Thesenpapier als Startpunkt eines Zukunftsnetzwerkes
Graz (lk) - Den zweiten Tag des von ihm initiierten Symposiums „Österreich 22. Überlegungen zu
unserer Republik im 21. Jahrhundert - Aufgaben, Ziele, Herausforderungen” beschloss LH Schützenhöfer
mit dem Appell, dass das Symposium zwar einen Höhepunkt der steirischen Vorsitzführung der Landeshauptleutekonferenz
darstelle, aber keineswegs ein einmaliges Ereignis bleiben dürfe, sondern ein Impuls für ein Netzwerk,
ja eine, im positivsten Sinne des Wortes, „Lobby“ für die Zukunft Österreichs werden müsse. „Es
sollen und müssen weitere Gespräche und Umsetzungen folgen, um die Nachhaltigkeit der Ideen und Initiativen
zu gewährleisten und den Prozess zur Gestaltung unserer Zukunft weiterzuführen“, wusste sich Schützenhöfer
mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Symposiums einig.
Zuvor hielt der langjährige deutsche Verfassungsrichter und Buchautor Udo Di Fabio ein grundlegendes Referat
zum Wertefundament Europas und Österreichs. Er ging auf die wankende Europäische Union nach und während
Finanz-, Wirtschafts- und Flüchtlingskrise ein. Dabei warb Di Fabio für ein stärkeres demokratisches
Bewusstsein und mehr Respekt innerhalb Europas: „Jeder Staat in der EU muss zunächst einmal funktionsfähig
sein, er muss akzeptiert werden von seinen Bürgerinnen und Bürgern und darf nicht zerrissen werden von
populistischen Bewegungen. Wir müssen Rücksicht nehmen auf die demokratischen Primärräume in
den Mitgliedsstaaten, sonst kann das große europäische Projekt nicht gelingen“, betonte Di Fabio. Im
anderen Fall würde die EU zu einer „byzantinischen Fassade" werden, wo man sich in Brüssel treffe
und Beschlüsse fasse, während „unten in den Mitgliedsstaaten die Bedingungen in eine ganz andere Richtung
weisen“, so Di Fabio. „Um Europa wieder zusammenzuhalten, müssen wir uns ein Stück weit ehrlicher machen.“
Auch der „Zusammenhang zwischen Werten, den tragenden Institutionen und dem Alltagsverhalten von Menschen“ müsse
deutlicher gemacht werden, erklärte der deutsche Gastredner. Zu den aktuellen gesellschaftlichen Konflikten
und Verwerfungen appellierte Di Fabio: „Unsere Gesellschaft muss alles daran setzen, die entstandene Kluft wieder
zu schließen. Das wird nicht gelingen, indem man die jeweils andere Seite beleidigt, verunglimpft. Der Wertekonsens
unserer Gesellschaft ist in Gefahr geraten. Wir müssen wieder die Grundwerte der westlichen Gesellschaft deutlich
machen, aber nicht, indem diejenigen, die die Interpretationsmacht besitzen, den anderen sagen, was sie denken
sollen. Sondern indem diejenigen, die die Interpretationsmacht besitzen, sich fragen, was sich denn bei ihrem Weg
in die Zukunft als falsch erwiesen hat, wo eine Korrektur notwendig ist“, forderte Di Fabio. Und: „Wir sollten
uns auch fragen, wie man denn bestimmtes erklären kann, ohne dem anderen gleich die Intelligenz oder die moralische
Integrität abzusprechen.“
Dieses Referat sowie ein nach dem ersten Symposiumstag erarbeitetes Papier bildeten die Grundlage für die
große Abschlussdiskussion, bei der die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über Externe Verknüpfung
das vorläufige Thesenpapier diskutierten, dessen finale Version im Laufe des späteren Nachmittags auf
Externe Verknüpfung www.oesterreich22.at zum Herunterladen bereitstehen wird.
Neben der Zusammenfassung der wichtigsten inhaltlichen Aussagen im Thesenpapier wagte Professor Manfred Prisching
auch eine fünfzehnminütige Zusammenfassung der Wortmeldungen zu den Inputgruppen Identität Österreichs,
Wirtschafts- und Umweltpolitik, Migration und Integration, Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie Kunst und
Kultur. Er stellte fest, dass in all den genannten Bereichen die Entwicklung volatiler und unsicherer geworden
sei, appellierte aber an die Gestaltungskraft unserer Gesellschaft. „Aber wir dürfen nicht vergessen, dass
Unsicherheit auch Freitheit bedeuten kann und so Platz für Kreativität bleibt. Und das war ja immer eine
Stärke von Europa. Warum nicht auch in Zukunft?“, so Prisching.
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