Stöger appelliert an Koalitionspartner
 in Sachen Mindestsicherung

 

erstellt am
21. 10. 16
11:00 MEZ

Sozialausschuss debattiert über Sozialhilfe, Arbeitsmarkt und Pensionen
Wien (pk) - Der nun wieder verstärkt ausgebrochene Koalitionszwist über die Neuregelung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung fand am 20.10. seine Fortsetzung auf parlamentarischer Ebene. Die derzeitige 15-a-Vereinbarung mit den Ländern, die in dieser Frage zuständig sind, läuft mit Jahresende aus. "Er habe sich maximal bewegt", um zu einer österreichweiten Lösung zu kommen, betonte Bundesminister Alois Stöger in der Sitzung des Sozialausschusses, leider gebe es aber noch keine Einigung mit dem Regierungspartner. Weitere Themen, die im Rahmen einer Aktuellen Aussprache diskutiert wurden, waren geplante Initiativen des Ressorts in den Bereichen Arbeitsmarkt sowie Pensionen.

Stöger: Umsetzung des oberösterreichischen Modells wäre ein Tabubruch
Sozialminister Alois Stöger sprach im Zusammenhang mit den Verhandlungen über die Bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS) von "einer ganz schwierigen Situation". Er habe sich bei vielen Punkten gesprächsbereit gezeigt, wie etwa bei der Frage der Deckelung der Sozialhilfe für arbeitslose VollbezieherInnen oder der Übernahme des Vorarlberger Modells, wo gewisse Integrationsleistungen gefordert werden. Da die Mindestsicherung aber das letzte soziale Netz ist, das Menschen in Österreich vor der Armut bewahrt, dürfe es bei gewissen Gruppen (AlleinerzieherInnen, Menschen mit Behinderungen, Kindern oder Personen, die nicht von ihrer Erwerbsarbeit leben können) keine Kürzungen geben. Sein Entwurf wäre sozial verträglich, definiere klare Pflichten und Spielregeln mit Sanktionen. Das in Oberösterreich bereits in Kraft befindliche Modell sei hingegen verfassungswidrig und einen solchen "Tabubruch" könne er als Ressortchef daher nicht mittragen. Stöger appellierte an die ÖVP, sich auf ihre christlich-sozialen Werte zu besinnen und kündigte gleichzeitig seine Bereitschaft für weitere Verhandlungen bis zum 31. Dezember an.

Was die Arbeitsmarktpolitik betrifft, so befinden sich einige wichtige Vorhaben auf Schiene, die noch heuer beschlossen werden können, führte Stöger weiter aus. Da Österreich derzeit einen Rekordwert bei der Beschäftigung aufweist, gleichzeitig aber immer mehr Menschen einen Job suchen, sollen zunächst einmal die Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik im Jahr 2017 um 9% erhöht werden. Aufgestockt werde auch das Personal beim Arbeitsmarktservice (+ 400 Planstellen), um gute und kompetente Beratungsmaßnahmen anbieten zu können. Neben der Umsetzung der Ausbildungspflicht soll der Fokus auf jene unter 25-Jährigen gerichtet werden, die nur einen Pflichtschulabschluss haben. Im Mittelpunkt stehen dabei Qualifizierungsmaßnahmen sowie der Ausbau des Fachkräftestipendiums, um Menschen eine zweite berufliche Chance zu geben. Er würde sich auch ein so genanntes Integrationsjahr für Flüchtlinge wünschen.

Hinsichtlich der aktuellen legistischen Pläne für die Umsetzung der Ergebnisse des Pensionsgipfels wies Stöger u.a. auf die erhöhte Ausgleichszulage (Mindestpension von 1.000 € bei 30 Arbeitsjahren), die Forcierung beruflicher Rehabilitationsmaßnahmen sowie Anreize zum längeren Arbeiten hin. Durch die bereits gesetzten Maßnahmen sei es u.a. gelungen, den Bundeszuschuss zu den Pensionen sowohl im Jahr 2016 (minus 357 Mio. €) als auch im Jahr 2017 (minus 600 Mio. €) zu unterschreiten. Darin noch nicht inkludiert ist der Beitrag für die Pensionen der Bank-Austria-MitarbeiterInnen, der den Zuschuss um weitere 730 Mio. € reduzieren würde, informierte Stöger. Diese Gelder sollen seiner Ansicht nach aber u.a. für wichtige Investitionen in den Kommunen verwendet werden, die aufgrund finanzieller Engpässe derzeit nicht finalisiert werden können.

