Sozialausschuss debattiert über Sozialhilfe, Arbeitsmarkt und Pensionen
Wien (pk) - Der nun wieder verstärkt ausgebrochene Koalitionszwist über die Neuregelung der Bedarfsorientierten
Mindestsicherung fand am 20.10. seine Fortsetzung auf parlamentarischer Ebene. Die derzeitige 15-a-Vereinbarung
mit den Ländern, die in dieser Frage zuständig sind, läuft mit Jahresende aus. "Er habe sich
maximal bewegt", um zu einer österreichweiten Lösung zu kommen, betonte Bundesminister Alois Stöger
in der Sitzung des Sozialausschusses, leider gebe es aber noch keine Einigung mit dem Regierungspartner. Weitere
Themen, die im Rahmen einer Aktuellen Aussprache diskutiert wurden, waren geplante Initiativen des Ressorts in
den Bereichen Arbeitsmarkt sowie Pensionen.
Stöger: Umsetzung des oberösterreichischen Modells wäre ein Tabubruch
Sozialminister Alois Stöger sprach im Zusammenhang mit den Verhandlungen über die Bedarfsorientierte
Mindestsicherung (BMS) von "einer ganz schwierigen Situation". Er habe sich bei vielen Punkten gesprächsbereit
gezeigt, wie etwa bei der Frage der Deckelung der Sozialhilfe für arbeitslose VollbezieherInnen oder der Übernahme
des Vorarlberger Modells, wo gewisse Integrationsleistungen gefordert werden. Da die Mindestsicherung aber das
letzte soziale Netz ist, das Menschen in Österreich vor der Armut bewahrt, dürfe es bei gewissen Gruppen
(AlleinerzieherInnen, Menschen mit Behinderungen, Kindern oder Personen, die nicht von ihrer Erwerbsarbeit leben
können) keine Kürzungen geben. Sein Entwurf wäre sozial verträglich, definiere klare Pflichten
und Spielregeln mit Sanktionen. Das in Oberösterreich bereits in Kraft befindliche Modell sei hingegen verfassungswidrig
und einen solchen "Tabubruch" könne er als Ressortchef daher nicht mittragen. Stöger appellierte
an die ÖVP, sich auf ihre christlich-sozialen Werte zu besinnen und kündigte gleichzeitig seine Bereitschaft
für weitere Verhandlungen bis zum 31. Dezember an.
Was die Arbeitsmarktpolitik betrifft, so befinden sich einige wichtige Vorhaben auf Schiene, die noch heuer beschlossen
werden können, führte Stöger weiter aus. Da Österreich derzeit einen Rekordwert bei der Beschäftigung
aufweist, gleichzeitig aber immer mehr Menschen einen Job suchen, sollen zunächst einmal die Mittel für
die aktive Arbeitsmarktpolitik im Jahr 2017 um 9% erhöht werden. Aufgestockt werde auch das Personal beim
Arbeitsmarktservice (+ 400 Planstellen), um gute und kompetente Beratungsmaßnahmen anbieten zu können.
Neben der Umsetzung der Ausbildungspflicht soll der Fokus auf jene unter 25-Jährigen gerichtet werden, die
nur einen Pflichtschulabschluss haben. Im Mittelpunkt stehen dabei Qualifizierungsmaßnahmen sowie der Ausbau
des Fachkräftestipendiums, um Menschen eine zweite berufliche Chance zu geben. Er würde sich auch ein
so genanntes Integrationsjahr für Flüchtlinge wünschen.
Hinsichtlich der aktuellen legistischen Pläne für die Umsetzung der Ergebnisse des Pensionsgipfels wies
Stöger u.a. auf die erhöhte Ausgleichszulage (Mindestpension von 1.000 € bei 30 Arbeitsjahren), die Forcierung
beruflicher Rehabilitationsmaßnahmen sowie Anreize zum längeren Arbeiten hin. Durch die bereits gesetzten
Maßnahmen sei es u.a. gelungen, den Bundeszuschuss zu den Pensionen sowohl im Jahr 2016 (minus 357 Mio. €)
als auch im Jahr 2017 (minus 600 Mio. €) zu unterschreiten. Darin noch nicht inkludiert ist der Beitrag für
die Pensionen der Bank-Austria-MitarbeiterInnen, der den Zuschuss um weitere 730 Mio. € reduzieren würde,
informierte Stöger. Diese Gelder sollen seiner Ansicht nach aber u.a. für wichtige Investitionen in den
Kommunen verwendet werden, die aufgrund finanzieller Engpässe derzeit nicht finalisiert werden können.
