Bilaterale Aussprache über Primärversorgung, Ärztemangel am Land und Pflegeberufe
Wien (pk) - Wie organisiert man am besten eine bedarfsgerechte Primärversorgung? Wie bringt man mehr
ÄrztInnen dazu, sich am Land anzusiedeln und wie kann man den Pflegeberuf attraktiver gestalten? Dass all
diese Fragen nicht nur in Österreich derzeit sehr aktuell sind, sondern auch in Deutschland die Gesundheitsdebatte
dominieren, wurde am 11.10. bei einem Treffen von ParlamentarierInnen aus beiden Ländern deutlich. Trotz der
etwas unterschiedlichen Systeme gebe es vergleichbare Probleme, erklärte SPÖ-Abgeordneter Erwin Spindelberger,
der die fünfköpfige Delegation des deutschen Bundestags im Hohen Haus begrüßte. Aus den Antworten,
die darauf gefunden werden, könnten beide Seiten etwas lernen.
Um den ambulanten Sektor zu stärken, wurden in Deutschland sogenannte "Medizinische Versorgungszentren"
(MVZ) eingeführt, die seit dem Jahr 2004 eine wichtige Ergänzung zu den bestehenden Strukturen darstellen,
erläuterte Delegationsleiter und SPD-Politiker Edgar Franke. Dieses Modell habe sich grundsätzlich bewährt,
meinte auch Maria Klein-Schmeink (Bündnis 90/Die Grünen), da es viele Möglichkeiten der Zusammenarbeit
– Praxisverbund, Gemeinschaftspraxis etc. – biete. Nunmehr sei geplant, dass auch Kommunen MVZ gründen und
medizinisches Personal anstellen dürfen. Ebenso wie in Österreich gebe es das Problem, dass immer weniger
MedizinerInnen - und dabei vor allem die Frauen - aufs Land ziehen wollen; dafür müssen Lösungen
gefunden werden, meinte Thomas Stritzl (CDU/CSU). SPD-Abgeordnete Bettina Müller wies auf den massiven Fachkräftemangel
im Pflegebereich hin; eine Ausbildungsreform sei derzeit gerade in Ausarbeitung.
Ulrike Königsberger-Ludwig (S) erläuterte das österreichische Modell des Pflegegeldes, das derzeit
von 450.000 Menschen bezogen wird. Um den Pflegeberuf generell attraktiver zu gestalten, habe man erst vor kurzem
eine Reform verabschiedet, informierte sie. NEOS-Vertreter Gerald Loacker wünschte sich, dass auch in Österreich
ÄrztInnen endlich ÄrztInnen anstellen dürfen, während Andreas Karlsböck (F) grundsätzlich
neue Arbeitsmodelle einforderte. Da die Spitäler und Ambulanzen dringend entlastet werden müssen, sehe
sie das Hauptproblem darin, geeignete Konzepte für den niedergelassenen Bereich zu finden, urteilte Eva Mückstein
(G). In diesem Zusammenhang warnte sie jedoch vor einer Ökonomisierung der Versorgungszentren. Auch Erwin
Rasinger (V) wehrte sich gegen eine "Überprivatisierung" im Gesundheitsbereich. Aus Gesprächen
mit KollegInnen in Deutschland wisse er, dass Konzerne einen zu großen Einfluss haben und etwa auf die Schließung
von kostenintensiven Abteilungen drängen. Abgeordnete Gertrude Aubauer (V) informierte die Gäste aus
Deutschland über die Arbeit der Enquete-Kommission in Sachen Palliativ- und Hospizversorgung, die nach einem
Jahr schließlich in einem Masterplan 2020 gemündet ist.
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