Ein starkes Zeichen für das Unternehmertum

 

erstellt am
12. 10. 16
11:00 MEZ

Rund 1.600 Wirtschaftstreibende und Opinion Leader sind der Einladung der WKO Steiermark zur vierten Auflage des Unternehmertags am 11.10. in den Grazer Messecongress gefolgt.
Graz (wk-stmk) - „Die Veranstaltung hat damit ihrem Namen als größter und wichtigster Businesstreff des Landes alle Ehre gemacht“, freut sich WKO Steiermark Präsident Josef Herk. Krönender Höhepunkt war der Impulsvortrag von Professor Hans-Werner Sinn, ehemaliger Präsident des renommierten deutschen ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung über Flüchtlinge, Energiewende und Eurokrise sowie der zentralen Fragestellung: „Schaffen wir das?“

Die Grazer Stadthalle stand ganz im Zeichen des weiß-grünen Unternehmertums. Rund 1.600 Wirtschaftstreibende und Opinion Leader folgten der Einladung der WKO Steiermark zur vierten Auflage des WKO-Unternehmertags. Dieser begann bereits um 10 Uhr mit den ersten Workshops und Vorträgen, der Startschuss für ein umfangreiches Programm. In dessen Mittelpunkt standen u. a. die Verleihung des Follow-me-Awards für den Nachfolger des Jahres, eine Roadshow der Jungen Wirtschaft für mehr Schlagfertigkeit in der täglichen (Business-)Kommunikation sowie ein Dienstleisterkongress mit dem ehemaligen Skiass Marc Giradelli, darüber hinaus eine Businessmesse mit mehr als 40 Ausstellern sowie eine Vielzahl an Branchentreffs. Highlight des Tages war dann aber mit Sicherheit die Plenarveranstaltung mit dem ehemaligen Präsidenten des deutschen ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, Hans-Werner Sinn. Dieser zählt mittlerweile zu den gefragtesten Keynote-Speakern des deutschsprachigen Raums. Am Unternehmertag begeisterte Sinn mit einem Impulsvortrag über Flüchtlinge, Energiewende und Eurokrise. „Alles in allem ein fulminanter Tag“, waren sich WKO Steiermark Präsident Josef Herk sowie die beiden Vizepräsidenten Benedikt Bittmann und Andreas Herz einig.

In einem Wechsel von humorvollen und drastischen Worten zog der international gefragte Keynote-Speaker vom ersten Moment seines knapp einstündigen Vortrages die gesamte Halle in seinen Bann. Eindrucksvoll schilderte er die Zusammenhänge der großen Themen unserer Zeit: Energiewende, Eurokrise, Migration und Brexit. Hier ein kurzer Auszug:

Den gleichzeitigen „doppelten Ausstieg“ aus fossilen Energieformen und der Atomkraft sieht Sinn kritisch. 85 Prozent des Endenergieverbrauchs kämen immer noch aus fossilen Energieformen, nur rund 3,5 Prozent aus Wind und Sonne. „Hier haben wir also noch einen äußerst schwierigen und langwierigen Weg vor uns, und ich frage mich, ob wir ihn überhaupt jemals schaffen werden.“ Besonders in der hohen Volatilität von Wind- und Sonnenenergie sieht Sinn das Problem. „Derzeit ist es so, dass wir unsere herkömmlichen Kraftwerke ans Netz hängen, wenn kein Wind weht. Das heißt: Damit der grüne Strom überhaupt funktioniert, brauchen wir unsere herkömmliche Kraftwerksinfrastruktur. Also brauchen wir beides, und das kostet enorm viel Geld.“ Insbesondere die Speicherung sei also ein ungelöstes, fast „utopisches“ Problem. Fazit: „Mit Zappelstrom lassen sich die Räder einer Industrienation nicht drehen.“

Auch die Eurokrise sei bei weitem nicht bewältigt. Die Industrieproduktion sei lediglich in Deutschland wieder auf Vorkrisenniveau, während sie in Portugal, Frankreich, Italien, Griechenland und Spanien teils um 25 Prozent darunter liegt. Allein Irland habe sich erholt – und Österreich: Die Alpenrepublik liege mittlerweile wieder mit sechs Prozent gegenüber dem Vorkrisenniveau im Plus. Als bestes von „vier trostlosen“ Szenarien sieht Sinn daher den Austritt der nicht konkurrenzfähigen südlichen Länder aus der Eurozone. Damit könne man die Krise am schnellsten beenden.

In der Migrationsfrage tritt Sinn für eine kompromisslose Sicherung der Außengrenzen ein, um die Personenfreizügigkeit unserer offenen Gesellschaft im Inneren nicht zu gefährden. „Die Aussage, dass eine offene Gesellschaft offene Grenzen brauche, ist Humbug. Was dem Hausbesitzer sein Zaun ist, das ist die Außengrenze für einen Staat. Es führt unweigerlich zu dramatischen Konflikten, wenn jedermann Zugang zu einem Haus bekommt und sich dort völlig selbstverständlich niederlässt“, sagte Sinn. Selbstverständlich sei, Verfolgte aufzunehmen. Dafür brauche es aber exterritoriale Gebiete außerhalb der europäischen Union, in denen die Asylsuchenden im Schutze der Union so lange ausharren müssten, bis ihr Antrag rechtskräftig entschieden sei.

Die Brexit-Entscheidung führte der Ökonom ebenfalls zu einem „entscheidenden Teil“ auf die Migration zurück. „Das Thema hat zumindest die letzten Prozent gebracht, den Brexit zu besiegeln. Und jetzt ist es so: Die Briten treten aus, und es wird sich keine Partei leisten können, diesen Volksentscheid zu revidieren. Für Europa ist das ein Schlag sondergleichen.“ Zur Verdeutlichung: Die 20 kleinsten EU-Mitglieder haben einen Anteil am EU-BIP von 17,7 Prozent. Großbritannien allein hat einen Anteil an 17,6 Prozent. „Damit wird die wirtschaftliche Tragweite klar: Der Austritt Großbritanniens wiegt schwer.“ Deshalb sei es bei den Brexit-Verhandlungen auch im Interesse der EU, weiterhin positive Handelsbeziehungen mit Großbritannien zu pflegen. „Denn was viele Politiker noch immer nicht verstanden haben: Vom Handel profitieren beide Seiten.“ Was nun folge, sei das Risiko, dass das britische Beispiel Schule mache. „In Italien haben die Pro-Austritts-Parteien zusammen 65 Prozent der Stimmen.“ Auch andere separatistische Bewegungen in Europa könnten dadurch Aufwind erhalten.

Am Ende des Vortrages gab es viel Applaus – darunter auch von zahlreichen prominenten Gästen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit): Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann, WKÖ-Vizepräsident Jürgen Roth, IV-Präsident Georg Knill, Hausherr und Messe-Chef Armin Egger sowie die Spitzen des heimischen Bank- und Versicherungswirtschaft: Martin Schaller (RLB), Franz Kerber und Gerhard Fabisch (Steiermärkische Sparkasse), Uniqa-Landesdirektor Johannes Rumpl und Othmar Ederer (Grazer Wechselseitige) sowie dem Grazer Finanzstadtrat Gerhard Rüsch.

 

 

 

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