ÖVP, FPÖ und Team Stronach für restriktivere Vorgangsweise bei der Mindestsicherung
ÖVP-Mandatar August Wöginger räumte ein, dass es beim Thema Mindestsicherung Bewegung auf beiden Seiten gegeben hat. In seiner Partei gebe es aber Konsens darüber, dass Menschen, die in den letzten fünf Jahren nicht in Österreich gelebt haben, eine niedrigere Summe erhalten sollen. Da man dabei nicht zwischen In- und AusländerInnen differenzieren würde, sei auch keine Verfassungswidrigkeit gegeben, hob der Redner hervor. Diese Linie werde übrigens auch von über 70% der Bevölkerung mitgetragen, wie erst kürzlich eine OGM-Umfrage belegt habe. Das Modell in Oberösterreich zeige zudem, dass niemand von Armut bedroht ist oder obdachlos wurde. Gleichzeitig brauche es auch noch Leistungsanreize, z.B. in Form eines Wiedereinsteigerbonus, um den Wechsel in das Arbeitsleben attraktiver zu machen, war Wöginger überzeugt.

Herbert Kickl von der FPÖ ging noch einen Schritt weiter und forderte eine Differenzierung zwischen In- und AusländerInnen, da sonst das Sozialsystem kollabiere. Es sei aber schon "ein Wunder", dass die ÖVP nun Teile der freiheitlichen Positionen übernommen habe. Was die geplanten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen betrifft, so hegte er große Zweifel, dass damit das Ruder herumgerissen werde; dies habe man in den letzten Jahren schon zu oft gehört. Der Fleckerlteppich an einzelnen Maßnahmen gehe nämlich am Grundproblem vorbei; dieses könne nur durch eine sektorale Schließung des Arbeitsmarkts gelöst werden. Peter Wurm (F) beklagte vor allem, dass gerade in einer so wichtigen Frage wie der Mindestsicherung kein fundiertes Zahlenmaterial für ganz Österreich vorliege.

Waltraud Dietrich vom Team Stronach sprach sich auch für die Einführung einer Leistungskomponente bei der Mindestsicherung aus. Sie wies u.a. auf ein Urteil des EuGH hin, wonach EU-AusländerInnen erst nach fünf Jahren einen Zugang zu Sozialleistungen haben.

Karl Öllinger (G) gab gegenüber seiner Vorrednerin zu bedenken, dass dies bereits seit Jahren in Österreich so praktiziert werde. Dennoch mahnte er die Einhaltung der Verfassungsgrundsätze ein, die eine Ungleichbehandlung von InländerInnen und Flüchtlingen untersagen. Abgeordnete Birgt Schatz (G) begrüßte die Erhöhung der Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik, die schon seit langem notwendig gewesen sei, und hob dabei insbesondere den Ausbau des Fachkräftestipendiums hervor.

NEOS-Vertreter Gerald Loacker kritisierte die seiner Ansicht nach weitere Privilegierung der Sozialversicherung der Bauern, die schon jetzt zu den höchst subventionierten gehöre. Außerdem forderte er eine Evaluierung der Qualifizierungsmaßnahmen des AMS, die offenbar ihre Ziele bis dato nicht erreicht haben.

Oppositionsinitiativen zu den Themen Mindestlohn, Pflegeurlaub und Kündigungsschutz
Nach der Aktuellen Aussprache setzte sich der Sozialausschuss mit einer Reihe von Oppositionsanträgen auseinander, wobei es in einem ersten Themenblock um arbeitsrechtliche Fragen wie Entlohnung, Pflegeurlaub und Kündigungsschutz ging. So pochen die Grünen weiter darauf, einen gesetzlichen Mindestlohn einzuführen. Den NEOS geht es unter anderem um die arbeitsrechtliche Gleichstellung von ArbeiterInnen und Angestellten. Außerdem hat Gerald Loacker eine Änderung des Freiwilligengesetzes beantragt, um die berufliche Integration von Flüchtlingen zu forcieren; dieses Anliegen wurde als einziges von SPÖ und ÖVP abgelehnt, die restlichen Anträge wurden vertagt.

