Sozialminister Stöger hält Bankomatgebühren
 für unzulässig

 

erstellt am
05. 10. 16
11:00 MEZ

Konsumentenschutzausschuss befasst sich auch mit CETA, hohen Wohnkosten und gesundheitsschädlichen Kassazetteln
Wien (pk) - Eine klare Position bezüglich der Bankomatgebühren vertrat Sozialminister Alois Stöger am 04.10. im Konsumentenschutzausschuss des Nationalrats. Die KundInnen hätten einen Vertrag mit der Bank und keinen Geschäftsvertrag mit den Bankomatbetreibern, daher sei es zivilrechtlich unzulässig, Gebühren für Geldbehebungen auf sie überzuwälzen, betonte er. Die Sache sei zwischen den Bankinstituten und den Bankomatbetreibern zu regeln. Sollten sich die Banken nicht einsichtig zeigen, kann sich Stöger die Einführung von Strafen für die Banken vorstellen, grundsätzlich hält er aktuell aber keine gesetzlichen Schritte für notwendig, da die Sache juristisch klar sei.

Bei einer Aktuellen Aussprache mit dem Minister ging es außerdem um CETA und TTIP, die Dotierung des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) und die geplante Abschaffung der Roamingkosten in der EU. Außerdem diskutierten die Abgeordneten auf Basis von Oppositionsanträgen über die Verschwendung von Lebensmittel, gesundheitsschädliche Kassazettel, die rasant steigenden Wohnkosten und die im europäischen Vergleich hohe Inflationsrate in Österreich. Sämtliche Anträge wurden vertagt.

Breite Front gegen Bankomatgebühren
Zum Thema Bankomatgebühren gebe es eine klare Rechtsauffassung seines Ressorts, bekräftigte Stöger. Da es sich dabei um kein Geschäft mit Dritten, sondern nur um eine Vereinbarung zwischen Bankomatbetreibern und Banken handle, dürften diese Kosten nicht zu Lasten der KundInnen gehen. Gerade in ländlichen Regionen, wo es oft nur einen Bankomat gibt, habe der Konsument keine Wahlmöglichkeiten und daher auch keine Marktposition. In diesem Sinn ist auch die Kennzeichnung von gebührenpflichtigen Bankomaten für Stöger keine Option.

Gegen Bankomatgebühren sprachen sich auch die Abgeordneten Peter Wurm (F), Markus Vogl (S), Daniela Holzinger-Vogtenhuber (S), Elisabeth Grossmann (S) und Angela Fichtinger (V) aus, wobei Wurm anders als Stöger gesetzliche Maßnahmen sehr wohl für notwendig erachtet, um Bankomatgebühren in Österreich nachhaltig zu verhindern. Für ihn ist es nicht einsichtig, warum BankkundInnen für Geldbehebungen am Bankomaten extra Gebühren zahlen sollen. Schließlich seien die Dienstleistungen der Banken in den letzten Jahren trotz hoher Kontogebühren ohnehin kontinuierlich zurückgegangen. Ein von der FPÖ eingebrachter Antrag ( 1848/A(E)) wurde allerdings vertagt.

Auch Vogl und Holzinger-Vogtenhuber wiesen darauf hin, dass man genug für das Bankkonto zahle. Für Geldbehebungen am Bankomaten zusätzlich zwei Euro zu verlangen, sei "eine bodenlose Frechheit", hielt Holzinger-Vogtenhuber fest.

Weniger ablehnend äußerte sich hingegen ÖVP-Abgeordnete Maria Fekter. Gebühren für die Geldabhebung bei Bankomaten fremder Banken störten sie weniger als die hohen Überziehungszinsen, die viele Banken trotz des derzeit niedrigen Zinsniveaus verrechneten, sagte sie. Sie hält es zudem für sozial verträglicher, Gebühren für mehrfache Geldabhebungen zu verrechnen, als die Kosten durch höhere Pauschalgebühren für Bankkonten abzudecken. Für diese Haltung zeigte SPÖ-Abgeordnete Grossmann allerdings kein Verständnis. Gerade sozial schwache Familien trauten sich oft nur, Geld in Kleinstbeträgen zu beheben, um ihr Konto nicht zu überziehen, gab sie zu bedenken. Zudem wäre es ein Sicherheitsrisiko, würde man Menschen mittels Gebühren zwingen, einmal im Monat hohe Geldbeträge abzuheben.

