Steuern, Investitionen, Nachfrage: Wohin bewegt sich der heimische Tourismus?
Wien (pk) - Im Vorgehen gegen Bestpreisklauseln für Onlinebuchungen gab es am 18.10. im Parlament einen
ersten Erfolg. Der Tourismusausschuss des Nationalrats beschloss einstimmig einen Novellenvorschlag zum Gesetz
gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), der es Hotelbuchungsplattformen verbietet, gegenüber den von ihnen
angebotenen Hotels Bestpreisklauseln einzufordern. Miterledigt wurde eine Antrag aller Oppositionsparteien, in
dem faire Spielregeln und Wettbewerbsbedingungen im Tourismusvertrieb gefordert werden.
Vertagt wurden weitere Initiativen der Opposition, die sich ebenfalls mit dem touristischen Wettbewerb auseinandersetzen.
FPÖ und Grüne urgieren eine Neuausrichtung der Steuerpolitik im Tourismusbereich, um Abschreibungen zu
erleichtern und Steuererhöhungen in Beherbergungsbetrieben zurückzunehmen. Die NEOS wollen die Marketingaktivitäten
der heimischen Freizeitwirtschaft besser koordiniert sehen.
Mahrer begrüßt geplante Evaluierung des Gesetzes
Bisher konnten Buchungs- und Vergleichsplattformen im Wege von Bestpreisklauseln den Hotels untersagen, auf anderen
Vertriebswegen oder auf der eigenen Homepage günstigere Preise anzubieten, wodurch die freie Preisbildung
beeinträchtigt wurde. Eine Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ( 1251 d.B.) reagiert
nun auf diesen Umstand mit einem Verbot dieser Klauseln. Ziel ist zu verhindern, dass die wettbewerbliche Betätigungsfreiheit
eines Beherbergungsunternehmens nachhaltig beeinträchtigt wird. Ähnlich lautet die Forderung von FPÖ,
Grünen, NEOS und Team Stronach im Zusammenhang mit der Zimmerbuchung über Internetplattformen, die mit
der Beschlussfassung der Vorlage als miterledigt gilt. Die Antragsteller kritisieren darin speziell die Bestpreisklausel
von Online-Plattformen wie booking.com, da sie günstigere Preisangebote der Beherbergungsbetriebe auf deren
eigenen Websites unterbinde ( 1572/A(E)).
Kein Vermieter kann nun bestraft werden, wenn er auf seiner eigenen Homepage einen günstigeren Preis als die
Buchungsplattform anbietet. Was in der Praxis teilweise schon gemacht wurde, ist damit legalisiert, freute sich
ÖVP-Tourismussprecher Gabriel Obernosterer. Mit unserem heutigen Beschluss setzen wir den politischen Willen
der österreichischen Hoteliers um, pflichtete ihm Maximilian Unterrainer (S) bei, dem sich auch Georg Willi
(G), Gerald Hauser (F) und Josef Schellhorn (N) anschlossen. Das Gesetz bringt nun fairere Wettbewerbsbedingungen
für die Tourismusbetriebe, unterstrich Staatssekretär Harald Mahrer und begrüßte überdies
die Evaluierung der Bestimmungen nach fünf Jahren.
FPÖ und Grüne sehen Steuernachteile für Tourismusbranche
Monetäre Belange beschäftigten den Ausschuss auch im weiteren Sitzungsverlauf. So forderte die FPÖ,
die Zeiträume für steuerliche Abschreibungen von Investitionen in Tourismusbetrieben an die tatsächliche
Nutzungsdauer von Gebäudeinvestitionen anzupassen ( 910/A(E)). Die steuerrechtlich festgelegten 33 Jahre bzw.
3% pro Jahr für Abschreibungen von Herstellungskosten eigenständiger Gebäudeteile wie Wellnessbereich
oder Klimaanlage entsprächen nämlich in keiner Weise deren viel kürzeren Lebensdauer. In einem weiteren
Antrag ( 1174/A(E)) wenden sich die Freiheitlichen gegen die geplante Streichung von Ausnahmen im Steuerrecht und
warnen, mit einer Erhöhung der Mehrwertsteuer würde der Tourismus in die Verlustzone getrieben.
Die zur Finanzierung der Steuerreform 2015 beschlossene Erhöhung der Umsatzsteuer auf Beherbergungen von 10%
auf 13% kritisiert Grünen-Tourismussprecher Georg Willi genauso ( 1368/A(E)). Die neuen Berechnungsvorgaben
für die Besteuerung von Dienstleistungen in der Beherbergungsbranche seien außerdem zu kompliziert und
kaum administrierbar – weder für die Tourismusbetriebe noch für die Reisebüros. Willis Vorschlag
lautet auf Einhebung eines "Nächtigungseuro", wie ihn die Österreichische Hoteliervereinigung
anregt.
Die Anträge wurden mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt, wobei SPÖ und ÖVP die Anliegen
der Opposition in einem breiteren Themenspektrum behandeln bzw. die Auswirkungen der Steuerreform noch abwarten
wollen.
