell und unbürokratisch abzuwickeln.
Es ist aber auch absolut verständlich, wenn Sie in Südtirol, wo nur 6 Prozent der Fläche bebaubar
sind, nicht beliebig viel Industrie ansiedeln können“, sagte Ramelow. „In unseren Industriegebieten steht
noch jede Menge Raum zur Verfügung. Dr. Schär hat beispielsweise aus einem Betrieb, der stark in Krise
war, ein gut gehendes Unternehmen gemacht.“ Zudem gelte Thüringen als eine Brücke zum russischen Markt,
so wie Südtirol zum italienischen.
Von Südtirol viel lernen könne hingegen Thüringen in Puncto arbeitsplatznaher Bildung. „Diesbezüglich
sind wir in Thüringen zu schwerfällig“, sagte Ramelow. „Dasselbe gilt für den Tourismus, wo unsere
Leute von euch eure Weltoffenheit gepaart mit Herzlichkeit erlernen sollten – ganz abgesehen von all dem, was Ihr
schönes Land sowieso zu bieten hat“, sagte der Ministerpräsident zum Landeshauptmann.
Eine Gemeinsamkeit zwischen den beiden Ländern bestehe zudem darin, dass sie auf einen Ausbau der Eisenbahnstrecken
bauen. Erfurt liege an der Schnellgeschwindigkeitsstrecke zwischen Frankfurt und Berlin und möchte die Chancen,
die sich daraus ergeben, gut ausschöpfen. „Auch Südtirols Anbindung, beispielsweise an München,
wird mit dem BBT und seinen Zulaufstrecken maßgeblich verbessert. Die Auswirkungen des Individualverkehrs
sind nämlich für unser Land mittelfristig schädlich“, gab der Landeshauptmann zu bedenken.
Doppelt so groß wie Südtirol, viermal so viele Einwohner
Der Freistaat Thüringen ist mit seinen 16.000 Quadratkilometern etwa doppelt so groß wie Südtirol
und zählt zu den kleineren deutschen Bundesländern. Seine Hauptstadt ist Erfurt. Das Bundesland mit seinen
2,2, Millionen Einwohnern grenzt im Süden an Bayern, im Westen an Hessen und im Osten an Sachsen. Thüringen
verfügt über eine hohe Dichte an Kulturstätten von nationalem und internationalem Rang. Zum UNESCO-Welterbe
gehören das „Klassische Weimar“, das Bauhaus in Weimar und die Wartburg bei Eisenach. Bodo Ramelow ist der
einzige Ministerpräsident Deutschlands, der der deutschen Partei Die Linke angehört – er lenkt Thüringen
seit 2014.
Seit der Wiedervereinigung litt Thüringen zunächst unter einer hohen Abwanderung, die das Land mittlerweile
aufhalten konnte. Der Wanderungssaldo war 2013 erstmals seit 1996 wieder positiv. Ramelow sieht die Einwanderung
auch als Chance. „Die 21.500 Einwanderer, die sich bei uns niedergelassen haben, sind alle in Maßnahmen zugunsten
ihrer Inklusion involviert. Das war auch schon so, noch bevor ihr Asylverfahren abgeschlossen war“, sagte er. Sein
Land habe jedenfalls die Flexibilität gelernt, die es braucht, um mit Einwanderung bei Routineabläufen
gut umzugehen. Die Integrationskosten seien zwar von 25 Millionen Euro auf 479 Millionen geklettert, aber aus der
Notwendigkeit, neue Unterkünfte zu schaffen, sei letztlich ein Sonderkonjunkturprogramm für die lokalen
Handwerksbetriebe geworden.
Ramelow begrüßte nicht zuletzt den europäischen Geist, der in Südtirol herrsche. „Ich freue
mich, an Südtirol ein Partnerland gefunden zu haben, das Populismus nicht zulässt – und sich damit auch
Europa nicht kaputt reden lässt!“
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