Landwirtschaftsausschuss debattiert über Grünen Bericht und Wildschadensbericht
Wien (pk) - Nachdem der Grüne Bericht nun bereits zum vierten Mal in Folge einen Einkommensrückgang
in der heimischen Land- und Forstwirtschaft ausweist, beherrschte die Sorge um die Zukunft der österreichischen
Bäuerinnen und Bauern die Debatten in der Sitzung des Landwirtschaftsausschusses vom 05.10. Bundesminister
Andrä Rupprechter sprach von einer dramatischen Entwicklung, meinte aber, mit der freiwilligen Lieferrücknahme
bei Milch oder der Exportoffensive habe man entscheidende Maßnahmen zur Gegensteuerung gesetzt und sei auf
dem richtigen Weg. Die innerhalb der Koalition bereits akkordierte Sistierung der Sozialversicherungsbeiträge
im 4. Quartal für die landwirtschaftlichen Bertriebe werde zudem noch im Herbst legistisch umgesetzt.
Auf der Tagesordnung stand überdies der aktuelle Wildschadensbericht, der einmal mehr die negativen Einflüsse
von Wildverbiss und Schälschäden auf den Bestand des österreichischen Walds dokumentiert. Hier setzt
Rupprechter vor allem auf den mit der Mariazeller Erklärung gestarteten Forst-Jagd-Dialog und auf Bewusstseinsbildung
durch Erhebungen im Rahmen der Waldinventur.
Landwirtschaftliche Einkommen zum vierten Mal in Folge rückläufig
Dass die Situation für Österreichs Bäuerinnen und Bauern unverändert angespannt bleibt, zeigt
ein Blick auf die Daten des Grünen Berichts (III-307 d.B.) und des daran angeschlossenen Berichts über
die Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft (III-308 d.B.). Demnach sanken 2015 die Durchschnittseinkommen
der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe um 17% - der vierte Einkommensrückgang in Folge - , wobei die
Einbußen mit einem Minus von 23% bei den Bergbauernbetrieben besonders hoch ausfielen. Begründet wird
dies vor allem mit der schwierigen Marktlage bei Milch und Schweinen, aber auch mit geringeren Erntemengen bei
Sommergetreide als Folge der Dürre. Positive Meldungen kamen lediglich von den Exportmärkten, wo die
heimische Landwirtschaft vor allem mit ihrer hohen Qualität punkten konnte und mit einer überdurchschnittlichen
Steigerung der Ausfuhren gute Figur machte.
SPÖ will Bergbauernbetriebe und Nebenerwerb stärker fördern
Für die beiden SPÖ-Abgeordneten Erwin Preiner und Marianne Gusenbauer-Jäger ergibt sich aus der
Einkommenssituation in der Landwirtschaft nun vor allem die Notwendigkeit von Maßnahmen für Bergbauernbetriebe,
kleine Betriebe und NebenerwerbslandwirtInnen. Der Agrarsprecher der SPÖ forderte auch einen weiteren Ausbau
der Biofläche und schlug überdies vor, Mittel von der 1. Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik in die
2. Säule – die ländliche Entwicklung – umzuschichten und insgesamt den Faktor Arbeit bei den Förderungen
stärker zu berücksichtigen. Seine Fraktionskollegin Gabriele Heinisch-Hosek wies auf die große
Bedeutung von Frauen in der landwirtschaftlichen Betriebsführung hin und plädierte dafür, künftig
mehr Augenmerk auf die sozialen Dienste im ländlichen Raum zu lenken. Hermann Lippitsch (S) will zudem bei
der landwirtschaftlichen Investitionsförderung ansetzen, Walter Schopf (S) wiederum zeigte sich irritiert
über die großen Unterschiede bei der Höhe der Agrarförderungen.
ÖVP setzt auf Maßnahmen auf dem Milchmarkt
Hermann Schultes von der Volkspartei führte die Einkommenseinbußen auf den Verfall der Marktpreise im
Gefolge der internationalen Krise zurück und zog daraus den Schluss, Wertschöpfung könne Österreichs
Landwirtschaft nur noch durch hohe Qualität erzielen, der Motor sei hier der Export. Viel Lob fand er für
die Maßnahmen Rupprechters im Milchbereich. Allein die freiwillige Lieferrücknahme habe bereits zu einem
leichten Anstieg der Preise geführt. Entlastungen für die LandwirtInnen erwartet sich Schultes insgesamt
auch von der Streichung des Sozialversicherungsbeitrags für das letzte Jahresquartal. Ein Dorn im Auge ist
dem ÖVP-Mandatar allerdings die Besteuerung des Agrardiesels, die seiner Einschätzung nach Wettbewerbsnachteile
für die heimischen Betriebe nach sich zieht. Franz Eßl (V) pflichtete ihm bei und forderte Entlastungen
für die Bäuerinnen und Bauern, wobei er neben Kosten auch bürokratische Hemmnisse im Visier hatte.
FPÖ fordert Umschichtung der Agrarförderungen
Harald Jannach (F) forderte Rupprechter auf, endlich Klarheit über die angekündigte Befreiung der landwirtschaftlichen
Betriebe von den Sozialversicherungsbeiträgen für das vierte Quartal zu schaffen. Alarmiert reagierte
der Landwirtschaftssprecher der FPÖ auch auf die immer stärker auseinander klaffende Schere zwischen
Bergbauernbetrieben und den übrigen Betriebsformen. Er kritisierte in diesem Zusammenhang die Gestaltung der
Agrarförderungen und stellte fest, den Großteil des Geldes würden derzeit die großen Betriebe
erhalten. Bei der Erhebung der landwirtschaftlichen Einkommen vermisste Jannach ebenso wie Grünen-Rechnungshofsprecherin
Gabriela Moser einheitliche statistische Parameter.
