Zusammenwachsende Städte und Gemeinden als Lebensräume der Zukunft
Bregenz/Wien (städtebund) - Vorarlberg macht`s vor: Wie die Zusammenarbeit von Städten und Gemeinden
in Ballungsräumen gelebte Praxis wird, zeigt der 4. Österreichische Stadtregionstag von 12. bis 14.10.2016
in Bregenz. Städte wie Wien, Graz, Salzburg und Bregenz – aber auch zahlreiche andere österreichische
Städte - haben eine gemeinsame Herausforderung: Sie wachsen stark und das Umland wächst mit. Die zunehmende
Attraktivität städtischer Räume ist eine Entwicklung, die in ganz Europa festzustellen ist. Das
Modell der Zukunft heißt daher: Stadtregion.
Beim 4. Österreichischen Stadtregionstag – initiiert vom Österreichischen Städtebund und der Österreichischen
Raumordnungskonferenz (ÖROK) sowie auf Einladung von Land Vorarlberg, der Stadt Bregenz und zahlreichen beteiligten
Städten und Gemeinden in der Region - Vorarlbergs Städte und Gemeinden zeigen, wie Zusammenarbeit und
gemeinsame Planung funktionieren kann.
Der Gastgeber Bürgermeister Markus Linhart (Bregenz), die Vorarlberger Landesräte Erich Schwärzler
und Johannes Rauch sowie Bürgermeisterin Andrea Kaufmann (Dornbirn), Bürgermeister Markus Schuster (Perchtoldsdorf)
Bürgermeister Guido Flatz (Doren) und Gemeindepräsident Reto Friedauer (St. Margrethen, Schweiz) von
Ihren Erfahrungen und Projekten, unter anderem über eine mögliche Bewerbung als Kulturhauptstadtregion
2024.
Stadtregionen: Leben, Arbeiten und Erholen in urbanen Räumen
Städte wirken aufgrund der räumlichen Nähe von Bildungs- und Wirtschaftseinrichtungen und wegen
der Diversität ihrer Bevölkerung als Motoren und Inkubatoren der wirtschaftlichen ebenso wie der gesellschaftlichen
und kulturellen Entwicklung. Und auch das Umland profitiert in erster Konsequenz von diesem wiedergewonnenen Zustrom
in urbane Räume.
Wirtschaftswachstum erfordert jedoch ebenso wie die wachsende Zahl an neuen StadtRegionsBürgerInnen einen
entsprechenden Mehrbedarf an Flächen und Versorgungseinrichtungen. Von Krankenhäusern bis Schulen und
Universitäten, vom Öffentlichen Verkehr bis hin zur Abwasserentsorgung müssen die Stadt und ihr
Umland mit diesem Wachstum mithalten. Steigende Grundstückspreise und ein sich verknappendes Flächenangebot
in den Kernzonen von Stadtregionen verlagern den Druck auf das Umland, das kräftig mitwächst. Die Menschen
wollen mobil sein und so schlagen sich die vielfältigen Wege der ansässigen und einpendelnden Bevölkerung
als dichtes Verkehrsnetz nieder. Rund um die Städte sind so eng verzahnte Räume entstanden, in denen
sich täglich zigtausende Menschen fortbewegen –über, und das ist die Herausforderung, Stadt-, Gemeinde-
und Bundeslandgrenzen hinweg. In Vorarlberg ist es oft auch die Staatsgrenze. Allein die Aufrechterhaltung eines
leistungsfähigen öffentlichen Verkehrs erfordert einen ständigen, intensiven Abstimmungsprozess
aller ExpertInnen und EntscheidungsträgerInnen. Dies wird umso deutlicher, wenn man die prognostizierten Wachstumsraten
in diesem Bereich betrachtet: Während zB die Bevölkerung von Wien und Graz im Zeitraum 2003-2013 um ca.
10 Prozent anwuchs, soll die Zahl der EinpendlerInnen in beiden Städten bis 2025 um 50 Prozent ansteigen.
Stadtregionen als Handlungs- und Planungsräume etablieren
Die Berücksichtigung stadtregionaler Handlungsräumer soll daher in Zukunft Standard einer aktiven Planung
auch auf Bundes- und Landesebene sein. Einzelne Bundesländer haben bereits damit begonnen, Stadtregionen als
Planungs- und Handlungsräume im Rahmen ihrer Überarbeitungen der Landesplanungsinstrumente aktiv in den
Fokus zu nehmen. Dies trifft auch auf Vorarlberg zu: Basierend auf einer langen Tradition von Regionalplanungsgemeinschaften,
wie der vor mehr als 45 Jahren gegründeten Regio Bregenzerwald, wurde im Jahr 2004 das Projekt „Vision Rheintal“
gestartet, die das Rheintal als gemeinsamen Lebens- und Planungsraum begreifbar machen will. Die Diskussion und
Abwicklung der Vielzahl an Themen der insgesamt 29 Gemeinden erfolgte dabei über mittlerweile etablierte Organisationsformen
und Austauschformate wie die Rheintalkonferenz.
