Justizsysteme 2016 - Evaluierungsbericht der CEPEJ
Wien (bmi) - Die am 18. September 2002 (vor 10 Jahren) vom Ministerkomitee des Europarats eingesetzte Kommission
für die Effizienz der Justiz (CEPEJ, www.coe.int/cepej) widmet sich der Steigerung der Effizienz und funktionellen
Verbesserung der Justizsysteme Europas. Am 06.10. präsentierte die Kommission in Paris den Bericht zur Evaluierung
der Justizsysteme “European Judicial Systems 2016 - Efficiency and Quality of Justice”.
Mit diesem sechsten alle zwei Jahre erscheinenden Bericht will die CEPEJ den politischen Entscheidungsträgern
und der Justiz ein praktisches und detailliertes Werkzeug zur Verfügung stellen, um das Verständnis der
Funktionsweise der Justizsysteme in Europa, ihrer Effizienz und ihrer Qualität im Interesse von fast 850 Millionen
Europäern zu verbessern. Basierend auf den Daten für das Jahr 2014 ist der Bericht in Bezug auf die Anzahl
der Themen und behandelten Staaten einzigartig. Die verwendete Methodik macht es möglich, Analysen, Trends
und Reformprozesse der Justizsysteme von 46 Staaten [45 von 47 Mitgliedsländern (alle außer Liechtenstein
und San Marino) und Israel] zu präsentieren.
Die österreichische Justiz im internationalen Vergleich
Die österreichische Justiz muss den internationalen Vergleich nicht scheuen: Im aktuellen Bericht über
die europäischen Gerichtssysteme durch die Kommission für die Effizienz der Justiz des Europarates (CEPEJ)
ergibt sich für Österreich sehr Erfreuliches:
Besonders die sehr kurzen Erledigungszeiten im streitigen Zivilverfahren (130 Tage (errechnete Verfahrensdauer)
oder rund viereinhalb Monaten in Österreich gegenüber durchschnittlich 237 Tagen oder rund 8 Monaten
in Europa) sind außergewöhnlich. Streitige Scheidungen dauerten (gemessenen Verfahrensdauer) zuletzt
in Österreich nur mehr 162 Tage. In vielen Ländern Mittel- und Westeuropas dauert ein vergleichbares
Verfahren zwei- bis dreimal so lange.
Alle Leistungsdaten der Justiz sind fortwährend im europäischen Spitzenfeld zu finden: Österreich
wird die Eignung bescheinigt, große Verfahrensmengen schnell abwickeln zu können: Österreich ist
eines der wenigen Länder in Europa, das in Zivil- und Strafsachen eine Clearance Rate von mehr als 100% und
gleichzeitig eine Verfahrensdauer von weniger als 180 Tagen aufweist.
Dies bei gleichzeitig geringerem Budgetaufwand: Auf Grund des hohen Grades an Automatisierung der Verfahren muss
in Österreich in Relation zu anderen Staaten weniger Steuergeld für die Justiz aufgewandt werden. Die
österreichische Justiz kommt dem Steuerzahler im internationalen Vergleich daher sehr „günstig“.
Österreich muss kaum Verurteilungen im Sinne des Art. 6 der EMRK hinnehmen (zwei im Jahr 2015).
Österreich ist bei der Ausstattung mit IT-Infrastruktur in der Justiz und der elektronischen Verfahrensführung
in Europa führend, vor allem in der Ermöglichung der elektronischen Kommunikation zwischen Justiz und
Parteien. Positiv hervorgehoben wird das österreichische flächendeckende Videokonferenzsystem.
Auch in der Frauenförderung wird der österreichische Weg bestätigt: Der Anteil von Richterinnen
in Führungspositionen ist in Österreich besser als in den meisten Staaten Westeuropas.
Justizminister Wolfgang Brandstetter betont: „Die österreichische Justiz kann nicht nur prominente und komplexe
Verfahren ohne Ansehen der Person abwickeln. Wie die diesjährige Evaluierung der europäischen Justizsysteme
(CEPEJ) bestätigt, besitzt Österreich eines der effizientesten Justizsysteme unter den 47 Mitgliedsstaaten
des Europarats. Dafür bedanke ich mich bei allen Justizbediensteten herzlich! Österreich hat eine moderne
Justiz, die nicht nur den Rechtsfrieden gewährleistet, sondern jedem Bürger Rechtsschutz gewährt
und den Wirtschaftsstandort Österreich sichert! Die internationale Anerkennung dafür ist für mich
Ansporn dazu, auch weiterhin immer besser werden zu wollen.“
Generelle Trends in Europa
- Trotz der Wirtschaftskrise wird in der Mehrheit der europäischen Staaten
verstärkt in die Justiz investiert (manche sparen dafür umso restriktiver).
- Den Gerichtsgebühren kommt eine zunehmende Rolle bei der Finanzierung der
Justizsysteme zu. Sie tragen zu einer verstärkten Kostendeckung und einem Gleichgewicht der Kostentragung
zwischen Parteien und Steuerzahler bei.
- Der Zugang zum Recht wurde durch Verbesserungen bei der Verfahrenshilfe, elektronische
Unterstützung („e-justice“), bessere Informationen, „Kundenorientierung“, Opferschutz und die Einführung
von Qualitätsmanagementsystemen verbessert.
- Die Zahl der Gerichtsstandorte ist rückläufig.
- Der Frauenanteil in der Gerichtsbarkeit steigt stetig, aber nicht in den “Karriereinstanzen”
(“Glasdecke”).
- Die europäischen Gerichte können die Gesamtmenge der anfallenden Verfahren
erledigen. In manchen Staaten führten Einsparungsmaßnahmen zu leichten Verlängerungen der Verfahrensdauer.
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