Stöger: Parlamente haben bei CETA noch ein entscheidendes Wort mitzureden
Wolfgang Pirklhuber (G) appellierte an den Minister, sich für den Schutz des Vorsorgeprinzips in Bezug auf die Freihandelsabkommen CETA und TTIP einzusetzen und verwies dabei vor allem auf die sogenannte regulatorische Kooperation im Bereich Biotechnologie. Er teile die Befürchtungen eines großen Teils der österreichischen Bevölkerung, wonach die Verträge vor allem den großen Konzernen nutzen werden.

FPÖ-Mandatar Peter Wurm warf dem Minister vor, in Sachen VKI, dessen Dotierung noch immer nicht gesichert sei, auf Zeit zu spielen. Zudem vertrat er generell die Auffassung, dass im Konsumentenschutzressort in den letzten drei Jahren nichts weitergegangen ist.

Gegen diesen Vorwurf verwahrte sich Stöger nachdrücklich. Ein "Riesenerfolg" sei zum Beispiel der Beschluss des Verbraucherzahlungskontogesetzes, durch das sozial schutzbedürftige Menschen einen Zugang zu Finanzdienstleistungen erhalten haben.

Aygül Berivan Aslan (G) kam nicht nur auf die Themen Privatkonkurs und Inkassogebühren zu sprechen, sondern wünschte sich auch Maßnahmen im Kampf gegen die Wegwerfgesellschaft, Stichwort Reparatursteuer.

Bundesminister Alois Stöger versicherte Abgeordnetem Pirklhuber, dass Bundeskanzler Christian Kern die angeführten Problembereiche sehr ernst nehme und aus diesen Gründen darauf gedrängt habe, sich den CETA-Vertrag noch einmal genau anzusehen. Neben der Absicherung des Vorsorgeprinzips gehe es etwa auch um eine stärkere Einbindung der Parlamente, die bei gemischten Abkommen ein entscheidendes Wort mitzureden haben. Jedenfalls sollte Österreich danach trachten, mit einer Stimme zu sprechen, stellte er gegenüber Ausschussvorsitzendem Leopold Steinbichler (T) fest.

Damit der Verein für Konsumenteninformation auch in Zukunft seine wichtige Arbeit fortsetzen könne, habe man sich im Regierungsprogramm klar dafür ausgesprochen, dass eine ausreichende finanzielle Dotierung sichergestellt werden muss, erklärte der Minister. Eine entsprechende Lösung dafür soll in den nächsten Monaten gefunden werden. In personelle Angelegenheiten, wie u.a. vom ÖVP-Mandatar Friedrich Ofenauer angesprochen, wolle und könne er sich jedoch nicht einmischen.

Was das Thema Privatkonkurs betrifft, so war auch Stöger der Auffassung, dass vernünftige Modelle entwickelt werden sollten. Als Beispiel dafür nannte er jenes in Deutschland. Eine Reparatursteuer wie in Schweden konnte sich der Minister nicht vorstellen. Vielmehr sollte man ein Bündel an Maßnahmen entwickeln und vor allem die Informationspolitik verstärken, um zum Beispiel Lebensmittelverschwendung hintanzuhalten.

Der Minister pflichtete der Abgeordneten Gertrude Aubauer (V) bei, wonach die Umsetzung des One-Stop-Shop-Prinzips in Bezug auf Heilbehelfe und Hilfsmittel anzustreben ist. Als Zeithorizont gab Stöger Anfang 2017 an.

Den von Andrea Gessl-Ranftl (S) angesprochenen Vorschlag der EU-Kommission zur Abschaffung von Roaminggebühren ab Mitte 2017 hielt Stöger für vernünftig, da man auch das Prinzip der angemessenen Nutzung im Auge behalten müsse.