Tourismus-Marketing: NEOS für einheitlichen Auftritt
Eine bessere Koordinierung der verschiedenen Marketingaktivitäten im österreichischen Tourismus verlangt
NEOS-Sprecher Josef Schellhorn. Neben der Österreich Werbung starten auch neun Landestourismusorganisationen
und regionale Tourismusverbände Werbekampagnen, ohne sich abzustimmen, wie er moniert. Die Gesamtausgaben
dafür betragen nach Schellhorns Berechnung jährlich 450 Mio. €. Zur Effizienzsteigerung fordert Schellhorn
ein Konzept zur Umstrukturierung der Kompetenzen in der Tourismuswerbung ( 1446/A(E)). Gleichzeitig kritisiert
er, das Budget der Österreich Werbung (ÖW) sei seit 2003 nicht mehr valorisiert worden ( 1532/A(E)).
Auch diese beiden Initiativen wurden von den Regierungsparteien in die Warteschleife verwiesen. Hier seien noch
weiterer Gespräche zu führen, argumentierte etwa Andreas Hanger von der ÖVP.
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ExpertInnen im Tourismusausschuss zu Budgetsituation der Hotellerie und Österreich Werbung
Seit Jahren verzeichnet Österreich steigende Gästezahlen, über diese Fakten besteht Konsens zwischen
allen TourismusexpertInnen. Inwieweit aber die Abgabenquote Österreichs eine Belastungsprobe für die
Hotellerie darstellt, wie es in einer Studie der Prodinger Tourismusberatungsagentur heißt, darüber
gehen unter Fachleuten die Meinungen auseinander. Von der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank wird in
diesem Zusammenhang auf einen starken Anstieg an Investitionen in der Beherbergungsbranche hingewiesen, der die
pessimistische Sichtweise auf die Lage des heimischen Tourismus widerlege. Im Tourismusausschuss äußerte
sich vor allem die Opposition kritisch zu den Auswirkungen der letzten Steuerreform auf den Tourismus. Während
die Regierungsfraktionen den Erfolg der heimischen Freizeitwirtschaft hervorhoben, bereiten FPÖ, Grünen
und NEOS speziell die Mehrwertsteuererhöhung auf Nächtigungen und die Verlängerung der Abschreibedauer
Sorge. Staatssekretär Harald Mahrer, der klare Belege für Wettbewerbsnachteile aufgrund des neuen MwSt-Satzes
von 13% vermisst, konnte die Bedenken kaum zertreuen.
Mit einer starken Marke Österreich will Petra Stolba, die im Juli um weitere fünf Jahre als Geschäftsführerin
der Österreich Werbung (ÖW) verlängert worden ist, den Tourismus künftig unterstützen.
Die ÖW setze daher auf ein "bestmöglich konzertiertes Auftreten" der verschiedenen Werbeorganisationen
– vor allem auch jener der Bundesländer – im Ausland, sagte sie bei der Aussprache mit den Ausschussmitgliedern.
Steuer als Wettbewerbsfaktor
Thomas Reisenzahn und Stefan Rohrmoser von der Prodinger Tourismus Beratung bzw. dem damit verbundenen Wirtschaftstreuhands-
und Beratungsunternehmen warnen vor zu viel Optimismus, nur weil die Nächtigungen in den heimischen Tourismusbetrieben
steigen. Die Zuwächse würden vor allem bei den 4- und 5-Sterne-Hotels registriert, während die niedrigeren
Kategorien in den letzten Jahren stagniert oder verloren hätten, so Reisenzahn. Hinsichtlich Einnahmen habe
man zudem erst 2016 wieder das Umsatzniveau von 2006 erreicht. Rohrmoser gab zu bedenken, dass Beherbergungsbetriebe
in konkurrierenden Ländern meist weit geringere MwSt-Sätze auf Nächtigungen zu tragen hätten
– in Deutschland etwa nur 7%, in Italien 10%. Österreich befinde sich mit nunmehr 13% eindeutig im Nachteil.
Die betriebswirtschaftlich relativ gute Allgemeinsituation im Tourismus führen die Experten vorrangig auf
die günstige Zinslage zurück – bei einem Zinsanstieg müsse man allerdings mit einem drastischen
Anstieg der Entschuldungsdauer von Tourismusbetrieben rechnen. In ihrer Analyse zur Steuerreform 2016 kritisieren
Reisenzahn und Rohrmoser neben der MwSt-Anhebung für Nächtigungen von 10% auf 13% und der gesteigerten
Immobilienertragsteuer (von 25 auf 30 Prozent) auch Änderungen der Grunderwerbsteuerregelungen bei Betriebsübertragungen
auf Nachfolger und die Ausweitung des Abschreibezeitraums bei Einrichtungen in Tourismusbetrieben auf 40 Jahre
– hier wären 15 Jahre als Abbild der Realität angemessen.