Grüne kritisieren Kürzung der ÖPUL-Zahlungen
Wolfgang Pirklhuber (G) begrüßte den freiwilligen Lieferverzicht bei Milch als großen Erfolg des
auf Initiative des Parlaments abgehaltenen Milchdialogs, gab aber zu bedenken, die von ÖVP-Abgeordnetem Schultes
hervorgehobenen Preissteigerungen bei Milch seien nach wie vor äußerst gering und würden in keinem
Verhältnis zum vorangegangenen Einbruch stehen. Für die Einkommenseinbußen in der Landwirtschaft
machte Pirklhuber aber auch die deutlichen Kürzungen der Zahlungen für das Agrarumweltprogramm ÖPUL
verantwortlich und erneuerte die diesbezügliche Kritik seiner Fraktion. Er riet Rupprechter überdies,
den von der EU eingeräumten Spielraum auszuschöpfen und die ersten 30 Hektar stärker zu fördern.
Team Stronach gegen Agrarimporte, NEOS für Mengenrücknahme bei Milch
Team Stronach-Mandatar Leopold Steinbichler verband seine Klage über den Preisverfall bei Schweinen und Milch
auch mit schweren Bedenken gegen den Import von landwirtschaftlichen Produkten und prangerte einmal mehr die Substitution
von tierischen Fetten durch Palmöl an.
Für Josef Schellhorn von den NEOS sind die Einkommensrückgänge vor allem eine Folge der schlechten
Weltmarktpreise. Bei der Milch empfahl er, die Kapazitäten zurückzufahren und neue Nischen zu suchen.
Steuerungsmaßnahmen sind nach Ansicht Schellhorns aber auch beim Zucker notwendig, um nicht einen Preisverfall
wie bei der Milch zu riskieren.
Ruprechter: Aussetzen der Sozialversicherungsbeiträge wird 2017 nicht zu Beitragserhöhungen führen
Wir haben bereits auf die dramatische Lage in der Landwirtschaft reagiert, betonte Bundesminister Andrä
Rupprechter und erinnerte an Maßnahmen wie die Exportoffensive, die Förderung der Hagelversicherung,
die Ernteversicherung sowie das Marktentlastungspaket auf EU-Ebene für Schweine und Milch. Große Bedeutung
misst der Ressortchef in diesem Zusammenhang der freiwilligen Lieferrücknahme bei der Milch zu, wo allein
schon der Beschluss zu einer Reaktion auf den Rohstoffbörsen geführt habe. Erleichterungen für die
Bäuerinnen und Bauern erwartet sich Rupprechter auch durch die Aussetzung der Sozialversicherungsbeiträge
für das letzte Quartal 2016, wobei er noch für diesen Herbst die entsprechende legistische Umsetzung
ankündigte. Finanziert soll diese Maßnahme durch Auflösung der Reserven in der Krankenversicherung
werden. Ab Jänner 2017 ist aber wieder eine Befüllung dieser Reserven geplant. Rupprechter geht davon
aus, dass dies nicht durch eine Erhöhung der Beiträge, sondern durch entsprechendes Wirtschaften in der
Krankenversicherung möglich sein wird.
Rupprechter bekennt sich zu CETA
Der Minister sah sich in der Debatte auch mit heftiger Kritik der Abgeordneten an seiner positiven Haltung zu CETA
konfrontiert. So vermisste etwa Wolfgang Pirklhuber (G) eine Verankerung des Vorsorgeprinzips in dem EU-Freihandelsabkommen
mit Kanada, während Leopold Steinbichler (T) an die von Rupprechter genannten "roten Linien" erinnerte.
Für Gerald Hauser (F) stellte sich die Frage, wozu überhaupt Österreichs Landwirtschaft überhaupt
den kanadischen Markt brauche. Rupprechter bekannte sich ausdrücklich zum Freihandel und meinte, gerade für
die österreichische Landwirtschaft sei es wichtig und notwendig, neue Märkte zu bearbeiten. CETA bezeichnete
er als gut ausverhandeltes Abkommen, schränkte aber ein, er sei nicht mit allem hundertprozentig zufrieden.
Zu den "rote Linien" hielt er fest, Lebensmittelsicherheit, Versorgungsprinzip und das Right to Regulate
seien im Vertrag verankert, dies gelte auch für die Absicherung der geografischen Herkunftsbezeichnungen.
Die beiden Berichte wurden schließlich mit den Stimmen der Regierungsparteien und der NEOS zur Kenntnis genommen.
Wildschäden: Ministerium setzt auf Dialog zwischen Forst und Jagd
Bei den Wildschäden ist es zu keiner substanziellen Verbesserung der Lage gekommen. Konkrete Zahlen werden
zwar erst nach Abschluss der Waldinventur 2018 vorliegen, der Grundtenor des aktuellen Wildschadensberichts (III-301
d.B.) lässt aber bereits erkennen, dass die Beeinträchtigung des heimischen Waldes durch das Wild nach
wie vor Anlass zur Sorge bereitet.
Von den Abgeordneten Harald Jannach (F) und Josef Schellhorn (N) auf den dringenden Handlungsbedarf angesprochen,
gab Bundesminister Andrä Rupprechter zu bedenken, Maßnahmen zum Schutz des Waldes seien in der Kompetenz
der Länder. Der Bund werde aber weiterhin im Rahmen seiner Zuständigkeiten zur Lösung der Problematik
beitragen. Der Minister setzt dabei insbesondere auf den mit der Mariazeller Erklärung angestoßenen
Forst-Jagd-Dialog, erwartet sich aber auch positive Auswirkungen durch die nunmehr permanent durchgeführten
Erhebungen des Waldzustands.
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