Wien (universität) - Die chemischen Eigenschaften von Atomen werden durch die Anzahl der Protonen in deren
Kern bestimmt. Dementsprechend werden Atome im Periodensystem der Elemente angeordnet. Jedoch können selbst
chemisch identische Atome eine unterschiedliche Masse aufweisen – diese Varianten nennt man Isotope. Obwohl Verfahren
zur Messung solcher Massenunterschiede existieren, haben diese nicht deren exakte Position in einer Probe verraten
oder nach sehr speziellen Messinstrumenten und einer aufwendigen Aufbereitung der Proben verlangt. Im renommierten
Open Access Journal Nature Communications veröffentlichen Physiker um Toma Susi von der Universität Wien
nun eine neue Methode zum "Wiegen" von Atomen mittels hochaufgelöster bildgebender Verfahren an
Graphen, der nur Ein-Atom-dicken Schicht von Kohlenstoff.
Die verschiedenen, natürlich vorkommenden chemischen Elemente haben jedes für sich ganz eigene, spezifische
Isotope. Bei Kohlenstoff kommen auf jedes stabile Kohlenstoff-Isotop 13C neunundneunzig Atome des leichteren stabilen
Kohlenstoff-Isotops 12C, welches ein Neutron weniger im Kern aufweist. Abgesehen von diesen natürlichen Variationen
kann Materie aus mit Isotopen angereicherten chemischen Stoffen gezüchtet werden. Das ermöglicht den
WissenschafterInnen zu untersuchen, wie sich Atome zu Festkörpern anordnen, um z.B. ihre Synthese zu verbessern.
Die meisten traditionellen Methoden zur Messung der Isotopenanteile erfordern jedoch die Zerstörung einer
größeren Menge der Probe oder sind auf eine Auflösung von hunderten Nanometer beschränkt,
wodurch wichtige Details verschleiert bleiben.
In ihrer neuen Studie unter der Leitung von Jani Kotakoski haben Forscher der Universität Wien das hochentwickelte
Rastertransmissionselektronenmikroskop Nion UltraSTEM100 eingesetzt, um Isotope auf Nanometer-kleinen Flächen
einer Graphen-Probe zu messen. Dieselben energetischen Elektronen, die ein Bild der Graphenstruktur entstehen lassen,
können auch je ein Atom herausschlagen, indem sie am Kohlenstoffkern abgelenkt werden. Da das 13C-Isotop eine
größere Masse hat, kann ein Elektron einem 12C-Atom einen geringfügig kräftigeren Stoß
versetzen und es so einfacher herausschlagen. Wie viele Elektronen im Durchschnitt dafür nötig sind,
lässt die lokale Isotopenkonzentration abschätzen. "Der Schlüssel zum Erfolg war die Kombination
präziser Experimente mit einem verbesserten theoretischen Modell des Prozesses", so Toma Susi, Erstautor
der Studie.
Die Publikation in Nature Communications ermöglichte es dem Team, der Idee von Open Science voll gerecht zu
werden. Zusätzlich zur Veröffentlichung der Gutachten ihrer KollegInnen wurde neben ihrem eigentlichen
Forschungsartikel eine umfangreiche Beschreibung der Methoden und Analysen beigefügt. Die Wissenschafter gingen
sogar noch einen Schritt weiter und haben ihre mikroskopischen Daten auf den internetbasierten Speicherdienst figshare
hochgeladen. JedeR mit einer Internetverbindung kann somit auf die Gigabyte an hochaufgelösten Bildern frei
zugreifen, diese verwenden und zitieren. Toma Susi fährt fort: "Meines Wissens ist dies das erste Mal,
dass elektronen-mikroskopische Daten auf dieser Skala offen geteilt werden."
Die Ergebnisse zeigen, dass moderne hochaufgelöste Elektronenmikroskope zwischen verschiedenen Kohlenstoff-Isotopen
unterscheiden können. Obwohl diese Methode soweit nur für Graphen demonstriert wurde, ist es prinzipiell
möglich, sie auf andere zweidimensionale Materialien auszuweiten. Dazu haben die Wissenschafter eine Patentanmeldung
auf die neue Methode eingereicht. "Moderne Mikroskope erlauben uns schon jetzt alle atomaren Abstände
in Festkörpern aufzulösen und zu sehen, aus welchen chemischen Elementen diese bestehen. Nun können
wir Isotope zu dieser Liste hinzufügen", fasst Jani Kotakoski abschließend zusammen.
Finanzielle Unterstützung vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF), dem Wiener
Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF), und dem European Research Council (ERC) hat direkt zur
Durchführung dieser Forschung beigetragen.
Publikation in Nature Communications:
Isotope analysis in the transmission electron microscope: Toma Susi, Christoph
Hofer, Giacomo Argentero, Gregor T. Leuthner, Timothy J. Pennycook, Clemens Mangler, Jannik C. Meyer & Jani
Kotakoski. Nature Communications 7:13040
DOI: 10.1038/ncomms13040.
|