Dabei ist es nicht immer erforderlich, dass alle 29 Mitgliedsgemeinden involviert sind: Städte und Gemeinden
schließen sich je nach Interessenslage zusammen, wenn es um Gehaltsverrechnung, um Baurechts-, Personal-
oder Finanzverwaltung geht, neue Gremien werden gegründet und gemeinsame Projekte abgewickelt. Die Basis bleibt
dabei die Vision Rheintal, wobei der Rheintalkontrakt einen besonderen Stellenwert einnimmt: Darin bekräftigten
der Landeshauptmann und die 29 Bürgermeister des Rheintals ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit und erkannten
das erarbeitete Leitbild als Richtschnur ihres Handelns an.
Stadtregionale Kooperationen unterstützen – Handicaps abbauen
Aber nicht nur im Rheintal schlägt sich das gemeinsame Ringen um einen urbanen Raum, der den BürgerInnen
sowohl Wohn- und Lebensqualität als auch Arbeitsplätze und Ausbildungseinrichtungen sichert, zunehmend
in Kooperationsformaten nieder: Der „Steirische Zentralraum“, das „Stadt-Umland-Management Niederösterreich
Wien“, die „Stadt-Umland-Regionalkooperation Villach“, und der „Zukunftsraum Lienzer Talboden“ spiegeln nur einige
dieser Bemühungen wider. Und es kostet oftmals Mühe, die diversen Barrieren zu überwinden, um in
der Sache voranzukommen: Die Umsetzung von gemeinsamen Projekten wird durch Haftungsfragen, Umsatzsteuerpflichten
und ungelöste Hindernisse bei der Übertragung kommunaler Aufgaben an regionale Trägerverbände
deutlich beeinträchtigt. Bestehende rechtliche und steuerliche Barrieren sind daher dringend abzubauen, um
gemeinsame Projekte weiter zu fördern.
Wie dringend es einer solchen Abstimmung und entsprechender Anpassungen rechtlicher Rahmenbedingungen bedarf, wurde
auch von Seiten der EU erkannt, die sich in den vergangen Jahren mit der Erarbeitung einer „Urban Agenda“ beschäftigt
hat, um die urbanen Verflechtungsräume - große Metropolregionen ebenso wie Stadtregionen – besser zu
fördern. In Österreich wurden Stadtregionen auf Ebene der Österreichischen Raumordnungskonferenz
(ÖROK) intensiv behandelt: Nach Verabschiedung des Österreichischen Raumentwicklungskonzepts (ÖREK)
im Jahr 2011 übernahm der Österreichische Städtebund den Vorsitz über die Arbeitsgruppe zum
Thema Stadtregion. In den vergangenen Jahren wurden in diesem Zusammenhang insgesamt vier Stadtregionstage in Graz,
Salzburg, Wien und nunmehr Bregenz ausgerichtet, mehrere Studien und Publikationen erarbeitet, die von der ÖROK
veröffentlicht wurden, sowie mit www.stadtregionen.at eine Website ins Leben gerufen, die Informationen zu
den österreichischen Stadtregionen bündelt.
Nationales Bewusstsein für stadtregionale Lösungen dringend nötig
Stadtregionen sind die Lebensrealität eines Großteils der österreichischen Bevölkerung:
Vielfältige, grenzüberschreitende Aktivitäten bestimmen den Alltag der Menschen in den urban geprägten
Räumen und sollen möglichst reibungslos abgewickelt werden können. Über die Ziele und Maßnahmen
der „Agenda Stadtregionen in Österreich“ ist ein gemeinsames Verständnis für Stadtregionen sichtbar
geworden. „Stadt und Land sind nicht als Gegensätze zu verstehen, sondern als sich ergänzende und eng
verflochtene Teile eines vielfältigen Österreich“, sagte dazu Thomas Weninger, Generalsekretär des
Österreichischen Städtebundes. „Dieses Bewusstsein gilt es, in Zukunft noch weiter auszubauen, um die
Städte und ihr Umland lebenswert, leistungsfähig und attraktiv zu halten. Der Österreichische Städtebund
und seine Mitglieder setzen sich auch weiterhin für eine gestärkte Verantwortung für den gemeinsamen
Lebensraum ein“, so Weninger abschließend.
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