ÖVP, FPÖ und Team Stronach für restriktivere Vorgangsweise bei der Mindestsicherung
ÖVP-Mandatar August Wöginger räumte ein, dass es beim Thema Mindestsicherung Bewegung auf beiden
Seiten gegeben hat. In seiner Partei gebe es aber Konsens darüber, dass Menschen, die in den letzten fünf
Jahren nicht in Österreich gelebt haben, eine niedrigere Summe erhalten sollen. Da man dabei nicht zwischen
In- und AusländerInnen differenzieren würde, sei auch keine Verfassungswidrigkeit gegeben, hob der Redner
hervor. Diese Linie werde übrigens auch von über 70% der Bevölkerung mitgetragen, wie erst kürzlich
eine OGM-Umfrage belegt habe. Das Modell in Oberösterreich zeige zudem, dass niemand von Armut bedroht ist
oder obdachlos wurde. Gleichzeitig brauche es auch noch Leistungsanreize, z.B. in Form eines Wiedereinsteigerbonus,
um den Wechsel in das Arbeitsleben attraktiver zu machen, war Wöginger überzeugt.
Herbert Kickl von der FPÖ ging noch einen Schritt weiter und forderte eine Differenzierung zwischen In- und
AusländerInnen, da sonst das Sozialsystem kollabiere. Es sei aber schon "ein Wunder", dass die ÖVP
nun Teile der freiheitlichen Positionen übernommen habe. Was die geplanten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen
betrifft, so hegte er große Zweifel, dass damit das Ruder herumgerissen werde; dies habe man in den letzten
Jahren schon zu oft gehört. Der Fleckerlteppich an einzelnen Maßnahmen gehe nämlich am Grundproblem
vorbei; dieses könne nur durch eine sektorale Schließung des Arbeitsmarkts gelöst werden. Peter
Wurm (F) beklagte vor allem, dass gerade in einer so wichtigen Frage wie der Mindestsicherung kein fundiertes Zahlenmaterial
für ganz Österreich vorliege.
Waltraud Dietrich vom Team Stronach sprach sich auch für die Einführung einer Leistungskomponente bei
der Mindestsicherung aus. Sie wies u.a. auf ein Urteil des EuGH hin, wonach EU-AusländerInnen erst nach fünf
Jahren einen Zugang zu Sozialleistungen haben.
Karl Öllinger (G) gab gegenüber seiner Vorrednerin zu bedenken, dass dies bereits seit Jahren in Österreich
so praktiziert werde. Dennoch mahnte er die Einhaltung der Verfassungsgrundsätze ein, die eine Ungleichbehandlung
von InländerInnen und Flüchtlingen untersagen. Abgeordnete Birgt Schatz (G) begrüßte die Erhöhung
der Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik, die schon seit langem notwendig gewesen sei, und hob dabei
insbesondere den Ausbau des Fachkräftestipendiums hervor.
NEOS-Vertreter Gerald Loacker kritisierte die seiner Ansicht nach weitere Privilegierung der Sozialversicherung
der Bauern, die schon jetzt zu den höchst subventionierten gehöre. Außerdem forderte er eine Evaluierung
der Qualifizierungsmaßnahmen des AMS, die offenbar ihre Ziele bis dato nicht erreicht haben.
Oppositionsinitiativen zu den Themen Mindestlohn, Pflegeurlaub und Kündigungsschutz
Nach der Aktuellen Aussprache setzte sich der Sozialausschuss mit einer Reihe von Oppositionsanträgen auseinander,
wobei es in einem ersten Themenblock um arbeitsrechtliche Fragen wie Entlohnung, Pflegeurlaub und Kündigungsschutz
ging. So pochen die Grünen weiter darauf, einen gesetzlichen Mindestlohn einzuführen. Den NEOS geht es
unter anderem um die arbeitsrechtliche Gleichstellung von ArbeiterInnen und Angestellten. Außerdem hat Gerald
Loacker eine Änderung des Freiwilligengesetzes beantragt, um die berufliche Integration von Flüchtlingen
zu forcieren; dieses Anliegen wurde als einziges von SPÖ und ÖVP abgelehnt, die restlichen Anträge
wurden vertagt.