Geht es nach Grün-Abgeordneter Birgit Schatz, sollen ArbeitnehmerInnen für jede geleistete Arbeitsstunde zumindest zwei Drittel des Brutto-Medianstundeneinkommens aller Vollzeitbeschäftigten erhalten. Das würde gemäß den Erläuterungen ihres Antrags ( 1860/A(E) ) aktuell rund 9,50 € entsprechen. Auch ÖVP-Abgeordnete hätten sich schon mehrfach für einen Mindestlohn von monatlich 1.600 € brutto ausgesprochen, macht sie geltend. August Wöginger (V) und Markus Vogl (S) machten namens der Regierungsfraktionen klar, man erwarte eine sozialpartnerschaftliche Lösung, um existenzsichernde Minimumstandards bei der Entlohnung in allen Branchen einzuführen. Der Sozialdemokrat wandte sich in seiner Argumentation aber entschiedener gegen einen Mindestlohn in Österreich als sein Kollege von der Volkspartei.

Ein weiteres Anliegen sind den Grünen gesetzliche Änderungen bei der Pflegefreistellung ( 1494/A(E) ). Nach Meinung von Abgeordneter Judith Schwentner soll ein gemeinsamer Haushalt künftig keine Voraussetzung mehr für die Inanspruchnahme von Pflegeurlaub für nahe Angehörige sein. Damit würde man erwachsenen Kindern etwa die Möglichkeit geben, Mutter oder Vater nach einem Unfall oder einer Erkrankung kurzfristig zu versorgen, macht Schwentner geltend, womit sie bei der SPÖ offene Türen einrannte. Als vollständig auf einer Linie mit Schwentner in Sachen Pflegefreistellung bezeichnete beispielsweise Katharina Kucharowits ihre Haltung, sie wies allerdings auf die laufenden koalitionsinternen Gespräche hin, die Kucharowits zufolge auf einen diesbezüglichen Gesetzesentwurf abzielen.

Zum Themenbereich Kündigung lagen dem Ausschuss drei Anträge vor. So drängen die Grünen darauf, eine mindestens sechswöchige Kündigungsfrist für alle ArbeitnehmerInnen zu verankern ( 1668/A(E) ). Abgeordnete Schatz hält es für unzumutbar, dass bei ArbeiterInnen manchmal nicht einmal eine 14-tägige Kündigungsfrist eingehalten werden muss. Auch die NEOS sehen in diesem Bereich Änderungsbedarf, können sich aber kollektivvertragliche Ausnahmen von einheitlichen Kündigungsfristen und -terminen gemäß Angestelltengesetz vorstellen. Generell ist Abgeordnetem Gerald Loacker eine Angleichung der Rechtsstellung von ArbeiterInnen und Angestellten ein wichtiges Anliegen ( 713/A(E) ). Schon damit durch die Aufhebung althergebrachter Standesunterschiede die Lehre attraktiver wird, so der NEOS-Sozialsprecher. Zumindest bei letzterem Vorstoß gab es von allen Fraktionen Beifall, wobei Herbert Kickl (F) meinte, der Einsatz gegen die ungleiche Kategorisierung in der Berufswelt habe ursprünglich bei den Freiheitlichen ihren Ausgang genommen. Rainer Wimmer (S) befand, einiges sei bereits zur Gleichstellung von Angestellten und ArbeiterInnen gelungen, die letzten Schritte würden gerade von den Sozialpartnern zurückgelegt, auch was den Kündigungsschutz betrifft. Zurückhaltend äußerte sich allerdings Erwin Spindlberger (S) zur von den NEOS verlangten Lockerung des erhöhten Kündigungsschutzes für ältere ArbeitnehmerInnen ( 1140/A ). Die erleichterte Kündigungsmöglichkeit bei Menschen mit Behinderung habe diesen nämlich kaum geholfen, einen Job zu finden. Nach Meinung Loackers soll der Kündigungsschutz nicht zum Tragen kommen, wenn ArbeitnehmerInnen zum Zeitpunkt ihrer Einstellung bereits älter als 50 Jahre waren. Loacker erwartet sich dadurch bessere Chancen für ältere Arbeitslose am Arbeitsmarkt.