Kassazettel: FPÖ und Team Stronach warnen vor Gesundheitsgefahren
Zum Themenbereich Kassazettel lag dem Ausschuss sowohl ein Antrag der FPÖ ( 1806/A(E)) als auch ein Antrag des Team Stronach ( 1763/A) vor. Beide Parteien machen darauf aufmerksam, dass das häufig verwendete Thermopapier die umstrittene Chemikalie Bisphenol enthält, und warnen in diesem Sinn vor Gesundheitsgefährdungen. Durch die Registrierkassenpflicht wird das Problem ihrer Ansicht nach noch weiter verschärft, da KonsumentInnen nunmehr mit Kassazetteln überflutet würden, wie FPÖ-Abgeordnete Edith Mühlberghuber sagte. Abgeordneter Leopold Steinbichler (T) hält es darüber hinaus für problematisch, dass der Aufdruck auf manchen Kassazetteln nach einiger Zeit verblasst, was Reklamationen bzw. die Verwendung der Belege für die Steuererklärung beeinträchtigt.

Der Antrag wurde mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und NEOS mit der Begründung vertagt, dass die Frage der Gesundheitsgefährdung gerade geprüft werde. Es brauche eine gemeinsame Lösung auf europäischer Ebene, ein Vorpreschen Österreichs sei wenig sinnvoll, hielt etwa Nikolaus Scherak (N) fest. Seitens der Grünen geht Aygül Berivan Aslan davon aus, dass ein Verbot kommen wird.

FPÖ befürchtet negative Folgen für Wirte durch Allergen-Verordnung
Neuerlich zur Diskussion stand auch die umstrittene Allergen-Verordnung, die die Wirte verpflichtet, ihre Gäste über die häufigsten Allergene in den angebotenen Speisen zu informieren. Die Verordnung sei "ein Schuss in den Ofen" gewesen, ist für Wurm klar, man müsse möglichst rasch den Retourgang einlegen. Er konnte sich mit der Forderung nach einer Evaluierung der Verordnung ( 873/A(E)) vorerst allerdings nicht durchsetzen.

Für eine Evaluierung der Verordnung sprachen sich auch Nikolaus Scherak (N) und Angela Fichtinger (V) aus. Fichtinger ist zwar der Ansicht, dass das Ganze mittlerweile gut funktioniert und sich die Diskussion nach anfänglichen Problemen beruhigt hat. Sie hält es aber für notwendig, das Strafausmaß und den Schulungsaufwand zu überdenken. Für Grün-Abgeordnete Aslan ist der Antrag im Konsumentenschutzausschuss allerdings fehl am Platz. Der FPÖ gehe es in diesem Fall um Unternehmerschutz, meinte sie.

FPÖ will Vernichtung von Lebensmitteln gesetzlich unterbinden
Ein Dorn im Auge ist FPÖ-Abgeordnetem Wurm auch, dass Lebensmittel in Österreich tonnenweise im Müll landen. Er kann sich daher ein eigenes Bundesgesetz zum Stopp der Vernichtung von Lebensmitteln sowohl in der Lebensmittelindustrie und im Lebensmittelhandel als auch in der Gastronomie und bei den KonsumentInnen vorstellen ( 1198/A(E)). Denkbar ist für ihn etwa ein Anreizsystem, um die Verwertung noch einwandfreier Produkte zu forcieren. Außerdem hielte er es für sinnvoll, gesetzliche Vorgaben für Gastronomiebetriebe zu lockern, "damit abgelaufene Lebensmittel nicht im Sautrog landen". Mit der Abgabe abgelaufener Lebensmittel an Sozialmärkte oder Lebensmittelverteilungsaktionen ist das Problem laut Wurm jedenfalls nicht zu lösen, schließlich gehe es um 300.000 Lkw-Ladungen, die weggeschmissen würden.

Der Forderung nach einem gesetzlichen Maßnahmenpaket schloss sich auch Ausschussobmann Leopold Steinbichler (T) an. Seiner Ansicht nach kann man nur so verhindern, dass etwa Brot tonnenweise weggeworfen wird. Ein Problem ist für ihn das grundsätzliche Verbot, Speisereste an Schweine zu verfüttern.