Geht es nach Grün-Abgeordneter Birgit Schatz, sollen ArbeitnehmerInnen für jede geleistete Arbeitsstunde
zumindest zwei Drittel des Brutto-Medianstundeneinkommens aller Vollzeitbeschäftigten erhalten. Das würde
gemäß den Erläuterungen ihres Antrags ( 1860/A(E) ) aktuell rund 9,50 € entsprechen. Auch ÖVP-Abgeordnete
hätten sich schon mehrfach für einen Mindestlohn von monatlich 1.600 € brutto ausgesprochen, macht sie
geltend. August Wöginger (V) und Markus Vogl (S) machten namens der Regierungsfraktionen klar, man erwarte
eine sozialpartnerschaftliche Lösung, um existenzsichernde Minimumstandards bei der Entlohnung in allen Branchen
einzuführen. Der Sozialdemokrat wandte sich in seiner Argumentation aber entschiedener gegen einen Mindestlohn
in Österreich als sein Kollege von der Volkspartei.
Ein weiteres Anliegen sind den Grünen gesetzliche Änderungen bei der Pflegefreistellung ( 1494/A(E) ).
Nach Meinung von Abgeordneter Judith Schwentner soll ein gemeinsamer Haushalt künftig keine Voraussetzung
mehr für die Inanspruchnahme von Pflegeurlaub für nahe Angehörige sein. Damit würde man erwachsenen
Kindern etwa die Möglichkeit geben, Mutter oder Vater nach einem Unfall oder einer Erkrankung kurzfristig
zu versorgen, macht Schwentner geltend, womit sie bei der SPÖ offene Türen einrannte. Als vollständig
auf einer Linie mit Schwentner in Sachen Pflegefreistellung bezeichnete beispielsweise Katharina Kucharowits ihre
Haltung, sie wies allerdings auf die laufenden koalitionsinternen Gespräche hin, die Kucharowits zufolge auf
einen diesbezüglichen Gesetzesentwurf abzielen.
Zum Themenbereich Kündigung lagen dem Ausschuss drei Anträge vor. So drängen die Grünen darauf,
eine mindestens sechswöchige Kündigungsfrist für alle ArbeitnehmerInnen zu verankern ( 1668/A(E)
). Abgeordnete Schatz hält es für unzumutbar, dass bei ArbeiterInnen manchmal nicht einmal eine 14-tägige
Kündigungsfrist eingehalten werden muss. Auch die NEOS sehen in diesem Bereich Änderungsbedarf, können
sich aber kollektivvertragliche Ausnahmen von einheitlichen Kündigungsfristen und -terminen gemäß
Angestelltengesetz vorstellen. Generell ist Abgeordnetem Gerald Loacker eine Angleichung der Rechtsstellung von
ArbeiterInnen und Angestellten ein wichtiges Anliegen ( 713/A(E) ). Schon damit durch die Aufhebung althergebrachter
Standesunterschiede die Lehre attraktiver wird, so der NEOS-Sozialsprecher. Zumindest bei letzterem Vorstoß
gab es von allen Fraktionen Beifall, wobei Herbert Kickl (F) meinte, der Einsatz gegen die ungleiche Kategorisierung
in der Berufswelt habe ursprünglich bei den Freiheitlichen ihren Ausgang genommen. Rainer Wimmer (S) befand,
einiges sei bereits zur Gleichstellung von Angestellten und ArbeiterInnen gelungen, die letzten Schritte würden
gerade von den Sozialpartnern zurückgelegt, auch was den Kündigungsschutz betrifft. Zurückhaltend
äußerte sich allerdings Erwin Spindlberger (S) zur von den NEOS verlangten Lockerung des erhöhten
Kündigungsschutzes für ältere ArbeitnehmerInnen ( 1140/A ). Die erleichterte Kündigungsmöglichkeit
bei Menschen mit Behinderung habe diesen nämlich kaum geholfen, einen Job zu finden. Nach Meinung Loackers
soll der Kündigungsschutz nicht zum Tragen kommen, wenn ArbeitnehmerInnen zum Zeitpunkt ihrer Einstellung
bereits älter als 50 Jahre waren. Loacker erwartet sich dadurch bessere Chancen für ältere Arbeitslose
am Arbeitsmarkt.