NEOS blitzen mit Vorschlägen zu kommunaler Flüchtlingsintegration ab
Auf Basis eines Antrags der NEOS ( 1826/A(E) ) befasste sich der Ausschuss mit der Frage der beruflichen Integration von Flüchtlingen. Die NEOS halten wenig von der Forderung, anerkannte Flüchtlinge zwangsweise zu 1-Euro-Jobs zu verpflichten, und wollen stattdessen das Freiwilligengesetz adaptieren, um das eigens für Flüchtlinge konzipierte Freiwillige Integrationsjahr attraktiver zu machen. Unter anderem geht es Abgeordnetem Loacker darum, das mögliche Einsatzgebiet von Flüchtlingen auf kommunale Einrichtungen wie Bauhöfe auszudehnen sowie Deutschkurse und andere Angebote des AMS in die gesetzlich verankerte umfassende pädagogische Begleitung einzurechnen. Als finanziellen Anreiz für Flüchtlinge schlägt Loacker ein verpflichtendes Taschengeld vor, das nicht auf die Mindestsicherung anzurechnen ist, also eine Form von Bezahlung. Die Forderung nach integrativen Maßnahmen auf Gemeindeebne im Rahmen des Freiwilligengesetzes lehnten SPÖ und ÖVP aber mehrheitlich ab. Das NEOS-Konzept umfasse keine pädagogische und sozio-kulturelle Betreuung der Geflüchteten, wie Ulrike Königsberger-Ludwig (S) erklärte. Die bestehenden Möglichkeiten eines Integrationsjahres bei Organisationen wie Rotes Kreuz oder Samariterbund böten dagegen das optimale Integrationsumfeld. Wöginger (V) befürchtet zudem eine Überforderung der Kommunen bei zusätzlichen Integrationsagenden. Ein generell harsches Urteil über die Integrationspolitik der letzten Jahre fällte FPÖ-Mandatar Peter Wurm: Die Regierung stehe hier vor einem Scherbenhaufen, da 90% der Asylwerbenden und der Asylberechtigten MindestsicherungsbezieherInnen außerhalb des Arbeitsmarkts seien.

     

Oppositionsforderungen von Pensionen bis Bankomatgebühren
Mit der Sozialversicherung befassten sich auch Forderungen von FPÖ und NEOS, die auf Kostenwahrheit bzw. Einsparungen in diesem Bereich abzielen, wobei die Freiheitlichen Kürzungspotential konkret bei der Mindestsicherung für AusländerInnen ohne dauerhaften Aufenthaltsstatus ausmachen.

Zugangsbeschränkungen zum Arbeitsmarkt für Nicht-ÖsterreicherInnen, also auch für EU-BürgerInnen, gehören zum arbeitsmarktpolitischen Programm der FPÖ. Die Grünen wiederum setzen sich für ein selbstbestimmtes Leben und eine bessere berufliche Integration von Menschen mit Behinderung ein und verlangen dazu zielgerichtete Angebote des Arbeitsmarktservice (AMS). In Bezug auf das AMS urgiert die FPÖ eine Offenlegung der Vorgaben zur Neubesetzung des Vorstands. Nach Meinung der NEOS soll zum Schutz vor Arbeitslosigkeit die Bildungskarenz treffsicherer eingesetzt werden.

Um eine hohe Betreuungsqualität in Alten- und Pflegeheimen geht es den Grünen schließlich in ihrem Antrag auf einen bundesweiten Mindestpersonalschlüssel in diesen Einrichtungen. Die FPÖ nutzte die Sitzung mit Sozialminister Alois Stöger, gegen die Einführung von Bankomatgebühren mobil zu machen. Die meisten debattierten Entschließungsanträge wurden von SPÖ und ÖVP jedoch vertagt, FPÖ und NEOS stießen mit ihren jeweiligen Anläufen einige Male auf Ablehnung. Dem Grünen-Antrag, institutionalisierte Wohnformen für Menschen mit Behinderung abzubauen, trug der Ausschuss jedoch einstimmig mit einer Entschließung Rechnung.

