Nationalrat unterstützt Initiative zum Gedenken an über 10.000 in Maly Trostinec
ermordete österreichische Jüdinnen und Juden
Minsk/Wien (pk) - Das bei Minsk gelegene Maly Trostinec war zwischen 1942 und 1944 eine Stätte des
Massenmords an deportierten Juden. Von den 40.000 bis 60.000 Menschen, die in dem weißrussischen Ort von
SS-Einheiten ermordet wurden, stammten mehr als 10.000 aus Österreich. Eine vom Verein IM-MER angestoßene
Bürgerinitiative verfolgt seit einigen Jahren das Ziel, das Gedenken an die Opfer zu bewahren und durch die
Errichtung eines Denkmals diesen Ort der Vernichtung im kollektiven Gedächtnis Österreichs zu verankern.
Rückenwind erhielt die Initiative durch einen Vier-Parteien-Entschließungsantrag, in dem NEOS, ÖVP,
SPÖ und Grüne an die Bundesregierung appellieren, die Finanzierung eines würdigen Denkmals zu ermöglichen,
das die Namen der österreichischen Opfer sichtbar macht. Dieser Antrag wurde am 13.10. einstimmig vom Nationalrat
unterstützt.
Abgeordneter Rouven Ertlschweiger (V) erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass an keinem anderen Ort mehr ÖsterreicherInnen
als Opfer der Shoah ermordet wurden. Maly Trostinec repräsentiere wie kein anderer Ort die Verbrechen des
Nationalsozialismus, des dunkelsten Kapitels in der Geschichte Österreichs. Deswegen sei die Errichtung eines
Denkmals hoch an der Zeit, um an die dort getöteten Menschen in würdiger Form zu erinnern, war der ÖVP-Mandatar
einer Meinung mit Petra Bayr (S), David Lasar (F), Harald Walser (G), Michael Bernhard (N) und Hermann Krist (S).
In den Augen Bayrs trägt Österreich weiterhin Verantwortung für die NS-Verbrechen, unabhängig
von der Schuldfrage. "Das Mahnmal wird dazu beitragen, Maly Trostinec im öffentlichen Gedächtnis
zu verankern", ist Ertlschweiger sicher. Das in der NS-Zeit geschehene Unrecht dürfe nicht vergessen
werden, damit es sich nie wieder wiederholt. Lasar schilderte im Detail die schrecklichen Ereignisse rund um den
Abtransport und die Ermordung der Opfer im Vernichtungslager Maly Trostinec. "Von den aus Wien deportierten
Jüdinnen und Juden überlebten 17", so Lasar; schon deswegen sei der Ort bislang wenig bekannt gewesen.
Als "überfällig" bezeichnete Walser den heutigen Beschluss des Nationalrats, ein Denkmal in
Maly Trostinec zu errichten. Im Rahmen seiner Wortmeldung präsentierte der Grünen-Mandatar auch ein Buch
mit Forschungsergebnissen zu den Opfern, die teilweise aus Konzentrationslagern in die Vernichtung nach Maly Trostinec
geführt wurden. "Es handelt sich um ein Grabmal", skizzierte Walser die Ausgestaltung des Denkmals,
das die Namen der Ermordeten ausweisen soll. "Es ist unsere Pflicht, das zu tun".
"Das Kapitel Maly Trostinec ist noch nicht abgeschlossen", unterstrich Krist, vor allem für die
Nachkommen der Opfer nicht. Mit dem Denkmal werde nun den ermordeten Menschen ihre Identität zurückgegeben.
Wie seine VorrednerInnen dankte Bernhard der IM-MER-Vereinsgründerin Waltraud Barton für ihren Einsatz,
das Denkmal in Maly Trostinec zu realisieren. "Wir sollten genauer zuhören und rascher reagieren",
gab der NEOS-Mandatar dem Plenum für künftige Anliegen dieser Art mit auf den Weg.
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