NEOS blitzen mit Vorschlägen zu kommunaler Flüchtlingsintegration ab
Auf Basis eines Antrags der NEOS ( 1826/A(E) ) befasste sich der Ausschuss mit der Frage der beruflichen Integration
von Flüchtlingen. Die NEOS halten wenig von der Forderung, anerkannte Flüchtlinge zwangsweise zu 1-Euro-Jobs
zu verpflichten, und wollen stattdessen das Freiwilligengesetz adaptieren, um das eigens für Flüchtlinge
konzipierte Freiwillige Integrationsjahr attraktiver zu machen. Unter anderem geht es Abgeordnetem Loacker darum,
das mögliche Einsatzgebiet von Flüchtlingen auf kommunale Einrichtungen wie Bauhöfe auszudehnen
sowie Deutschkurse und andere Angebote des AMS in die gesetzlich verankerte umfassende pädagogische Begleitung
einzurechnen. Als finanziellen Anreiz für Flüchtlinge schlägt Loacker ein verpflichtendes Taschengeld
vor, das nicht auf die Mindestsicherung anzurechnen ist, also eine Form von Bezahlung. Die Forderung nach integrativen
Maßnahmen auf Gemeindeebne im Rahmen des Freiwilligengesetzes lehnten SPÖ und ÖVP aber mehrheitlich
ab. Das NEOS-Konzept umfasse keine pädagogische und sozio-kulturelle Betreuung der Geflüchteten, wie
Ulrike Königsberger-Ludwig (S) erklärte. Die bestehenden Möglichkeiten eines Integrationsjahres
bei Organisationen wie Rotes Kreuz oder Samariterbund böten dagegen das optimale Integrationsumfeld. Wöginger
(V) befürchtet zudem eine Überforderung der Kommunen bei zusätzlichen Integrationsagenden. Ein generell
harsches Urteil über die Integrationspolitik der letzten Jahre fällte FPÖ-Mandatar Peter Wurm: Die
Regierung stehe hier vor einem Scherbenhaufen, da 90% der Asylwerbenden und der Asylberechtigten MindestsicherungsbezieherInnen
außerhalb des Arbeitsmarkts seien.
|
Oppositionsforderungen von Pensionen bis Bankomatgebühren
Mit der Sozialversicherung befassten sich auch Forderungen von FPÖ und NEOS, die auf Kostenwahrheit
bzw. Einsparungen in diesem Bereich abzielen, wobei die Freiheitlichen Kürzungspotential konkret bei der Mindestsicherung
für AusländerInnen ohne dauerhaften Aufenthaltsstatus ausmachen.
Zugangsbeschränkungen zum Arbeitsmarkt für Nicht-ÖsterreicherInnen, also auch für EU-BürgerInnen,
gehören zum arbeitsmarktpolitischen Programm der FPÖ. Die Grünen wiederum setzen sich für ein
selbstbestimmtes Leben und eine bessere berufliche Integration von Menschen mit Behinderung ein und verlangen dazu
zielgerichtete Angebote des Arbeitsmarktservice (AMS). In Bezug auf das AMS urgiert die FPÖ eine Offenlegung
der Vorgaben zur Neubesetzung des Vorstands. Nach Meinung der NEOS soll zum Schutz vor Arbeitslosigkeit die Bildungskarenz
treffsicherer eingesetzt werden.
Um eine hohe Betreuungsqualität in Alten- und Pflegeheimen geht es den Grünen schließlich in ihrem
Antrag auf einen bundesweiten Mindestpersonalschlüssel in diesen Einrichtungen. Die FPÖ nutzte die Sitzung
mit Sozialminister Alois Stöger, gegen die Einführung von Bankomatgebühren mobil zu machen. Die
meisten debattierten Entschließungsanträge wurden von SPÖ und ÖVP jedoch vertagt, FPÖ
und NEOS stießen mit ihren jeweiligen Anläufen einige Male auf Ablehnung. Dem Grünen-Antrag, institutionalisierte
Wohnformen für Menschen mit Behinderung abzubauen, trug der Ausschuss jedoch einstimmig mit einer Entschließung
Rechnung.