Mindestpension: Grüne drängen auf Kostenersatz
BezieherInnen einer Ausgleichszulage hätten so gut wie keine Möglichkeit, von der Ausweitung der Negativsteuer im Zuge der Steuerreform zu profitieren, kritisieren die Grünen. Eine Änderung des ASVG und des Einkommensteuergesetzes sei daher notwendig, sodass auch PensionistInnen mit äußerst niedrigem Einkommen Sozialversicherungsbeiträge rückerstattet bekommen können ( 1858/A(E)). Die Kosten eines solchen Schritts würden sich laut Abgeordneter Judith Schwentner auf 23 Mio. € belaufen. Zur Verhinderung von Altersarmut sei dies angemessen Ein zweiter Antrag der Grünen zur Änderung des ASVG zielt darauf ab, AusgleichszulagenbezieherInnen die Freiwilligenarbeit zu erleichtern ( 1859/A(E)). Schon aus gesellschaftspolitischen Gründen dürften Kostenersätze, die BezieherInnen einer Mindestpension für freiwillige Tätigkeiten erhalten, nicht länger auf die Höhe der Ausgleichszulage angerechnet werden, fordert Schwentner, stieß allerdings bei der ÖVP auf Unverständnis: laut Sozialexperten würden nur pauschalierte Vergütungen abgezogen, wandte Gabriel Obernosterer (V) ein, nicht aber konkrete Rückerstattungen für getätigte Ausgaben.

Sozialminister Alois Stöger kalmierte schließlich mit der Ankündigung, sein Ressort werde sich mit der konkreten Problemstellung befassen. Zur Ausweitung der Negativsteuer auf MindestpensionistInnen sagte Obernosterer, weil eine Novelle für die Erhöhung der Mindestpension bei 30 Jahren Versicherungsdauer derzeit in Ausarbeitung sei, erübrige sich die weitere Verhandlung des Antrags. Beide Grünen-Forderungen wurden folglich von SPÖ und ÖVP vertagt.

Sozialversicherung: FPÖ für Kassasturz, NEOS für Vermögensdeckelung
Wieviel kostet Österreich die Zuwanderung – das will die FPÖ mittels "Kassasturz" in der Sozialversicherung herausfinden ( 1747/A(E)). Dabei geht es den Freiheitlichen um die jährlichen Transferzahlungen, die vom AMS bzw. aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung für EU-BürgerInnen, Drittstaatsangehörige, Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte an die Sozialversicherungsträger überwiesen werden. Neben Pensionsversicherungsbeiträgen, Krankenversicherungsbeiträgen und Unfallversicherungsbeiträgen seien auch Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Mindestsicherung und AMS-Schulungen anzuführen.

Für Herbert Kickl ist Kostenwahrheit essentiell zum Erhalt der sozialen Sicherheit im Land und ganz im Sinne der StaatsbürgerInnen. Nicht nur den Grünen missfiel aber eine Aufschlüsselung der Bezugsberechtigten, auch die SPÖ wandte sich klar dagegen. Sowohl Judith Schwentner (G) als auch Ulrike Königsberger-Ludwig (S) verwiesen darauf, dass Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung von den BezieherInnen vorab durch Einzahlungen erworben werden, also völlig berechtigt seien. Ihre Fraktionen stimmten ebenso wie ÖVP und NEOS gegen den Freiheitlichen Vorschlag. In puncto bedarfsorientierter Mindestsicherung wirbt die FPÖ für das oberösterreichische Modell, wonach Flüchtlinge mit befristetem Asylstatus und subsidiär Schutzberechtigte künftig nur noch 520 € – inklusive eines Integrationsbonus von 155 € – erhalten ( 1745/A(E)). Diese Anregung ging in die Vertagung, wobei sich August Wöginger (V) gegen eine Differenzierung in Flüchtlinge und InländerInnen bei einer Deckelung der Mindestsicherung aussprach.

Wiederum ohne Zustimmung der Regierungsfraktionen und somit der Ausschussmehrheit blieb die NEOS-Forderung, die Sozialversicherungsträger sollten ihr Finanzvermögen nicht länger in beliebiger Höhe anhäufen können ( 1520/A(E)). Eine gesetzliche Deckelung würde sicherstellen, dass die BeitragszahlerInnen auch Leistungen für ihre Beiträge erhalten bzw. diese gegebenenfalls gesenkt werden, meinte Gerald Loacker (N), erhielt aber Konter von Erwin Spindelberger (S), das ASVG sehe klare Richtlinien zur Vermögensanlage durch Sozialversicherungen vor. Gegen eine Beitragskürzung spreche, dass dann Einrichtungen wie Unfallkrankenhäuser nicht mehr genug Mittel für eine optimale Versorgung erhalten würden.