Abgesehen davon gebe es hierzulande von der Registrierkassenpflicht, über die Brandschutzverordnung bis hin
zur Allergenausweisvorgabe für die Gastronomie eine Unmenge an weiteren Belastungen und Bürokratie, bekräftigte
Josef Schellhorn (N)."Eine Kuh, die man melken will, muss man auch füttern", riet Georg Willi (G)
dazu, anstelle der erhöhten Steuer auf Nächtigungen einen Nächtigungs-Euro einzuführen, der
auch gleich das Frühstück abdeckt. Hermann Brückl (F) befürchtet, aufgrund der neuen Abschreiberegelungen
und der internationalen Vorgaben zur Bankenregulierung (Basel III und IV) würden viele Betriebe um ihre Finanzierungsmöglichkeiten
gebracht.
Änderungen bei der Abschreibedauer seien durchaus anzudenken, räumte Staatssekretär Mahrer ein,
er verbat sich jedoch, Probleme der Tourismuswirtschaft alleine der jüngsten Steuerreform anzulasten. Unterschiedliche
Regeln, etwa im Bereich Konsumentenschutz, habe es bereits davor gegeben. Ob die 13%-Mehrwertsteuer auf Übernachtungen
zur Belastung wird, hänge außerdem von der Situation des jeweiligen Beherbergungsbetriebs ab.
ÖHT registriert steigende Investitionen
Zur Sicherstellung der Kreditfinanzierung für Tourismusbetriebe brauche die Österreichischer Hotel-
und Tourismusbank (ÖHT) fraglos eine Ausweitung der Haftungen, appellierte ÖHT-Geschäftsführer
Wolfgang Kleemann im Ausschuss. Das derzeitige Haftungsvolumen von 500 Mio.€, mit dem die zinsfreien Kredite von
der ÖHT besichert werden, laufe Ende 2017 aus.
Trotz dieser Mahnung betonte Kleemann, die Investitionen der Freizeitwirtschaft seien in den letzten Jahren gestiegen;
von rund 406 Mio.€ 2015 auf bereits 555 Mio.€ heuer. Die Eigenkapitalquote der Branche sei ebenfalls gewachsen
und auch die Erträge pro Zimmer stiegen an. Bei den Verbindlichkeiten gebe es kaum Ansuchen um Stundung. "Jede
Krise bietet eine Chance", folgerte Kleemann daraus, dass die sich Nächtigungsbetriebe nach einer "Durststrecke"
durch konsequentes Wirtschaften und Kostenoptimierung konsolidiert haben und es der Branche relativ gut geht. Letztere
Bemerkung zweifelte Abgeordneter Thomas Schellbacher (F) stark an, bei Andreas Hanger (V) und Erwin Preiner (S)
stieß sie hingegen auf Zustimmung. Preiner sieht durch die Zahlen belegt, dass "Österreich als
Erfolgsland im Tourismus bezeichnet werden kann", wünschenswert wäre nur, die Nächtigungszahlen
in allen Hotelkategorien zu heben.
Die wirtschaftliche Bedeutung der Privatvermietung brachte FPÖ-Tourismussprecher Gerald Hauser zur Sprache,
als er deren Anliegen erläuterte: Neben einer gesetzlichen Definition der Privatvermietung sei eine Modernisierung
von rechtlichen Rahmenbedingungen wie der Gewerbeordnung hoch an der Zeit.
Österreich Werbung forciert einheitliche Marke im Ausland
"Österreich liegt unter den Top 15 Ländern der Welt", wenn Tourismusdestinationen verglichen
werden, stellte die Geschäftsführerin der Österreich Werbung (ÖW) Petra Stolba fest. Ausgenommen
das Jahr 2009 sei das Tourismuswachstum der letzten Jahrzehnte immer positiv gewesen. Mit ihren Aktivitäten
und Leistungen setze die ÖW daher alles daran, dass dieser Kurs beibehalten wird. Gerade in einem sich immer
rascher verändernden Umfeld, etwa im Kommunikationsverhalten der Gäste - Stichwort Social Media - sei
es entscheidend, neue Trends von Nachfrage und Bedürfnissen zu erheben und den Betrieben zu vermitteln. Die
Gäste von heute blieben immer kürzer, hätten dafür aber ein erhöhtes Interesse an neuen
Erfahrungen. In Bezug auf Fernmärkte wie China ziele man darauf ab, erklärte Stolba, Österreich
vermehrt als "Monodestination", zu vermarkten.
Damit Österreich im Ausland unverwechselbar ist, sei eine einheitliche Marke wichtig, bestätigte sie
in gewisser Weise Willi (G) und Schellhorn (N), die auf eine starke Kooperation der Werbeorganisationen des Landes
pochen. Zwar liege die Zuständigkeit für das Tourismusmarketing vorrangig bei den Bundesländern,
so Stolba, doch arbeite die ÖW eng mit den neun Landestourismusorganisationen zusammen, etwa bei rechtlichen
Belangen. Im Falle von regional unterschiedlichen Marken müsse man auf deren Zusammenwirken achten.
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