Mindestpension: Grüne drängen auf Kostenersatz
BezieherInnen einer Ausgleichszulage hätten so gut wie keine Möglichkeit, von der Ausweitung der Negativsteuer
im Zuge der Steuerreform zu profitieren, kritisieren die Grünen. Eine Änderung des ASVG und des Einkommensteuergesetzes
sei daher notwendig, sodass auch PensionistInnen mit äußerst niedrigem Einkommen Sozialversicherungsbeiträge
rückerstattet bekommen können ( 1858/A(E)). Die Kosten eines solchen Schritts würden sich laut Abgeordneter
Judith Schwentner auf 23 Mio. € belaufen. Zur Verhinderung von Altersarmut sei dies angemessen Ein zweiter Antrag
der Grünen zur Änderung des ASVG zielt darauf ab, AusgleichszulagenbezieherInnen die Freiwilligenarbeit
zu erleichtern ( 1859/A(E)). Schon aus gesellschaftspolitischen Gründen dürften Kostenersätze, die
BezieherInnen einer Mindestpension für freiwillige Tätigkeiten erhalten, nicht länger auf die Höhe
der Ausgleichszulage angerechnet werden, fordert Schwentner, stieß allerdings bei der ÖVP auf Unverständnis:
laut Sozialexperten würden nur pauschalierte Vergütungen abgezogen, wandte Gabriel Obernosterer (V) ein,
nicht aber konkrete Rückerstattungen für getätigte Ausgaben.
Sozialminister Alois Stöger kalmierte schließlich mit der Ankündigung, sein Ressort werde sich
mit der konkreten Problemstellung befassen. Zur Ausweitung der Negativsteuer auf MindestpensionistInnen sagte Obernosterer,
weil eine Novelle für die Erhöhung der Mindestpension bei 30 Jahren Versicherungsdauer derzeit in Ausarbeitung
sei, erübrige sich die weitere Verhandlung des Antrags. Beide Grünen-Forderungen wurden folglich von
SPÖ und ÖVP vertagt.
Sozialversicherung: FPÖ für Kassasturz, NEOS für Vermögensdeckelung
Wieviel kostet Österreich die Zuwanderung – das will die FPÖ mittels "Kassasturz" in der
Sozialversicherung herausfinden ( 1747/A(E)). Dabei geht es den Freiheitlichen um die jährlichen Transferzahlungen,
die vom AMS bzw. aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung für EU-BürgerInnen, Drittstaatsangehörige,
Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte an die Sozialversicherungsträger überwiesen werden.
Neben Pensionsversicherungsbeiträgen, Krankenversicherungsbeiträgen und Unfallversicherungsbeiträgen
seien auch Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Mindestsicherung und AMS-Schulungen anzuführen.
Für Herbert Kickl ist Kostenwahrheit essentiell zum Erhalt der sozialen Sicherheit im Land und ganz im Sinne
der StaatsbürgerInnen. Nicht nur den Grünen missfiel aber eine Aufschlüsselung der Bezugsberechtigten,
auch die SPÖ wandte sich klar dagegen. Sowohl Judith Schwentner (G) als auch Ulrike Königsberger-Ludwig
(S) verwiesen darauf, dass Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung von den BezieherInnen vorab durch Einzahlungen
erworben werden, also völlig berechtigt seien. Ihre Fraktionen stimmten ebenso wie ÖVP und NEOS gegen
den Freiheitlichen Vorschlag. In puncto bedarfsorientierter Mindestsicherung wirbt die FPÖ für das oberösterreichische
Modell, wonach Flüchtlinge mit befristetem Asylstatus und subsidiär Schutzberechtigte künftig nur
noch 520 € – inklusive eines Integrationsbonus von 155 € – erhalten ( 1745/A(E)). Diese Anregung ging in die Vertagung,
wobei sich August Wöginger (V) gegen eine Differenzierung in Flüchtlinge und InländerInnen bei einer
Deckelung der Mindestsicherung aussprach.