Vorrangig auf Bewusstseinsbildung wollen hingegen SPÖ und ÖVP setzen. Man müsse bei der Erziehung der Kinder und bei Aufklärung ansetzen, sagte Johann Höfinger (V). Mit gesetzlichen Änderungen könne man wenig bewegen, glaubt er. Es werde viel zu viel weggeworfen, weil zu viel eingekauft werde, stimmte seine Fraktionskollegin Angela Fichtinger zu. Aygül Berivan Aslan (G) vermisst im Antrag der FPÖ konkrete Vorschläge.

Sozialminister Stöger führte aus, dass das Thema vorrangig im Landwirtschaftsausschuss zu diskutieren sei. Viele Skandale im Lebensmittelbereich hätten ihren Ursprung in der Verfütterung von Lebensmittelresten gehabt, gab er zu bedenken.

FPÖ für billigeres Wohnen und gegen Erhöhung der Grundsteuer
Für notwendig hält die FPÖ auch ein Maßnahmenpaket zur Dämpfung der steigenden Wohnkosten ( 1746/A(E)). Nicht nur die Mieten seien in den letzten Jahren rasant gestiegen, auch die Ausgaben für Energie stellten eine hohe Belastung vor allem für armutsgefährdete Haushalte dar, macht Peter Wurm geltend. Seine Fraktionskollegin Dagmar Belakowitsch-Jenewein warnt außerdem vor einer massiven Anhebung der Grundsteuer, die ihrer Meinung nach vor allem private ImmobilienbesitzerInnen und MieterInnen treffen würde ( 1468/A(E)).

Dass es einen gewissen Bedarf an Reformen gibt, räumte ÖVP-Abgeordnete Maria Fekter ein. Sie hielt Wurm aber entgegen, dass die Situation in Österreich aufgrund des – von der FPÖ immer wieder kritisch gesehenen – gemeinnützigen Sektors jedoch weitaus besser als in vielen anderen Ländern sei. Man solle sich aber etwa Maßnahmen überlegen, um leerstehende Wohnungen auf den Markt zu bringen. Viele würden ihre Wohnung nicht vermieten, weil es schwierig sei, den Mieter im Falle von Eigenbedarf wieder aus der Wohnung zu bringen. Ein Problem sind für Fekter auch die hohen Betriebskosten.

Sozialminister Stöger hob hervor, dass die Länder für das Wohnungswesen zuständig sind. Um den Neubau anzukurbeln, hält er es für sinnvoll, die Zweckbindung bei der Wohnbauförderung wieder einzuführen. Nikolaus Scherak (N) wies darauf hin, dass nicht das Sozialministerium sondern das Justizministerium für Mietrecht zuständig sei.

Was die Grundsteuer betrifft, verwies ÖVP-Abgeordneter August Wöginger auf die derzeit laufenden Finanzausgleichsverhandlungen. Es gebe Gemeinden, die eine Erhöhung der Grundsteuer vorschlagen, räumte er ein, er selbst sei aber skeptisch. Letztendlich treffe eine solche Maßnahme immer den Mieter oder den Käufer eines Baugrundstücks. Für die ÖVP sei es jedenfalls undenkbar, die Berechnungsbasis für die Grundsteuer auf den Verkehrswert anzuheben, erklärte Wöginger. Es brauche außerdem gleiche Bedingungen für alle Bundesländer.

Aber nicht nur der Aufwand fürs Wohnen, auch die Inflationsrate ist nach Meinung der FPÖ in Österreich zu hoch. Angesichts der EU-Prognosen für 2016 und 2017 hält es FPÖ-Abgeordneter Peter Wurm für höchst an der Zeit, ein Maßnahmenpaket für eine Inflationsdämpfung bzw. einen Inflationsstopp zu schnüren ( 1682/A(E)). Der Antrag wurde schließlich ebenso vertagt wie die Beratungen über die von der FPÖ geforderte Rücknahme der Tabakgesetz-Novellen 2015 und 2016 ( 1165/A(E)). Der Antrag zum Tabakgesetz werde ohnehin in zwei Wochen im Gesundheitsausschuss beraten, begründete Erwin Spindelberger (S) den eingebrachten Vertagungsantrag.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.parlament.gv.at

 

 

 

 

 

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