Arbeitsmarkt: Wie kann die Belebung gelingen?
Welche Maßnahmen zur Eindämmung der Arbeitslosigkeit ergriffen werden sollen, darüber debattierten die Abgeordneten einmal mehr intensiv. Die FPÖ macht Druck für Zugangsbeschränkungen zum österreichischen Arbeitsmarkt, auch für EU-BürgerInnen. Brüssel sollte regionale Bedürfnisse stärker berücksichtigen und den Nationalstaaten mehr Spielraum für spezifische Zugangsregeln zum heimischen Arbeitsmarkt geben, vor allem in wirtschaftlich schwierigen Phasen ( 1742/A(E)). Gleichermaßen sollte die Entsendung von ArbeitnehmerInnen durch ausländische Unternehmen nach Meinung der FPÖ temporär begrenzt werden können, etwa im Baubereich oder im Bereich der Montagetechnik ( 1505/A(E)). Die Entsenderichtlinie dürfe kein Schlupfloch für Lohn- und Sozialdumping sein, kritisierte Herbert Kickl (F) vehement das Prinzip der Freizügigkeit in der EU. Das sei eine Einbahnstraße zu Lasten der Österreichischen ArbeitnehmerInnen, meinte er, konnte damit aber nur das Team Stronach überzeugen. Die restlichen Fraktionen lehnten die Anträge ab, wobei Ulrike Königsberger-Ludwig (S) nachdrücklich vor gesellschaftlich spaltenden politischen Aussagen und Aktionen warnte, etwa in Verbindung mit der Mindestsicherung.

Die Grünen bauen zur Hebung der Beschäftigungsquote auf mehr Integration in den Arbeitsmarkt, speziell bei Menschen mit Behinderung, die in besonders hohem Ausmaß von Arbeitslosigkeit betroffen seien. Nötig sind für die berufliche Integration laut Helene Jarmer (G) ein zielgerichtetes AMS-Programm und ausreichend finanzielle Ressourcen (1783/A(E)). Immerhin gebe es auch für andere Gruppen wie Jugendliche, Frauen oder Langzeitarbeitslose spezielle Programme. Franz-Joseph Huainigg (V) bestätigte, Menschen mit Behinderung müssten bei der Arbeitsmarktpolitik besonderes Augenmerk erhalten, wie sich bereits anhand diesbezüglicher Beschäftigungsmaßnahmen zeige. Überdies laufen ihm zufolge derzeit Arbeitsgespräche im Sozialministerium, um neue Initiativen auszuarbeiten, erklärte er die Vertagung des Antrags. Das Sozialressort habe im Rahmen der Budgetplanung extra arbeitsmarktpolitische Ziele für Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen festgelegt, Menschen mit Behinderung seien davon mitumfasst, erläuterte Bundesminister Stöger. 405 Mio.€ habe man dafür veranschlagt, zusätzlich zu den Mitteln aus dem Ausgleichsfonds.

Unabhängig vom Berufsleben müsse für Menschen mit Behinderung ein selbstbestimmtes Wohnen anstelle großer Wohnheime gewährleistet werden ( 1695/A(E)), so die Grünen in Übereinstimmung mit den übrigen Fraktionen. Einhellige Zustimmung erhielt Jarmers gemeinsam mit Königsberger-Ludwig (S), Huainigg (V) und Loacker (N) eingebrachter Antrag, dass die Bundesländer vom Sozialminister aufgefordert werden, Best-practice Beispiele für zeitgemäße Wohnformen im Behindertenbereich auszutauschen bzw. umzusetzen. Jarmers ursprünglicher Antrag gilt dabei als miterledigt.