Wiederum ohne Zustimmung der Regierungsfraktionen und somit der Ausschussmehrheit blieb die NEOS-Forderung, die
Sozialversicherungsträger sollten ihr Finanzvermögen nicht länger in beliebiger Höhe anhäufen
können ( 1520/A(E)). Eine gesetzliche Deckelung würde sicherstellen, dass die BeitragszahlerInnen auch
Leistungen für ihre Beiträge erhalten bzw. diese gegebenenfalls gesenkt werden, meinte Gerald Loacker
(N), erhielt aber Konter von Erwin Spindelberger (S), das ASVG sehe klare Richtlinien zur Vermögensanlage
durch Sozialversicherungen vor. Gegen eine Beitragskürzung spreche, dass dann Einrichtungen wie Unfallkrankenhäuser
nicht mehr genug Mittel für eine optimale Versorgung erhalten würden.
Arbeitsmarkt: Wie kann die Belebung gelingen?
Welche Maßnahmen zur Eindämmung der Arbeitslosigkeit ergriffen werden sollen, darüber debattierten
die Abgeordneten einmal mehr intensiv. Die FPÖ macht Druck für Zugangsbeschränkungen zum österreichischen
Arbeitsmarkt, auch für EU-BürgerInnen. Brüssel sollte regionale Bedürfnisse stärker berücksichtigen
und den Nationalstaaten mehr Spielraum für spezifische Zugangsregeln zum heimischen Arbeitsmarkt geben, vor
allem in wirtschaftlich schwierigen Phasen ( 1742/A(E)). Gleichermaßen sollte die Entsendung von ArbeitnehmerInnen
durch ausländische Unternehmen nach Meinung der FPÖ temporär begrenzt werden können, etwa im
Baubereich oder im Bereich der Montagetechnik ( 1505/A(E)). Die Entsenderichtlinie dürfe kein Schlupfloch
für Lohn- und Sozialdumping sein, kritisierte Herbert Kickl (F) vehement das Prinzip der Freizügigkeit
in der EU. Das sei eine Einbahnstraße zu Lasten der Österreichischen ArbeitnehmerInnen, meinte er, konnte
damit aber nur das Team Stronach überzeugen. Die restlichen Fraktionen lehnten die Anträge ab, wobei
Ulrike Königsberger-Ludwig (S) nachdrücklich vor gesellschaftlich spaltenden politischen Aussagen und
Aktionen warnte, etwa in Verbindung mit der Mindestsicherung.
Die Grünen bauen zur Hebung der Beschäftigungsquote auf mehr Integration in den Arbeitsmarkt, speziell
bei Menschen mit Behinderung, die in besonders hohem Ausmaß von Arbeitslosigkeit betroffen seien. Nötig
sind für die berufliche Integration laut Helene Jarmer (G) ein zielgerichtetes AMS-Programm und ausreichend
finanzielle Ressourcen (1783/A(E)). Immerhin gebe es auch für andere Gruppen wie Jugendliche, Frauen oder
Langzeitarbeitslose spezielle Programme. Franz-Joseph Huainigg (V) bestätigte, Menschen mit Behinderung müssten
bei der Arbeitsmarktpolitik besonderes Augenmerk erhalten, wie sich bereits anhand diesbezüglicher Beschäftigungsmaßnahmen
zeige. Überdies laufen ihm zufolge derzeit Arbeitsgespräche im Sozialministerium, um neue Initiativen
auszuarbeiten, erklärte er die Vertagung des Antrags. Das Sozialressort habe im Rahmen der Budgetplanung extra
arbeitsmarktpolitische Ziele für Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen festgelegt, Menschen mit
Behinderung seien davon mitumfasst, erläuterte Bundesminister Stöger. 405 Mio.€ habe man dafür veranschlagt,
zusätzlich zu den Mitteln aus dem Ausgleichsfonds.
Unabhängig vom Berufsleben müsse für Menschen mit Behinderung ein selbstbestimmtes Wohnen anstelle
großer Wohnheime gewährleistet werden ( 1695/A(E)), so die Grünen in Übereinstimmung mit den
übrigen Fraktionen. Einhellige Zustimmung erhielt Jarmers gemeinsam mit Königsberger-Ludwig (S), Huainigg
(V) und Loacker (N) eingebrachter Antrag, dass die Bundesländer vom Sozialminister aufgefordert werden, Best-practice
Beispiele für zeitgemäße Wohnformen im Behindertenbereich auszutauschen bzw. umzusetzen. Jarmers
ursprünglicher Antrag gilt dabei als miterledigt.
