Weiterer Beschluss: Appell zum Neustart der Rüstungskontrolle in Europa
Bagdad/Wien (pk) - Der Irak soll wieder in die Weltwirtschaft integriert werden. Dieses Ziel verfolgt ein
umfangreiches Partnerschafts- und Kooperationsabkommen der Europäischen Union mit dem Krisenstaat, das am
13.10. vom Nationalrat mit breiter Mehrheit genehmigt wurde. Thema im außenpolitischen Block der Sitzung
war überdies auch die Abrüstung in Europa. Vor dem Hintergrund der Gefahr eines Wiederaufflammens der
Ost-West-Spannungen richteten die Abgeordneten einen einstimmigen Appell an den Außenminister, sich auf internationaler
Ebene für einen Neustart der Rüstungskontrolle einzusetzen.
EU-Abkommen will Wirtschaftsentwicklung im Irak nachhaltig ankurbeln
Der Vertrag, der bei den Abgeordneten auf grundsätzlich positives Echo stieß, geht von dem Grundgedanken
aus, dass eine Liberalisierung und Ausweitung der Handelsbeziehungen und der Investitionstätigkeit sowie die
Wiedereingliederung des Landes in die Weltwirtschaft die Wirtschaftsentwicklung im Irak in nachhaltiger Weise anheben
werde. Das Abkommen betrifft aber auch die Zusammenarbeit in einer Vielzahl anderer Bereiche – von der Gesundheit
über die Bildung bis hin zu Umwelt und Energie – und unterstreicht dabei die Notwendigkeit der Beachtung der
Wertvorstellungen der EU hinsichtlich Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit.
Josef Cap (S) erinnerte an die Geschichte des Iraks und insbesondere an die Intervention durch die US-Truppen und
stellte fest, es sei an der Zeit, die Zusammenarbeit mit dieser Region nicht immer nur an den ökonomischen
Interessen der Industrieländer – Stichwort Erdöl – auszurichten, sondern endlich einmal andere Aspekte
zu berücksichtigen. Trotz vieler Unsicherheiten könne der Irak in Zukunft ein interessanter Markt werden,
betonte ÖVP-Abgeordnete Angelika Winzig. Das Abkommen enthalte bereits die grundlegenden WTO-Richtlinien und
schaffe einen verbindlichen Rahmen sowohl für den politischen Dialog im Zeichen von Menschenrechten und Demokratie
als auch für die wirtschaftliche Zusammenarbeit. SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder interpretierte das
Vertragswerk als Versuch, Wiederaufbau und Demokratisierung zu unterstützen, sowie als Beitrag, Terrorismus
in seinen Ursachen zu bekämpfen.
Ähnlich sah dies auch Tanja Windbüchler-Souschill von den Grünen, die in diesem Zusammenhang aber
auch die Rückführung von Flüchtlingen thematisierte und in einem bei der Abstimmung allerdings abgelehnten
Entschließungsantrag die Forderung erhob, diesbezügliche Abkommen mit den Herkunftsländern auf
eine menschenrechtskonforme Basis zu stellen. Bei ihrer Fraktionskollegin Alev Korun überwogen hingegen die
Bedenken gegen die im vorliegenden Abkommen enthaltene Migrationsklausel, die den verpflichtenden Abschluss eines
Rückübernahmeabkommens vorsieht. Es sei zu befürchten, dass Menschen, auch Staatenlose, gegen ihren
Willen in ein unsicheres Land abgeschoben werden, gab sie zu bedenken und stimmte im Gegensatz zu Windbüchler-Souschill
gegen die Genehmigung des Abkommens. Sie wolle damit auch ein Zeichen gegen die zunehmende Abschottungspolitik
Europas setzen, erklärte die Menschenrechtssprecherin der Grünen.
Abgeordnete urgieren Neustart der Rüstungskontrolle in Europa
Außenminister Sebastian Kurz nahm überdies aus der heutigen Sitzung den Auftrag der Abgeordneten mit,
sich auf internationaler Ebene und im Besonderen während des österreichischen OSZE-Vorsitzes im nächsten
Jahr für einen Neustart der Rüstungskontrolle in Europa zu engagieren. Der einstimmige Appell geht dabei
auf einen Entschließungsantrag der Regierungsparteien zurück, in dem Christine Muttonen (S) und Georg
Vetter (V) ihre Sorge über das Wiederaufleben von Spannungen zwischen Ost und West im Gefolge des Ukraine-Konflikts
zum Ausbruch bringen und ferner auch zu bedenken geben, dass der bisherige Vertrag über konventionelle Streitkräfte
in Europa (KSE) noch auf die Zeit des Warschauer Pakts zurückgeht und daher die aktuellen Entwicklungen nicht
berücksichtigt.
Sowohl Muttonen als auch Vetter warnten nun vor einer zunehmenden Erosion der europäischen Sicherheitsarchitektur
und erinnerten an die Sistierung des Abrüstungsvertrags durch Russland und die Nichtanwendung durch die neuen
NATO-Staaten. SPÖ-Abgeordneter Hannes Weninger sah gerade im österreichischen OSZE-Vorsitz die Chance
für die heimische Außenpolitik, wieder zum Sprachrohr für Friedensinitiativen zu werden. Da sich
der KSE-Vertrag überlebt hat, sei es höchste Zeit für einen Neustart der Rüstungskontrolle
in Europa, bekräftigte auch Roman Haider (F), dem der fraktionslose Abgeordnete Rupert Doppler vollinhaltlich
beipflichtete. Seitens der Grünen wiederum drängte Tanja Windbüchler-Souschill auf Dialoginitiativen
zur Lösung der Konflikte in Osteuropa.
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