Die Bildungskarenz als Möglichkeit zur Höherqualifizierung von Personen, die besonders häufig von Arbeitslosigkeit betroffen sind, werde nicht treffsicher eingesetzt, sehen die NEOS hier Handlungsbedarf ( 1317/A(E)). Studien zufolge nehmen überproportional viele AkademikerInnen die Bildungskarenz in Anspruch, ältere ArbeitnehmerInnen und bestimmte Branchen wie Handel oder Tourismus seien dagegen unterrepräsentiert. Sozialminister Stöger widersprach nicht völlig, fügte jedoch an, dass auch Investitionen in höhergebildete Gruppen sinnvoll seien. Überdies suche man, mittels Facharbeiterstipendien und innerbetrieblichen Ausbildungen neue Zielgruppen bei der Weiterbildung zu erreichen. Der Antrag wurde von SPÖ und ÖVP abgelehnt.

Das AMS thematisierte die FPÖ einmal mehr in Bezug auf die bevorstehenden Neubesetzung des Zweier-Vorstands. Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein fordert Sozialminister Alois Stöger auf, seine Vorgaben an die Mitglieder der zuständigen Entscheidungsgremien, insbesondere den Verwaltungsrat, gegenüber den Abgeordneten offenzulegen ( 1743/A(E)), stieß aber auf mehrheitliche Ablehnung. Die Wieder- bzw. Neubestellung des AMS-Vorstands erfolge durch den Verwaltungsrat, der dazu vom Nationalrat ermächtigt sei, betonte Minister Stöger.

Pflegeheime: Grüne regen bundesweiten Personalschlüssel an
Zur Absicherung einer hochwertigen Betreuung der BewohnerInnen von Alten- und Pflegeheimen benötige die Republik einen einheitlichen Mindestpersonalschlüssel, unterstreichen die Grünen ( 1836/A(E)). Die Finanzausgleichsverhandlungen zum Pflegefondsgesetz böten die Gelegenheit, das umzusetzen, Königsberger-Ludwig (S) hingegen nannte diese Verhandlungen zwischen Bund und Ländern als Grund, den Antrag zu vertagen. Diesem Beschluss der Ausschussmehrheit taten auch die Plädoyers von Waltraud Dietrich (T) und Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) im Sinne des Grünen-Antrags keinen Abbruch.

Bankomatgebühren: FPÖ will KonsumentInnen schützen
Mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und NEOS wurde schließlich auch der Antrag der FPÖ ( 1662/A(E)) zur Verhinderung der Bankomat-Gebühr vertagt. FPÖ-Abgeordneter Peter Wurm verlangt darin eine Novelle zum Konsumentenschutzgesetz, falls die Banken auf der Einführung einer Bankomat-Gebühr beharren. Sozialminister Alois Stöger solle jedenfalls umgehend Verhandlungen mit dem Bankensektor zur Verhinderung einer derartigen Gebühr aufnehmen.

Im Ausschuss drängte Wurm nochmals auf eine derartige gesetzliche Regelung, da man heute de facto bereits eine Bankengebühr habe, wie er betonte. Das stelle aber für viele Menschen eine finanzielle Belastung dar. Birgit Schatz von den Grünen kritisierte in diesem Zusammenhang die Banken insofern, als diese noch vor einigen Jahren ihre KundInnen angehalten hätten, nicht zum Schalter, sondern zum Bankomaten zu gehen, und jetzt Gebühren verlangen wollten. Arbeitsplätze seien dadurch auch abgebaut worden, sagte sie. Ob es eine eigene Bankomat-Gebühr gibt oder nicht, die Banken werden die Kosten auf jeden Fall auf die KundInnen abwälzen, gab NEOS-Mandatar Gerald Loacker zu bedenken und Michael Hammer von der ÖVP bezweifelte, ob man das tatsächlich gesetzlich regeln kann. Hammer erinnerte an den Vorschlag des Finanzministers, die Bankomaten entsprechend zu kennzeichnen. Demgegenüber bekräftigte Sozialminister Alois Stöger seine Ansicht, wonach BankkundInnen für das Geldabheben am Bankomat nichts bezahlen dürften. Er hält eine gesetzliche Regelung für machbar.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.parlament.gv.at

 

 

 

 

 

zurück

 

 

 

 

Kennen Sie schon unser kostenloses Monatsmagazin "Österreich Journal" in vier pdf-Formaten? Die Auswahl finden Sie unter http://www.oesterreichjournal.at