Die Bildungskarenz als Möglichkeit zur Höherqualifizierung von Personen, die besonders häufig von
Arbeitslosigkeit betroffen sind, werde nicht treffsicher eingesetzt, sehen die NEOS hier Handlungsbedarf ( 1317/A(E)).
Studien zufolge nehmen überproportional viele AkademikerInnen die Bildungskarenz in Anspruch, ältere
ArbeitnehmerInnen und bestimmte Branchen wie Handel oder Tourismus seien dagegen unterrepräsentiert. Sozialminister
Stöger widersprach nicht völlig, fügte jedoch an, dass auch Investitionen in höhergebildete
Gruppen sinnvoll seien. Überdies suche man, mittels Facharbeiterstipendien und innerbetrieblichen Ausbildungen
neue Zielgruppen bei der Weiterbildung zu erreichen. Der Antrag wurde von SPÖ und ÖVP abgelehnt.
Das AMS thematisierte die FPÖ einmal mehr in Bezug auf die bevorstehenden Neubesetzung des Zweier-Vorstands.
Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein fordert Sozialminister Alois Stöger auf, seine Vorgaben an die Mitglieder
der zuständigen Entscheidungsgremien, insbesondere den Verwaltungsrat, gegenüber den Abgeordneten offenzulegen
( 1743/A(E)), stieß aber auf mehrheitliche Ablehnung. Die Wieder- bzw. Neubestellung des AMS-Vorstands erfolge
durch den Verwaltungsrat, der dazu vom Nationalrat ermächtigt sei, betonte Minister Stöger.
Pflegeheime: Grüne regen bundesweiten Personalschlüssel an
Zur Absicherung einer hochwertigen Betreuung der BewohnerInnen von Alten- und Pflegeheimen benötige die Republik
einen einheitlichen Mindestpersonalschlüssel, unterstreichen die Grünen ( 1836/A(E)). Die Finanzausgleichsverhandlungen
zum Pflegefondsgesetz böten die Gelegenheit, das umzusetzen, Königsberger-Ludwig (S) hingegen nannte
diese Verhandlungen zwischen Bund und Ländern als Grund, den Antrag zu vertagen. Diesem Beschluss der Ausschussmehrheit
taten auch die Plädoyers von Waltraud Dietrich (T) und Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) im Sinne des Grünen-Antrags
keinen Abbruch.
Bankomatgebühren: FPÖ will KonsumentInnen schützen
Mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und NEOS wurde schließlich auch der Antrag der FPÖ ( 1662/A(E))
zur Verhinderung der Bankomat-Gebühr vertagt. FPÖ-Abgeordneter Peter Wurm verlangt darin eine Novelle
zum Konsumentenschutzgesetz, falls die Banken auf der Einführung einer Bankomat-Gebühr beharren. Sozialminister
Alois Stöger solle jedenfalls umgehend Verhandlungen mit dem Bankensektor zur Verhinderung einer derartigen
Gebühr aufnehmen.
Im Ausschuss drängte Wurm nochmals auf eine derartige gesetzliche Regelung, da man heute de facto bereits
eine Bankengebühr habe, wie er betonte. Das stelle aber für viele Menschen eine finanzielle Belastung
dar. Birgit Schatz von den Grünen kritisierte in diesem Zusammenhang die Banken insofern, als diese noch vor
einigen Jahren ihre KundInnen angehalten hätten, nicht zum Schalter, sondern zum Bankomaten zu gehen, und
jetzt Gebühren verlangen wollten. Arbeitsplätze seien dadurch auch abgebaut worden, sagte sie. Ob es
eine eigene Bankomat-Gebühr gibt oder nicht, die Banken werden die Kosten auf jeden Fall auf die KundInnen
abwälzen, gab NEOS-Mandatar Gerald Loacker zu bedenken und Michael Hammer von der ÖVP bezweifelte, ob
man das tatsächlich gesetzlich regeln kann. Hammer erinnerte an den Vorschlag des Finanzministers, die Bankomaten
entsprechend zu kennzeichnen. Demgegenüber bekräftigte Sozialminister Alois Stöger seine Ansicht,
wonach BankkundInnen für das Geldabheben am Bankomat nichts bezahlen dürften. Er hält eine gesetzliche
Regelung für machbar.
|