Wien (oenb) - Die österreichische Inflationsrate verharrt seit April 2016 auf einem Niveau von 0,6 %. In
ihrem vierteljährlichen Inflationsbericht erwartet die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) aber für
die kommenden Monate einen deutlichen Anstieg der Inflationsrate auf 0,9 % für das Gesamtjahr 2016 und auf
1,5 % für 2017. Hauptursachen dafür sind der wegfallende Basiseffekt des Ölpreisrückgangs vom
Herbst 2015 und ein prognostizierter Anstieg der Nahrungsmittelpreise. Anlässlich des 200-jährigen Jubiläums
der OeNB widmet sich das Schwerpunktthema der aktuellen Ausgabe von „Inflation aktuell“ einer historischen Analyse
der Inflationsentwicklung Österreichs in den letzten 200 Jahren vor dem Hintergrund der sich wandelnden wirtschaftlichen,
institutionellen und politischen Rahmenbedingungen.
Die österreichische HVPI-Inflationsrate (harmonisierter Verbraucherpreisindex) lag von April bis August
2016 konstant bei 0,6 %. Auf Produktgruppenebene wurde in dieser Zeit ein Rückgang der Teuerungsraten von
Nahrungsmitteln und Industriegütern ohne Energie registriert, der allerdings durch einen Anstieg der Teuerung
im Energiebereich kompensiert wurde. Im Jahresabstand weist die Energiekomponente nach wie vor Preisrückgänge
auf, die auf die Gesamtinflationsrate weiterhin dämpfend wirken. Die aktuelle Inflationsrate in Österreich
liegt mit 0,6 % um 0,4 Prozentpunkte über dem Euroraum-Durchschnitt und um 0,3 Prozentpunkte über jener
von Deutschland, wobei dieser Inflationsabstand in den letzten Monaten kleiner geworden ist.
Beschleunigung der Inflation im Herbst
Die OeNB erwartet in ihrer aktuellen Inflationsprognose für 2016 eine HVPI-Inflationsrate von durchschnittlich
0,9 % und einen Anstieg auf 1,5 % im Jahr 2017. Nach der aktuellen Phase stabiler Inflationsraten sollte im Herbst
2016 eine deutliche Beschleunigung eintreten. Dies ist in erster Linie dem Ölpreisrückgang im Herbst
2015, der heuer aus der Jahresinflationsrate herausfallen wird, und einem erwarteten Anstieg der Nahrungsmittelrohstoffpreise
geschuldet. Die ungünstige Arbeitsmarktsituation und das anziehende Produktivitätswachstum werden über
den Prognosehorizont zu einer Abschwächung des Lohnstückkostenwachstums führen. Da die Produktionslücke
auch in den kommenden Jahren noch negativ bleiben dürfte, sollten von der heimischen Nachfrage in naher Zukunft
kaum Inflationsimpulse ausgehen. Somit wird die Inflationsentwicklung über den Prognosehorizont durch externe
Faktoren, wie der erwähnten Rohstoffpreissteigerung, und durch den Beitrag des öffentlichen Sektors bestimmt
sein. Allein durch die Anhebung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes (für Beherbergungs- und Kulturdienstleistungen)
im Rahmen der Steuerreform wird die HVPI-Inflationsrate in den Jahren 2016 und 2017 kumuliert um 0,2 Prozentpunkte
höher sein.
200 Jahre Inflationsgeschichte in Österreich
Seit Gründung der Nationalbank im Jahr 1816 kann die Inflationsgeschichte Österreichs in fünf Perioden
eingeteilt werden. Empirische Analysen für diese Perioden zeigen, dass der Zusammenhang zwischen Geldmengenwachstum
und Inflationsrate sowie zwischen Produktionslücke und Inflationsrate angesichts der sich wandelnden geldpolitischen
Rahmenbedingungen der letzten 200 Jahre stark variiert hat. Der jeweilige Gesetzgeber und die Nationalbank stimmten
in der gesamten 200-jährigen Geschichte der OeNB grundsätzlich darin überein, dass eine stabile
Währung Vorteile hat. Dennoch agierte die Nationalbank in Krisenzeiten öfters als Notenpresse des Staates,
z. B. während und nach dem Ersten Weltkrieg. Dies hatte jeweils einen Anstieg der Inflationsraten zur Folge.
Heute ist die OeNB als unabhängige Notenbank im System der europäischen Zentralbanken verankert. Das
Verbot der Staatsfinanzierung ist in den europäischen Verträgen festgeschrieben.
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